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Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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sie lediglich eine zusammengewürfelte Ansammlung von mit Gärten versehenen Bungalows ohne jegliche Mauern oder Befestigungen und durch Kanal und Fluß von der Ebene, den Bergen und den Pässen, die in die Sicherheit führten, getrennt; wobei Kanal und Fluß jeweils nur mit Hilfe einer einzigen, leicht zerstörbaren Brücke überquert werden konnten.
    Die Stadt selbst wurde von der massiven Festung Balla Hissar dominiert, in der sich der Marionetten-Shah Soojah und eine bedeutende Streitmacht der britischen Truppen aufhielt. Es wäre ohne Zweifel sehr viel sinnvoller, das gesamte britische Kontingent – Truppen und Familien – aus der Siedlung in die Sicherheit der Festung zu bringen, überlegte Kit. Das zu tun würde jedoch dem Eingeständnis gleichkommen, daß die rebellischen Eingeborenen durchaus gefährlich waren, und so etwas zuzugeben, ein typisches Beispiel für Schwarzmalerei, kam keinesfalls in Betracht. Seine Lippen kräuselten sich verächtlich, als er sich mit diesen Gedanken auf den Weg in die Stadt machte. Seine Ruhelosigkeit trieb ihn in die Basare, wo er die herrschende Stimmung zu erkunden gedachte.
    Diese selbstgestellte Aufgabe trug nicht zu seinem inneren Frieden bei. Obwohl er nur wenige Worte Paschtu verstand, fiel es ihm nicht schwer, die Drohung in den Blicken, in den geflüsterten Worten und in den gelegentlich geäußerten Verwünschungen zu erkennen. Frauen in ihren dunklen Chadris flatterten von Stand zu Stand, sobald sie jedoch den Ungläubigen in seiner schmucken Uniform sahen, verschwanden sie in Seitenstraßen oder unter Wagenplanen, beiseite gebracht von ihren finster dreinblickenden Männern. Es gab in den Basaren natürlich auch Frauen, die sich nicht vor ihm verbargen, sondern für eine gewisse Anzahl von Rupien mehr als bereit waren, sich zu zeigen. Kit wußte, wo man sie antreffen konnte, hatte dies in Gesellschaft seiner Freunde auch oft genug getan. Etwas indessen hatte ihn in den letzten drei Tagen verändert. Er war sich noch nicht ganz sicher, was genau es war, aber er nahm die Welt um sich herum mit neuen Augen wahr, schärfer und auch weniger zynisch; als ob er Wahrheit und Wirklichkeit sähe, ohne daß sie von Langeweile und Gleichgültigkeit überlagert wurden.
    Ein lauter Ruf von der anderen Straßenseite störte ihn in seinen Gedanken. Er blickte hinüber und sah Sir Alexander Burnes winken. Burnes war Macnaghtens Stabsleutnant. Anders als die anderen Briten mied er das Kantonnement und lebte lieber in Kabul in dem britischen Amtssitz selbst, einem Haus, welches der britischen Finanzkammer gegenüberlag. Er hielt die Behauptung aufrecht, daß er die Gesellschaft der Afghanen der Langeweile im Kantonnement vorzöge, ob sie nun feindlich gesinnt waren oder nicht. Kit empfand Sympathie für diese Einstellung, wenn er auch den Mann selbst als langweiligen Gesellen beurteilte. Schwach und schwankend beklagte er sich endlos über seine anomale Position, dem Befehl eines Mannes unterstellt zu sein, der ihm keine spezifischen Aufgaben zuwies und ihn mit äußerster Verachtung behandelte, eine Tatsache, die das ordnungsgemäße Funktionieren der politischen Behörde in Kabul nicht gerade förderte.
    »Morgen, Burnes.« Kit überquerte die Straße.
    »Die Nachricht schon gehört?« Burnes nahm ihn beim Ellbogen, drehte ihn von dem Basar fort und dämpfte die Stimme, obwohl vorbeikommende Fußgänger sie ohnehin nicht verstanden.
    »Das bezweifle ich«, antwortete Kit. »Ich hatte ein höchst unangenehmes Gespräch mit Macnaghten und Elphinstone und eine langweilige halbe Stunde bei Lady Sale, aber bei keiner der beiden Treffen wurden mir irgendwelche Neuigkeiten mitgeteilt.«
    »Sie haben dich ausgesaugt, stimmt’s?« vermutete Burnes voller Sympathie. »Nun, ich würde nicht soviel auf den alten Mann geben. Er weiß ohnehin die meiste Zeit nicht, was er sagt.«
    »Aber Sir William weiß es«, feixte Kit.
    Burnes parierte geschickt. »Der weiß vielleicht, was er sagt, dafür weiß er nicht, was er tut. Nimm zum Beispiel diese letzte Angelegenheit.«
    Sie hatten den Amtssitz erreicht, der hinter hohen Steinmauern und schweren Eisentoren lag. Sie schwiegen, bis sie das Innere des Gebäudes erreicht hatten und auch von den Sepoy-Wachen und Burnes’ Dienern nicht mehr gehört werden konnten. Da dies ein Haushalt war, in dem der Samowar selten in Erscheinung trat, nahm Kit dankbar einen großen Brandy und trank genüßlich den ersten Schluck.
    »Es hat uns soeben die Nachricht

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