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Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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in den sonst milden blauen Augen. »Hauptmann Mackenzie muß sich um sich selbst kümmern«, äffte er gekonnt Sir Williams hochtrabenden Ton nach. »Wir wissen ja nicht einmal, ob er überhaupt angegriffen wurde«, fuhr er fort und klang jetzt wie die Fistelstimme Elphinstones.
    Kit konnte sich ein klägliches Lächeln trotz der Verzweiflung des Boten nicht verkneifen. »Du hättest zur Bühne gehen sollen, Bob.«
    »Ich kann mir schlimmere Berufslaufbahnen vorstellen«, gab sein Freund zurück. »Die Armee zum Beispiel. Was tust du denn überhaupt hier? Du bist doch gar nicht im Dienst. Ich war davon ausgegangen, daß du damit beschäftigt bist, deine anderen Angelegenheiten in Ordnung zu bringen.«
    »Sie schläft«, sagte Kit. »Und sie ist so verdammt dickköpfig … würde gut zu Macnaghten passen.« Er warf sich in einen Stuhl am Fenster. »Ich bin lieber hier, um ehrlich zu sein, als zu Hause herumzustreichen, meine Fingernägel abzubeißen und mich zu fragen, welchen neuen Kurs ich einschlagen soll, wenn sie aufwacht.«
    Bob schüttelte erstaunt den Kopf. »Dich hat eine mächtige Tollheit gebissen, Kit. Aber bei den Gegebenheiten scheint es merkwürdig passend. Nur Narreteien scheinen angemessen zu sein, möchte ich meinen.«
     
    Annabel wurde von einem in ihr Hunger auslösenden Duft geweckt. Er war vertraut, aber gehörte zu dem Leben vor Akbar Khan, und sie konnte ihn daher nicht einordnen. Ihr Mund füllte sich mit Speichel, und ihr leerer Magen grollte. Freiwillig zu hungern war lächerlich. Sie würde sich eine andere Methode einfallen lassen müssen, Christopher Ralston ihren Ärger zu zeigen.
    Nachdem sie aus dem Bett gesprungen war, strich sie ihre Jacke und Hose glatt, die beide durch den wilden Ritt von Kabul hierher arg mitgenommen waren, und blickte in den Spiegel über der Frisierkommode. Ihr Haar war ziemlich in Unordnung geraten, aber sie benutzte Kits Kamm mit einigem Erfolg und verließ dann den Raum, immer ihrer Nase folgend.
    Sie führte Annabel in die Küche. »Was kochst du da?«
    Harley, der in eine übergroße Schürze gewickelt war, zuckte zusammen. »Gott, Miss, Sie harn mich erschreckt!«
    »Oh, ich bitte um Entschuldigung. Ich bin daran gewöhnt, mich lautlos zu bewegen.« Sie lächelte. »Darf ich hereinkommen?«
    »Wenn Sie woll’n, Miss.« Harley blickte sich ratlos in der kleinen Küche um, die er als seine private Domäne zu erachten gewohnt war. »Soll ich Ihnen ein wenig Speck braten?«
    »Oh, das ist Speck … ja, natürlich«, sagte sie und machte es sich auf einem Stuhl am Küchentisch gemütlich. »Ich habe es acht oder neun Jahre nicht gerochen, und ich konnte mich nicht erinnern, was es war … Ja, bitte, das wäre sehr nett. Ich bin am Verhungern.«
    »Dann hätt’n Sie sicher auch gern ein Ei und ein wenig geröstetes Brot, vermute ich«, bemerkte Harley. Sein Ton war nicht besonders einladend, aber wenigstens schaute er sie nicht mehr länger so an, als ob sie zu einer fremden und gefährlichen Rasse gehörte.
    »Hmmm«, stimmte Annabel in hungriger Begeisterung zu. »Und jetzt auch eine Tasse Tee.« Sie lächelte, als der Bursche gleichmütig den Pfannenheber handhabte. »Es tut mir leid, daß ich zuerst so unhöflich war. Aber ich glaube, ich hatte einfach so einen Zorn auf den Leutnant, daß ich nicht klar denken konnte. Es war sehr nett von dir, mir Tee anzubieten.«
    Harley wurde rot und räusperte sich. »Es geht mich nichts an, Miss, worauf der Leutnant sich einläßt. Ich hab herausgefund’n, daß es für mich am besten ist, meine Gedanken für mich zu behalten. Da ist noch Tee im Topf, wenn Sie sich eine Tasse eingieß’n wolln.« Er zeigte auf einen großen Teekessel, der in ein Tuch gewickelt war, um den Inhalt warm zu halten.
    Dieser Engländer hielt offenbar nichts von Samowaren, dachte Annabel. Er befürwortete auch nicht alle Handlungen seines Vorgesetzten, selbst wenn er seine Meinung für sich behielt.
    Tassen hingen an Haken entlang der Wand. Sie goß sich das starke Gebräu in zwei von ihnen und nahm einen großen belebenden Schluck. »Weißt du, wo sich Leutnant Ralston augenblicklich aufhält?«
    »Er is’ ins Hauptquartier gegangen, Miss«, gab Harley Bescheid. »Soweit ich weiß, hat er bis heute abend keinen Dienst, aber im Augenblick is’ einiges los.« Mit einer gekonnten Drehung seines Handgelenks wendete er das Ei im zerlassenen Speck und wieder zurück, bevor er den Inhalt der Pfanne auf einen Teller gleiten ließ.

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