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Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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zuzureiten hatte, um dann mit Pfeil und Bogen darauf zu schießen.« Akbar Khan lachte fröhlich. »Man lernt bei solchen Übungen gut, sich in der Hand zu haben und genau zu beobachten, Ralston, Huzoor. «
    »Das will ich dir gerne glauben«, stimmte Kit aufrichtig zu und blickte sich in der Ebene um, wo sich ungefähr dreißig berittene Männer gegenseitig anrempelten, alle in der gleichen ungeduldigen Erwartung und mit kaum gebremster Energie und Entschlossenheit. Dann sah er auf dem Hügel, auf den sie zuhielten, die Gestalt in dem weißen Chadri, die auf dem grauen Araber saß. Sein Herz verkrampfte sich.
    Als ob er sich der Reaktion seines Gastes bewußt wäre, blickte Akbar Khan ihn hinterlistig an. »Ja, Ayesha ist auch unter den Zuschauern. Sie wird dir das Spiel erklären können. Wie alle Afghanen besitzt sie ein vollkommenes Verständnis für seine Bedeutung.«
    Kit biß sich auf die Zunge. Nichts würde dadurch erreicht, wenn er auf diese Herausforderung einging, und er wußte nur zu gut, bis zu welchem Grad Annabel Spencer die Einstellung und das Verhalten der Afghanin Ayesha übernommen hatte.
    Sie grüßte nicht, als die Gruppe den Hügel erreichte, blickte nicht einmal in Kits Richtung. Akbar Khan lächelte breit.
    »Ayesha, ich lasse meinen Gast in deinen Händen zurück. Du wirst alle Fragen beantworten können, die Ralston, Huzoor, vielleicht zu den Vorgängen hat.«
    Nachdem sie die Erlaubnis erhalten hatte, wandte sie sich Kit zu und sprach die rituelle Grußformel. Er antwortete sanft, obwohl sich seine Hände in den Handschuhen klamm anfühlten und sein Mund merkwürdig trocken war, als er die Worte formte. Er konnte lediglich ihren Jade-Blick durch das Gitter in dem Chadri sehen, und doch war der Raum vor seinem inneren Auge mit den Bildern angefüllt, wie er sie selbst hatte, sinnlich und weiß in ihrer Nacktheit.
    »Es heißt, daß das Spiel seinen Ursprung bei den Reitern von Genghis Khan hat«, informierte sie ihn ruhig, als Akbar Khan zu den übrigen Reitern davonritt. »Einem Mann muß es gelingen, den Körper der Ziege zu ergreifen … siehst du sie dort drüben liegen?« Sie deutete mit ihrer Gerte auf etwas, das ungefähr in der Mitte des Feldes am Boden lag. »Sobald er sie ergriffen hat, muß er sie festhalten, sich von allen anderen Teilnehmern absetzen und frei und ungehindert galoppieren können.« Ein Lachen schwang in ihrer Stimme mit. »Die übrigen versuchen natürlich, ihm die Ziege wieder abzujagen.«
    Kit nickte und nahm die Schilderung in sich auf. Ungefähr dreißig überaus gut berittene, exzellente Reiter alle hinter dem gleichen Preis her … und jeder von ihnen wild entschlossen, ihn zu gewinnen. »Frei und ungehindert?« vergewisserte er sich.
    »Genau, Christopher Ralston«, bestätigte sie immer noch lachend. »Du hast die Hauptsache erfaßt. Wie frei ist frei und wie ungehindert ist ungehindert? Es gibt keine Feldgrenzen.«
    Sie sprach zu ihm, als hätte sie in der vergangenen Nacht nicht in seinen Armen gelegen. Er wußte natürlich, warum. Sie waren nicht allein; das Feld war umgeben von begeisterten, jubelnden Männern aus der Festung, und unter den Anwesenden auf dem Hügel befanden sich drei bis zu den Zähnen bewaffnete Stammesälteste, deren Augen sich keinen Moment von Leutnant Ralstons Patrouille lösten und damit die Tatsache nur zu deutlich unterstrichen, daß sie sich noch immer dort befanden, wohin Akbar Khans langer Arm reichte. Wieder überfiel Kit das Gefühl, für eine unsichtbare Katze die Maus zu spielen. Mit dem Unterschied, daß er jetzt die Natur der Katze besser kannte, genauso wie er wußte, daß Akbar Khans überwältigender Haß auf alles Englische die Ursache für seine höhnischen kleinen Spiele war.
    »Du mußt diesen Ort mit mir verlassen«, hörte er sich selbst in einem unfreiwilligen, wilden Flüstern sagen.
    »Du solltest deine Aufmerksamkeit insbesondere dem Jorchi zuwenden«, fuhr sie in neutralem Ton fort, als hätte er nichts gesagt. »Sobald entschieden ist, welcher Spieler mit dem Preis die Freiheit gewonnen hat, singt der Jorchi zu seinen Ehren, wobei er die Verse spontan nach seinen Vorstellungen schmiedet. Er ist eine Art Troubadour, ein Balladensänger, der die Aufgabe hat, die Menge aus dem Stegreif zu unterhalten. Ich werde für dich übersetzen, wenn der Augenblick gekommen ist.«
    »Vielen Dank«, sagte Kit trocken. »Deine Unterstützung wird unschätzbar für mich sein.«
    »Es ist mir eine Ehre, Ralston, Huzoor.

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