Jade-Augen
widerlichen kleinen Intrigen.«
Kit schnitt eine Grimasse. »Ich bekomme Gänsehaut, wenn ich nur daran denke.« Er drehte sich um, als er das Geräusch trappelnder Füße hörte. Die Tür wurde aufgestoßen und ließ einen atemlosen, rotgesichtigen Fähnrich ein.
»Oh, Sir … Sir …« Verspätet salutierte er vor den beiden Hauptleuten. »Ich habe eine Botschaft für den General, Sir.«
»Also geben Sie sie dem Adjutanten«, wies Kit auf Leutnant Watson. »Und holen Sie erst einmal Atem, Fähnrich.«
Der junge Mann tat wie geheißen und meldete: »Die Abteilung, die ausgeschickt wurde, um Leutnant Warrens Rückzug zu decken, hatte schwere Verluste, Sir. Durch das Feuer aus den von den Afghanen besetzten Forts. Sie mußten sich zurückziehen.«
Kit nickte. »Ich werde dem General die Nachricht bringen, Watson.« Er klopfte an Elphinstones Tür und trat auf eine zittrige Einladung hin ein. Der General hörte ihm zu und seufzte.
»Ich weiß wirklich nicht, welche Vorgehensweise die beste ist.«
»General, wir können es uns nicht leisten, das Intendanturfort aufzugeben«, sagte Kit und warf den beiden anderen Offizieren im Raum einen Seitenblick zu.
»Wie ich bereits sagte«, pflichtete ihm der Verpflegungsoffizier bei. »Mit Vorräten für kaum zwei Tage im Kantonnement, Sir, und keiner Hoffnung, mehr zu beschaffen, wäre es blanker Wahnsinn.«
»Sinnvoller wäre es, Abteilungen zu den Forts von Mahmood Khan und Mahomed Shereef zu schicken, um sie zu stürmen«, schlug Kit vor. »Sobald wir diese Forts zurückerobert haben, wird die Intendantur auch nicht mehr belagert.«
»Oje … oje«, seufzte Elphinstone. »Vielleicht sollte Warren lieber eine Botschaft geschickt werden, daß er bis zum Letzten aushält. Sorgen Sie dafür, Hauptmann Ralston, seien Sie so gut.«
»Jawohl, Sir.« Kit salutierte und machte auf den Fersen kehrt. »Also gut, Warren soll bis zuletzt aushalten«, teilte er den Offizieren im Adjutantenbüro mit. »Mit ein bißchen Glück werden wir den alten Mann vielleicht dazu überreden können, die beiden gegnerischen Forts anzugreifen.«
»Ich lasse Leutnant Warren eine Mitteilung schicken«, sagte der Adjutant.
»Ich habe heute Dienst in der Reitschule.« Kit blickte auf die Tabelle an der Wand. »Gott allein weiß, wozu es gut sein soll, mit Kavallerieschwadronen die Feinheiten des Schulreitens zu üben. An diesem Punkt des Schicksals sollten sie lieber die Kunst des Buzkashi erlernen.«
»Das Leben geht weiter, mein Lieber«, bemerkte Bob mit zynischem Grinsen. »Sitten und Zeremonien sind doch für alle von Bedeutung, nicht wahr?«
»In diesem Zusammenhang …« Kit brauchte eine Weile, um dem Freund von seinem Gespräch mit Lady Sale zu erzählen. Das lockerte für einen Augenblick ihre Stimmung, aber die Entspannung währte nur kurz, da der einmal steckengebliebene Karren dabei war sich immer tiefer in den Morast zu wühlen.
13. KAPITEL
»Wenn Annabel erwartet hatte, daß ihr Liebster bei seiner Rückkehr sie seinen Gefühlen gemäß begrüßen würde, sah sie sich getäuscht in dem Augenblick, in dem sie sein Gesicht erblickte.«
»Was ist geschehen? War Lady Sale –?«
»Nein.« Er schüttelte den Kopf. »Erstaunlich genug, ist das ohne allzu große Schwierigkeiten geregelt worden. Aber du hattest recht mit dem Angriff auf das Intendanturfort.«
Sie wußte das: »Ist es das, was im Augenblick vor sich geht?«
»Ja. Der kommandierende Offizier hat den Befehl erhalten, bis zum Letzten auszuhalten, und wir hoffen, daß wir ihm bald Verstärkung schicken können.« Er ging im Wohnzimmer auf und ab, und tiefe Furchen gruben sich in seine sonst so klare Stirn. »Aber ich glaube, wir müssen gewärtig sein, diesen Ort unter Umständen gezwungenermaßen zu verlassen.«
Annabel hatte sich gesetzt und die Arme vor ihrer Brust gekreuzt, ihr Kopf war leicht zur Seite geneigt, und sie vermittelte in dieser Haltung das Bild uneingeschränkter Ergebenheit.
»Nichts für ungut«, sagte Kit. »Ich erzähle dir nichts Neues. Aber was ich meine, ist, daß es an der Zeit ist, vernünftige Vorbereitungen für alle Eventualitäten zu treffen.«
»Sprich weiter, Ralston, Huzoor. «
Diesen gelinden Spott konnte er einfach als Schatten ihrer vergangenen Auseinandersetzungen annehmen und sogar ein wenig lächeln. »Du wirst ein Pferd brauchen, Ayesha.«
»Ein gutes«, kam es unverzüglich. »Aber mein eigenes ist in Kabul.«
»Ein Vollblutaraber, wenn ich mich nicht irre.«
»Ja.« Sie
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