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Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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durch die Afghanen ganz unerklärlich.
    »Darf ich einmal durch Ihr Glas sehen?« Annabel strengte ihre Augen an, um in dem Durcheinander etwas zu erkennen. »Danke.« Sie nahm den Feldstecher entgegen, den Colin ihr reichte. »Da ist Osman Khan«, sagte sie. »Er hat sie zurückgerufen. Ich frage mich warum. Er ist nicht barmherziger als die anderen Sirdars. «
    »Kennen Sie ihn?« Bob sah sie interessiert an.
    Sie zuckte die Schultern. »Ich kenne die meisten von ihnen bis zu einem gewissen Grad. Es gibt immer Vorzimmer und Wandteppiche für heimliche Zuhörer. Ich weiß, wer die Zauderer sind und wer die Mächtigen. Osman Khan ist einer der Mächtigsten und ist stark auf Akbar Khan ausgerichtet.« Sie gab das Glas zurück. »Ich finde, es ist an der Zeit, mein Wissen einzusetzen, denken Sie nicht?«
    »Auf welche Weise?«
    »Der Kampf ist vorüber«, sagte sie leise. »Sie werden jetzt mit den Verhandlungen beginnen müssen. Ich weiß, wie Afghanen verhandeln. Ich weiß, wie ihr Verstand arbeitet. Solches Wissen sollte doch eigentlich unschätzbar sein?«
    »Ich bin nicht sicher, ob Kit Ihre Meinung teilt«, überlegte Bob. »Er kommt zurück.«
    Annabel stützte sich mit den Ellbogen auf den Wall und sah zu, wie die Fliehenden vollkommen ungeordnet durch das Tor hereinstürmten. Es gab keinerlei Aufstellung oder Befehlsketten, nur die offensichtliche Demütigung von Kopflosigkeit und Niederlage. Kits Schwadron tat sich hervor, als sie den Rückzug in ordentlicher Linie deckte. Aber seine Männer waren ja auch nicht zerrieben worden durch einen Tag der Verluste, des unaufhörlichen Feuers und der plötzlichen Attacken durch Armeen schreiender Fanatiker. Sie waren auch nicht wieder und wieder gegen ein unnachgiebiges Ziel geworfen worden, bis die vernichtende Sinnlosigkeit ihres Tuns sie zu ungezügelter Flucht in ein vermeintlich sicheres Lager trieb.
    Brigadier Shelton ritt durch das Tor, seine Haltung aufrecht, seine Augen gerade auf einen Punkt vor sich gerichtet, als ob er mit diesem Tumult und dieser Schande nichts zu schaffen hätte. Er sprach mit niemandem, sondern stieg auf dem Exerzierplatz ab und ging ins Hauptquartier.
    »Ich kann nicht anders, er tut mir leid«, murmelte Bob. »Er ist ein verdammt guter Soldat, nur eben starrköpfig und nicht besonders einfallsreich. Er hat es nicht verdient, mit einer so beschämenden Angelegenheit in Zusammenhang gebracht zu werden.«
    »Typische Feringee -Selbstüberschätzung«, lautete Annabels Beitrag. »Ein bißchen weniger davon, und dies wäre nie geschehen. Ich gehe Kit suchen.«
    »Ich wünschte, sie würde nicht immer solche Dinge sagen«, bemerkte Bob unbehaglich. »Ich habe immer das Gefühl, ich müßte ihr klarmachen, daß ich die eigene Seite im Stich ließe, wenn ich keine Überlegenheit zeigte, aber wenn man wirklich ehrlich darüber nachdenkt …«
    Colin runzelte die Stirn. »Es ist nicht das Gefühl, es ist die Art, wie sie sich ausdrückt, die an einem nagt. Keinem macht es Spaß, von dem verdammten Feind schmerzliche Wahrheiten zu erfahren, und genauso hört sie sich manchmal an. Ich gehe ins Hauptquartier, um Sheltons Bericht zu erfahren.«
    »Ich komme mit.« Die beiden Männer verließen den Wall, wo das unstete Feuern in der Abenddämmerung fortgesetzt wurde.
    Als sie den Exerzierplatz erreichte, ging Annabel kühn hinüber, wo Kit seine Schwadron entließ. Sie stand ein wenig abseits, bis die Handlung abgeschlossen war, und trat dann im Licht einer Öllampe vor.
    »Geht es dir gut?« Die leise Frage erschreckte ihn, und er drehte sich abrupt um.
    »Was tust du hier?«
    »Alle sind hier«, antwortete sie und wies auf den Platz. »Ich war mit Bob und Colin auf dem Wall.«
    »Warum bist du unverschleiert?«
    Ihre Augen hielten seinen stand. »Es scheint mir wenig sinnvoll, noch weiter Verstecken zu spielen, Ralston, Huzoor. «
    Einen Augenblick lang schwieg er, dann neigte er den Kopf. »Du hast recht, wir sind am Ende.« Er blickte sich um und schüttelte sich vor Abscheu und Unglauben. »Shelton hat von Anfang an behauptet, die Truppen wären einer solchen Schlacht nicht gewachsen. Sie sind entmutigt, geschwächt durch geringe Verpflegung, erschöpft davon, ununterbrochen in der Defensive zu kämpfen. Man kann den armen Kerlen keinen Vorwurf machen. Aber, großer Gott, ich hätte mir nie träumen lassen, daß britische Truppen auf diese Weise Fersengeld geben.«
    »Die Kohistanees ohne Kampf in der Gewalt von Behmaroo zu belassen wäre einer

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