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Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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um, eine, die Christopher bisher nicht bedacht hatte.
    »Hast du dir überlegt, was geschieht, wenn er annimmt, daß ich bei dir bin?« Sie ging ruhelos im Schlafzimmer auf und ab, während Kit sich rasierte. Harley legte den sauberen blauen Rock mit den Goldtressen und den polierten Goldknöpfen, die dunkelblaue Hose, die goldene Schärpe, Epauletten und Kummerbund zurecht und stellte die Stiefel dazu, die er so gründlich poliert hatte, daß sie spiegelten.
    »Wie sollte er zu diesem Schluß gekommen sein?« Das Rasiermesser hielt einen Augenblick inne, aber seine Augen blickten weiter in den Spiegel.
    »Er ist kein Dummkopf, Christopher Ralston.«
    »Natürlich nicht.« Das Rasiermesser nahm seine Arbeit wieder auf. »Aber ich weiß nicht, warum er zwingend zu diesem Schluß gekommen sein sollte. Er wußte nicht, daß ich in Kabul war; niemand hat dich oder mich davongehen sehen; niemand hat etwas gehört. In dem Chaos, das in jener Nacht in der Stadt geherrscht hat, hätte alles mögliche passieren können.«
    »Er wird hinter die Möglichkeiten blicken«, sagte sie. »Und er wird dich dort sehen.« Sie wußte, daß Akbar Khan einen Verdacht hegte seit ihrer Nacht mit dem Engländer, auch wenn er nicht offen darüber gesprochen hatte. Aber Ayesha war so genau auf das Verhalten des Khan eingestimmt, daß sie keiner Worte bedurft hatte, um zu erkennen, daß ihm ihre Veränderung aufgefallen war.
    Kit fuhr mit dem heißen, feuchten Handtuch über sein Gesicht, welches ihm der aufmerksame Bursche hingehalten hatte. »Er kann sich nicht sicher sein, Annabel. Außerdem hat er im Moment andere Nöte. Meinst du, er wird sich die Zeit nehmen, mir ein Geständnis abzuringen?« Er stellte die Frage als Witz, doch Annabel nahm sie ernst.
    »Das weiß ich nicht«, antwortete sie wahrheitsgemäß. »Ich würde sagen, nein, aber er ist ein leidenschaftlicher und launenhafter Mann. Das weißt du so gut wie ich. Wenn dein Anblick eine bestimmte Ahnung in ihm auslöst, dann könnte er dir an Ort und Stelle den Hals durchschneiden lassen.«
    »Gott, Miss, das kann nich’ Ihr Ernst sein?« rief Harley entsetzt. Er war Zeuge eines Gesprächs geworden, das einen Gutteil der Fragen beantwortete, die er nicht zu stellen gewagt hatte.
    »Doch, Harley, das ist es«, bestätigte sie nüchtern. »Könntest du nicht den General bitten, einen anderen zu schicken, Kit?«
    »Aus welchem Grund?« Kits blonde Augenbrauen hoben sich. »Nun, wer verhält sich jetzt töricht?« Er schlüpfte in sein frisches Hemd. »Du schlägst mir vor, Elphinstone und Macnaghten zu sagen, daß ich, weil ich Akbar Khans Favoritin aus seinem Zenana gestohlen habe, es für unvernünftig halte, mich ihm auf seinem eigenen Territorium zu stellen?«
    »Es könnte Schlimmeres geben«, sagte sie. »Vielleicht, wenn ich mit dir kommen würde –«
    »Wenn du was?« Er unterbrach das Anziehen der Hose auf halbem Weg.
    »Wenn ich General Elphinstone und dem Bevollmächtigten die Gegebenheiten erklärte und ihnen sagen würde, was ich von Akbar Khan weiß, dann vielleicht –«
    »Miss!« bremste Harley, bevor Kit Luft bekam. »Der Leutnant könnte niemals darum bitt’n, sich von einer gefährlichen Mission entschuldigen zu lass’n! Schon gar nich’ aus persönlichen Gründen!«
    »Oh.« Annabel setzte sich auf den Bettrand. »In diesem Fall gibt es nichts mehr zu sagen.«
    Und niemand sagte mehr etwas, bis Kit das Schwert an seiner Seite eingehängt und den Tschako mit dem Federbusch aufgenommen hatte. Er machte eine Geste zur Tür hin, und Harley verließ den Raum.
    »Annabel, Liebste, hast du denn gar kein Vertrauen in mich?« Kit kam herüber zum Bett, wo sie auf gewohnte Weise unbewegt Platz genommen hatte.
    Sie hob den Kopf und ihre Augen blickten ernst. »Es ist keine Frage des Vertrauens. Es geht um etwas anderes … du hast es hier nicht mit einem einfachen Gegner zu tun … auf den du deine Regeln übertragen kannst. Du sagst, daß du dich nicht ehrenhaft von dieser Mission zurückziehen kannst. Das akzeptiere ich. Aber du darfst nicht zu Akbar Khan gehen und erwarten, daß er sich an deine Regeln hält. Du mußt nach seinen spielen.«
    »Erinnerst du dich an das Buzkashi?« Er berührte ihren Mund. »Ich habe nach seinen Regeln gespielt, aber meine eigenen darübergestülpt. Wurde ich geschlagen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das wurdest du nicht. Geh schnell und komm heil zurück.«
    Sie ging an die Tür, um ihm zu winken, dann kehrte sie zurück in den

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