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Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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Geiseln rächen.«
    »Glaubst du vielleicht, ich würde mich weigern?« Seine Stimme klang schneidend, Zorn blitzte in den grauen Augen auf. »Für welche Art Feigling hältst du mich, Annabel?«
    »Für keinen Feigling«, beschwichtigte sie. »Ich wollte dich nicht verletzen. Leiden kommt in beiden Fällen auf irgendeine Weise.« Sie entzog sich seiner Umarmung. »Akbar Khan verspricht auch eine Eskorte für die Nachhut durch die weiteren Pässe bis Jalalabad, General. Aber ich weiß nicht, wie weit Sie sich in dieser Angelegenheit auf sein Wort verlassen können.«
    »Oder in jeder anderen Angelegenheit«, verbesserte Shelton boshaft, aber durchaus zu Recht.
    »Welche Wahl haben wir schon?« fragte Elphinstone. »Wir müssen sein Angebot annehmen.«
    »Ich überbringe ihm die Antwort.« Sie befestigte ihren Schleier wieder, und es war Ayesha, die sich Kit zuwandte. »Das war nur ein Augenblick«, sagte sie. »Warum er ihn zugelassen hat, weiß ich nicht, aber es wird keinen weiteren geben. Ich gehöre wieder Akbar Khan, und ich werde, wie es hier Brauch ist, eingeschlossen.« Sie sprach unbeteiligt weiter, lediglich die Fakten beschreibend, die schon den vorangegangenen Abend bestimmt hatten und von denen er sich nun einen schwindelerregenden Augenblick lang vorgegaukelt hatte, sie seien umgewandelt.
    Kit glaubte seinen Schmerz nicht ertragen zu können, so tief schnitt er ihm ins Herz, und er brachte es nicht über sich, sie zum Abschied zu berühren. Er konnte keine Worte finden, um das Unsägliche zu erklären, und ging gebeugt einfach davon, überließ es einem andern, ihr wieder aufs Pferd zu helfen.
    Als sie den Hügel zurückritt, wurde sie sich einer Müdigkeit bewußt, die jenseits der Körperlichkeit lag. Akbar Khan wollte ihr leise mitteilen, daß die Angelegenheit zwischen ihnen geklärt werden würde, wenn sie die Festung Budiabad, wo er die Geiseln unterzubringen gedachte, erreichten, aber sie blieb teilnahmslos gegenüber ihrem weiteren Schicksal. Er sagte ihr, daß sie außer beim Reiten an seiner Seite vor aller Augen verborgen im Zelt zu bleiben hatte, geradeso wie im Zenana. Auf mancherlei Weise brachte die erzwungene Abgeschiedenheit auch Vorteile. Mit sich allein konnte sie vielleicht die Kraft des Gleichmuts wiederfinden, die ihr in der Vergangenheit so gute Dienste geleistet hatte.
     
    Fünfzig Geiseln folgten Akbar Khan und der britischen Rückzugskolonne. Der Sirdar hielt sein Versprechen, eine Rückendeckung bereitzustellen, aber es war keine schützende Eskorte, und die verhungerten, erfrorenen, verzweifelten letzten Soldaten und Zivilisten, die bei der Kolonne geblieben waren, wurden bei jedem Paß von fanatischen Ghazi und rachedurstigen Bergleuten angegriffen.
    Kit ritt mit seinen Freunden durch die Tunghee-Tariki-Schlucht, wo die Mehrheit der Hauptabteilung der Kolonne erschlagen lag; sie ritten weiter durch die Tezeen-Enge, wo die Körper nackt und in Stücke gehackt verstreut waren; sie ritten durch das Tal und den steilen Hang hinauf nach Jugdulluk, wo die Stammesangehörigen die Wege mit stacheligen Zweigen blockiert und unter einem achtlosen Mond die vollkommene Vernichtung des britischen Rückzugs aus Kabul vollbracht hatten. Hier sah er Harleys Körper, so daliegend, wie er gefallen war, mit dem Schwert in der Hand, neben ihm der verdrehte Körper eines Brigadiers, an dessen Seite er gekämpft hatte.
    Noch ein toter Freund.
    In Jugdulluk wurden die müden und des vielen vergossenen Blutes mehr als überdrüssigen Geiseln Zeuge, wie sich Brigadier Shelton und General Elphinstone, nun »Gäste« von Akbar Khan, nach dem Massaker von Tezeen selbst als Geiseln anboten, um den verbleibenden Rest der Truppe zu retten … nur um sie folgerichtig zwischen den Felsen von Jugdulluk endgültig hingemäht werden zu sehen. Ein einziger Soldat überlebte den Rückzug aus Kabul und erreichte Jalalabad, um vom Untergang zu berichten. Am folgenden Tag machte sich Akbar Khan mit seinen Geiseln auf den Weg nach Norden zum Laghman-Tal und zur Festung Budiabad. Neben ihm ritt die verhüllte Gestalt Ayeshas, deren Blick während dieser Reise nur auf tote Briten gefallen war, während ihr die lebenden vorenthalten blieben.

20. KAPITEL
    Die große graue Festung von Budiabad breitete sich in einem Tal zwischen den Bergen aus, im Norden überschattet von den hohen Gipfeln des Hindukusch. Es war den Geiseln nicht eröffnet worden, wohin man sie bringen würde, nachdem sie die grausigen Überreste der

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