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Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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glaube Annabel hat recht. Wie sollen wir in diesem Zustand die Dinge klar sehen und irgendwelche vernünftigen Entscheidungen treffen?«
    »Meinst du, das macht einen Unterschied?« Bob steuerte wieder aufs Wohnzimmer zu. »Betrunken oder nüchtern, mir scheint, wir sind ohnehin verloren.«
    »Vielleicht, Hauptmann Markham, vielleicht aber auch nicht.« Annabel betrat den Raum, gefolgt von Harley, der das Teetablett trug und dessen Gesicht den gewohnten Ausdruck von Ergebenheit zeigte. »Soviel ist jedenfalls sicher, Akbar Khan wird seinen Verstand beisammen haben. Wenn Sie den Ihren nicht aufbieten wollen, dann können Sie sich genausogut die Gurgel durchschneiden.«
    »Soll ich das Abendbrot servieren, Sir?« fragte Harley. »Ich habe Kohlsuppe und Kartoffelbrätlinge zubereitet. Es gibt im Augenblick nicht viel anderes in den Magazinen.«
    »Das wird vollkommen ausreichen, vielen Dank«, stimmte Kit zu. »Die Verpflegung ist im ganzen Kantonnement knapp, aber unser Intendanturfort ist gut bewacht, Gott sei Dank.«
    »Anders als das des Shahs«, bemerkte Bob und dachte an den belagerten Colin Mackenzie.
    »Ich wäre mir dessen nicht zu sicher«, gab Annabel zu bedenken und versorgte sich mit Tee. »Die Afghanen müssen nur die beiden Forts von Mahmood Khan und Mahomed Shereef einnehmen, um die Kantonnementsintendantur zu bedrohen. Deren Kanonen können direkt auf euren Verpflegungsposten gerichtet werden.«
    »Mußt du denn den Teufel an die Wand malen?« fragte Kit müde.
    »Ich habe große Ohren«, sagte sie, »und ich habe an den richtigen Orten zugehört.«
    »Ist das Ihr Ernst, Miss Spencer?« Bob blickte bestürzt auf.
    »Ich wünschte, Sie würden mich entweder Annabel oder Ayesha nennen«, fuhr sie fort, »ja, es ist mein voller Ernst. Sie glauben doch nicht wirklich, daß sich Akbar Khan und die anderen Sirdars jetzt zurückziehen? Ihnen gestatten, ungehindert Vorräte ins Kantonnement zu bringen?« Sie schüttelte ihren Kopf in einer Geste der Erbitterung. »Sie scheinen alle nicht zu begreifen. Ich habe auch versucht, es Kit zu erklären, aber Sie sind alle so schwerfällig!«
    »Nicht schwerfällig«, berichtigte Kit, »nur auf der Suche nach einem Hoffnungsschimmer.«
    »Ich werd’ das Abendbrot im Speisezimmer auftragen, Sir«, ließ Harley sich vernehmen, nachdem er diesem Wortwechsel ohne das geringste Anzeichen von Betroffenheit gefolgt war.
    Die Mahlzeit wurde in allgemeinem Schweigen eingenommen. Annabel, die, so schien es Kit, die Begabung hatte, sich einfach auf den Augenblick zu konzentrieren, aß Suppe und Kartoffelbrätlinge mit der Einstellung eines Menschen, der Neues ausprobieren und daran Gefallen finden will.
    »Es ist eine eigentümliche Erfahrung«, erklärte sie, nachdem sie Messer und Gabel beiseite gelegt hatte. »Ich kenne diese Geschmäcker und Zusammenstellungen, meine Vertrautheit damit liegt aber so lange zurück, daß sie mir vollkommen fremd vorkommen.«
    »Wenn das so ist, dann wirst du dich wieder neu an sie gewöhnen«, meinte Kit, der nicht ihre Gabe besaß, trübe Vorahnungen einfach beiseite zu schieben.
    »In diesem Zusammenhang, glaube ich, verabschiede ich mich am besten.« Bob stand auf. »Es ist schon spät, und ich habe eure Gastfreundschaft lang genug strapaziert.«
    Kit machte keinen Versuch, ihn zurückzuhalten. Annabel wünschte ihm freundlich eine gute Nacht und ging hinüber ins Wohnzimmer, wo sie ins Feuer starrte und darauf wartete, daß Kit seinen Freund verabschiedete.
    »Wo soll ich schlafen?« fragte sie ohne Umschweife, als er den Raum betrat. »Es scheint hier nur ein Schlafzimmer zu geben.«
    Die Wucht seiner Enttäuschung überraschte Kit. Es war ihm nicht klar gewesen, wie selbstverständlich er angenommen hatte, Annabels Verleugnung ihres Verlangens sei nur eine zeitweilige Angelegenheit, hervorgerufen durch eine verständliche aber kurzlebige Verstimmung.
    Damit sie seinen Ärger nicht sah, bückte er sich über das Feuer und warf einen überflüssigen Holzscheit darauf, bevor er obenhin antwortete: »Nimm das Bett. Ich schlafe hier auf dem Sofa.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Du bist mindestens zwei Handbreit größer als ich. Für mich wird das Sofa bequemer sein. Ich werde Harley um Laken und Decken bitten.«
    »Wenn du darauf bestehst«, meinte er.
    Sie schenkte ihm ein mildes Lächeln. »Das tue ich.«
    Als sie hinausging, ließ sie die Tür offenstehen, und Kit verfluchte schweigend ihren Dickkopf. Gereizt fiel ihm ein, daß sie

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