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Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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Willen verlassen.« Die lebhaften blauen Augen schweiften durch den Raum, und ein Blick von ihnen reichte aus, um auch den Mutigsten erzittern zu lassen. »Jemand ist in dieses Haus eingedrungen und hat sie entführt.«
    »Aber es gibt keinerlei Anzeichen für einen Kampf, Sirdar. Und wenn Ayesha geschrien hätte, hätte irgend jemand sie bestimmt gehört«, betonte sein Kammerdiener.
    »Das ist wahr.« Der Sirdar legte die Stirn in Falten.
    »Soraya wäre bestimmt erwacht, wenn Ayesha nach ihr gerufen hätte.«
    Warum hatte sie also nicht um Hilfe gerufen? fuhr er sich über den Bart. Ayesha wäre nicht aus einer Laune heraus fortgegangen, das stand fest, also ließ er diese Möglichkeit außer acht. Aber sie war fort, und wie es schien, ohne offene Gegenwehr. Was darauf schließen ließ, daß sie ihren Entführer kannte und ihn nicht fürchtete … oder hatte sie Angst um ihn gehabt?
    Sachte nickte er. Wenn sie aus Angst vor den Folgen gefürchtet hätte, den Haushalt auf den Eindringling aufmerksam zu machen, dann würde das viel erklären. Aber die einzigen Briten in Kabul, die sich in dieser Nacht nicht in der Balla Hissar aufhielten, waren vom Mob niedergemacht worden. Es hatte viele Stunden vor dem Angriff auf den britischen Amtssitz keine Verbindung zwischen dem Kantonnement und der Stadt gegeben. Das hatte er jedenfalls angenommen.
    Sein Blick wurde wieder klar und zielgerichtet. Wenn Ayesha sich jetzt bei den Briten im Kantonnement aufhielt, dann würde sie dort genauso sicher sein, wie wenn sie sich unter seinem eigenen Dach befände. Er konnte sie leicht zurückgewinnen, wenn er die Feringhees dazu zwänge, ihre Position zugunsten einer Flucht aufzugeben. Dieser Augenblick würde bald da sein, und die persönliche Beleidigung würde seine Rache noch versüßen. Jetzt aber mußte er sich mit der Nachlässigkeit und Fahnenflucht einiger Mitglieder seines Haushalts befassen. Seine Augen durchmaßen erneut den Raum, und diesmal waren sie hart wie Achat.
     
    »Campbell ist zum Rückzug in die Balla Hissar gezwungen worden.« Watson kam mit dieser Hiobsbotschaft aus dem Privatzimmer des Generals. »Ein Läufer vom Shah ist gerade eingetroffen. Shelton hat versucht den Rückzug zu decken, aber sie mußten dennoch ihre Kanonen vor dem Fort zurücklassen.«
    Bob Markham fluchte. »Sie diesen Wilden überlassen zu müssen!«
    »Offenbar geht in der Stadt alles drunter und drüber«, fuhr Watson fort. »Die Menschen toben, plündern, vergewaltigen, metzeln nieder; bisher nur ihre eigenen Leute, aber es heizt sie auf jeden Fall an.«
    »Kabul ist nun also in afghanischer Hand«, faßte Kit zusammen. Er saß am Fenster in einem Sessel ausgebreitet, das eine Bein achtlos über eine Armlehne geworfen. »Und niemand kann etwas dagegen tun.«
    »Glauben Sie, Leutnant Ralston, daß Sie es besser machen könnten als Brigadier Shelton und Oberst Campbell?« Sir William stand in der Tür zum Adjutantenbüro und plusterte sich auf.
    Kit erhob sich gemächlich. »Keineswegs, Sir William. Der Moment, wo wir mit energischer militärischer Intervention Erfolg hätten haben können, ist vorüber. Heute früh hätten wir vielleicht noch etwas erreichen können, aber jetzt ist die Stadt zur Gänze in Rebellenhand.«
    »Es scheint mir außergewöhnlich, Leutnant, daß Ihre brillante Analyse und Ihr zeitlich wohlplazierter Rat Ihnen bisher nicht die Beförderung eingebracht haben, von der ich sicher bin, daß Sie sie verdienen«, bemerkte der Bevollmächtigte der Krone in eisigem Sarkasmus. »General Elphinstone ist völlig indisponiert und wird sich für den Rest des Tages zu Bett begeben. Da es hier nichts mehr zu tun gibt, schlage ich vor, daß Sie alle in Ihre Quartiere zurückkehren und sich in Bereitschaft halten, für den Fall, daß Sie gerufen werden.« Er verließ den Raum.
    »Habe ich richtig gehört?« blinzelte Bob Markham. »Ist uns allen eben gerade Urlaub gegeben worden?«
    »So hat es sich für mich angehört« bestätigte Kit. »Afghanische Rebellen amüsieren sich ein wenig mit Vergewaltigung, Plündern und Mord in Kabul, indessen wir mit den Schultern zucken und zu Bett gehen.«
    »Inzwischen steckt Colin Mackenzie da draußen fest – verdammt noch mal, Kit! Ich brauch’ was zu trinken.« Bob warf sich den Mantel um die Schultern. »Ich geh’ nach Hause und ersäufe meine Sorgen.« Er stakste davon, und Kit folgte ihm in den bitteren Novembernachmittag hinaus.
    Das Kantonnement befand sich im Schockzustand,

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