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Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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vereinzelte Schüsse abgeebbt war. Aber Kit konnte in seinem Herzen nicht das entfernteste Zittern der Angst oder des Trübsinns entdecken. Er begegnete nur wenigen Zivilisten in den Straßen, dafür wimmelte es von Uniformierten, die in einer Dringlichkeit umherhasteten, deren Ursache Kit eher in ihren Köpfen als in der Situation an sich vermutete. So viele einander widersprechende Befehle schwirrten durch die Luft, daß niemand so recht wußte, was eigentlich geschah oder was man dagegen tun sollte.
    Als er sich bei General Elphinstone meldete, fand er schnell heraus, was ihm zugedacht war.
    »Aha, Ralston, ich habe einen Auftrag für Sie«, kündigte der General an und klang zur Abwechslung einmal recht entschlossen. »Einen von dem wir meinen, daß er Ihren besonderen Talenten angemessen ist. Sir William wird es Ihnen erklären.«
    Kit wandte sich an den Kronbevollmächtigten, der, wie üblich, mit weit gespreizten Frackschößen und herausgedrückter Brust vor dem Kaminfeuer stand. »Sir William?«
    »Wir haben eine Botschaft von Akbar Khan erhalten«, erklärte Sir William. »Sein Bote und eine Eskorte trafen vor einer halben Stunde an unserem Tor ein.« Der Bevollmächtigte gestattete sich ein Lächeln. »Der Mann findet offenbar seinen Verstand wieder. Er gibt seinem Bedauern wegen der Unruhen in Kabul und wegen des Verlusts unserer Männer und unseres Besitzes Ausdruck und wünscht darüber zu sprechen, wie die Ordnung am besten wiederhergestellt werden könnte.«
    Kit zeigte keine Regung in seinem Gesicht. »Tatsächlich, Sir?«
    »Ja, Leutnant. Er erklärt, daß seine Macht über die übrigen Sirdars nicht sehr zuverlässig ist und daß er nicht für ihr Verhalten einstehen kann, daß er aber ein gemeinsames Vorhaben besprechen möchte, in dem seine Autorität, als die des Sohnes des abgesetzten Dost, und die der Briten geltend gemacht werden könnten, um die ungebärdigen Khane wieder zum Gehorsam zu bringen.«
    Die Gestalt von Akbar Khan trat vor Kits inneres Auge: seine durchdringenden blauen Augen, die soviel mehr zu sehen schienen als offensichtlich war, der scharfgeschnittene Mund, seine leidenschaftliche und launenhafte Natur, der gedrungene und kraftvolle Körper, die bedingungslose Autorität eines Menschen, der augenblickliche Unterwerfung und die vollkommene Kontrolle über die Leben aller Menschen in seinem Gesichtskreis gewohnt war; dazu sein brennendes Lebensziel, das die Befreiung seines Landes von den Eindringlingen und die Rache für ihren Überfall darstellte.
    Das war der Mann, von dem Macnaghten und Elphinstone meinten, er sei an Versöhnung und Wiedergutmachung interessiert. Kit sagte nichts.
    »Da Sie ja bereits die Bekanntschaft von Akbar Khan gemacht und einige Gespräche mit ihm geführt haben, sind der General und ich der Ansicht, daß Sie ein guter Unterhändler wären.« Sir William strich seine Krawatte glatt. »Akbar Khan bittet um ein Zusammentreffen in Kabul, wobei unser Unterhändler im Schutz der Eskorte gehen soll, die der Sirdar mit seinem eigenen Boten geschickt hat. Sie können drei Männer mitnehmen. Die Wahl überlassen wir Ihnen.«
    »Und welche Botschaft soll ich Akbar Khan bringen?« fragte Kit.
    »Im Augenblick, Leutnant, werden Sie sich erst einmal anhören, was der Khan vorschlägt, und unserem dringenden Wunsch nach Einstellung der Feindseligkeiten Ausdruck verleihen«, sagte Macnaghten. »Dann werden Sie zurückkehren, um Meldung zu machen.«
    »Wie Sie befehlen.« Kit salutierte, ohne auch nur den Anflug eines Zweifels zu zeigen. »Ich breche noch diese Stunde auf.« Er machte sich auf die Suche nach Havildar Abdul Ali, da die Wahl und Begleitung eines Mannes, der während seines vorangegangenen Besuchs in Akbar Khans Bau so verläßlich an seiner Seite gestanden hatte, ihm sowohl beruhigend als auch vernünftig erschien.
    Der Havildar hörte zu, nickte gleichmütig und versprach, zwei Sepoys aus der vorangegangenen Expedition mitzunehmen. »Meinen Sie, es ist eine Falle, Sir?«
    Kit zuckte die Schultern. »Ich glaube nicht, daß wir uns in unmittelbarer Gefahr befinden. Aber du kannst sicher sein, daß du unter der Oberfläche dieser Einladung auf einen Sumpf stößt. Akbar Khan ist an Verhandlungen nicht interessiert.«
    Diese Meinung wurde von Annabel kraftvoll unterstützt, als Kit in seinen Bungalow zurückkehrte, um sich zu waschen, wozu er am Morgen keine Zeit gehabt hatte, und um die vollständige Uniform anzulegen. Aber sie trieb eine andere Sorge

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