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Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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Und sie erkannte des Eindringlings Leidenschaft und Liebe über alle Grenzen hinaus. Dennoch begriff sie auch Akbar Khans Bedürfnis, selbst wenn sie jetzt nicht mehr hinter ihm stand. Vielleicht war dies die Folterbank, auf der sie für den Rest ihres Lebens festgeschnallt sein würde.
    »Wie du wünschst«, sagte sie.
    »Es gibt hier keine Frauen, die sich um dich kümmern können«, fuhr er fort. »Also wirst du dich von allen außer von mir fernhalten, bis du morgen meine Botschaft überbringst.«
    Ihr gesenkter Blick fixierte die fein gearbeiteten silbernen Armreifen, die ihre Handgelenke umspannten. »Wie du wünschst.«
    »Komm, ich bringe dich in mein Zelt. Du brauchst Ruhe und Nahrung. Auch um dein Pferd muß man sich kümmern.«
    Ayesha folgte ihm zu dem Lager aus schwarzen Nomadenzelten, die im Schnee errichtet waren. Auch hier gab es keine Feuer, aber es herrschte Ordnung und Disziplin in merkwürdigem Gegensatz zu dem wahnsinnigen Blutrausch, dem sich die Männer tagsüber hingegeben hatten. Sie hätte gerne nach Colin gefragt, wagte jedoch nicht, die wiederaufgenommene Rolle von Ayesha durch unangebrachte Teilnahme aufs Spiel zu setzen.
    »Man wird dein Pferd füttern und tränken«, sagte Akbar Khan, als sie ohne Hilfe vor dem Zelt abstieg, vor dem er sein Reittier angehalten hatte. »Es ist ein abscheuliches Tier, aber es hat Stehvermögen, wie ich sehe.« Er musterte Charlie mit Kennerblick. »Eines von Christopher Ralston?«
    »Ja«, bestätigte sie, reichte die Zügel einem Reitknecht aus den Bergen und lauschte ihrer unverbindlich klingenden Stimme nach.
    »Bleib im Zelt drinnen. Man wird dir etwas zu essen bringen.«
    Sie schlüpfte durch den engen Eingang. Auch im Inneren des Zeltes war es kalt, aber dort lag ein Stoß zusätzlicher Felle auf dem rauhen Teppich, der den Schnee bedeckte, und mit einem Mal überfiel sie gänzlich unerwartet eine überwältigende Müdigkeit. Ob es die Müdigkeit der Verzweiflung oder der Erschöpfung oder der entsetzlichen Erlebnisse war, konnte sie weder unterscheiden noch kümmerte es sie. Sie kroch einfach unter den wärmenden, tröstenden Stoß Felle und schlief im Gedanken an die starken, sie umfangenden Arme ein, die sie während der letzten bitteren Nächte gehalten und Kälte und Gefahr, wenn auch nicht endgültig, so doch wenigstens der Absicht nach, von ihr abgehalten hatten.
    Akbar Khan kam zwei Stunden später ins Zelt und blickte auf das zusammengerollte, bewegungslose Fellbündel. Sie hatte nichts gegessen, aber ihr Körper würde schon wissen, was er brauchte. Strähnen kupferfarbenen Haars quollen aus der Kapuze ihres Mantels. Ihre Wimpern ruhten dicht auf ihren Wangen. Alles andere war mit der erwarteten Bescheidenheit zugedeckt.
    Er wußte, daß sie ihm entglitten war … hatte es gewußt von dem Moment an, als sie ihm so nahe gekommen war, daß er ihren Geist erfassen konnte. Ayesha gab es nicht mehr, nur noch die Frau, die wußte, wie man diese Rolle spielt, und die es tun würde, um ihre Ziele zu erreichen. Aber wollte er, daß sie diese Rolle spielte? Konnte er sich mit dem Schein und mit der Hülle Ayeshas zufriedengeben, wenn er die wirkliche Frau verloren hatte … für immer …?
    Er ließ sie schlafen und ging hinaus in die bitterkalte Nacht, wo im Augenblick die Kälte allein der Feind war und Verfolger wie Verfolgte gleichermaßen in die Zange nahm.
    Ayesha erwachte im Morgengrauen, erstaunt darüber, daß ihr so warm war. Dann kehrte die Erinnerung mit quälender Schärfe zurück. Die Zeltklappe bewegte sich, und eine Geisterhand schob etwas herein: eine Schale Sauermilch und ein mit Ziegenkäse bestrichenes Fladenbrot. Es war rauhe Nomadenkost, ihr lange Zeit wohlvertraut, aber jetzt schmeckte es fremd, obwohl ihr Hunger so groß war, daß sie nichts zurückgewiesen hätte.
    Als sie gegessen hatte, rückte sie den behelfsmäßigen Schleier zurecht, zog ihre Kapuze über das Gesicht und verließ das Zelt.
    Akbar Khan saß bereits zu Pferde, und Charlie stand in gut trainierter Geduld an seiner Seite. Das Pferd sah erholt aus, stellte Annabel fest. Aber eigentlich war es selbstverständlich, daß es von diesen Menschen, die den Wert eines guten Tieres zu schätzen wußten, gut gepflegt wurde. Ihr Herz tat einen Sprung, als sie Colin und seine beiden Gefährten hinter Akbar Khan sah. Sie waren ausgezehrt, ihre Augen voll des stumpfen Grolls auf ihre Gefangenschaft, aber sie schienen unverletzt. Den Blick bescheiden senkend, ging sie

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