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Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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führst.« Er begann sie in dem gleichen freundlichen, trotzdem bestimmten Ton zu unterweisen, den er auch bei den Kavalleristen angeschlagen hatte, und es kostete sie überraschend wenig, seinen Anweisungen zu folgen, selbst wenn er mit einiger Regelmäßigkeit auf Wiederholungen bestand.
    »Was für ein guter Lehrer du bist«, sagte sie schließlich. »Es ist eine wirkliche Begabung.«
    »Dein Kompliment ehrt mich«, antwortete er mit einem Zwinkern in den Augen. »Bist du bereit, dich den anderen anzuschließen? Ich kann dir nicht die ganze Zeit Privatstunden geben.«
    »Was werden sie denken?« Sie blickte unsicher zu den Männern im Ring.
    »Sie sind hier, um zu reiten und nicht, um zu denken«, verbesserte Kit. »Bist zu bereit?«
    Mehr schien es dazu nicht zu sagen zu geben. »So bereit, wie man nur sein kann.« Sie trieb Charlie vorwärts, und er ging unbeirrt an seine Position in der Mitte der in einer Linie aufgereihten Kavalleristen.
    »Ich habe dir ja gesagt, er weiß, was er tun soll«, lachte Kit.
    Zwei Stunden später war Annabel erschöpft, und der Schweiß rann an ihrem Körper herunter, trotz der Kälte in der Reitschule. Es fiel ihr nicht schwer, sich vorzustellen, wie die Kavalleristen sich fühlten mit der Last ihrer Waffen und ohne den Halt von Sattel und Steigbügeln.
    Schließlich gab Kit ein Zeichen: »Sehr gut, meine Herren. Heute ist es genug. Vielen Dank für Ihren Einsatz.«
    Die höfliche Anerkennung wurde dankbar aufgenommen, sein Salutieren zackig erwidert, und die Kavalleristen führten ihre Pferde aus dem Ring. Der Rissaldar folgte ihnen, und Kit blickte grinsend zu Annabel auf. »Nun, hattest du genug Bewegung?«
    »Das ist nicht lustig«, stöhnte sie. »Ich glaube, ich reite lieber mit Akbar Khan um die Wette, als –«
    »Du tust was lieber?«
    »Das war ein Spiel, mit dem er mich manchmal herausforderte.« Sie schwang ihr Bein über den Sattel und ließ sich in Kits wartende Arme gleiten. »Eher eine Probe als ein Spiel«, verbesserte sie sich.
    »Ich habe mich manchmal gefragt, was wohl geschehen wäre, wenn ich nicht bestanden hätte und wie alle anderen Frauen gewesen wäre. Wäre er meiner überdrüssig geworden?« Ein Schauder lief ihr über den Rücken, als ihr aus sicherem Abstand zum ersten Mal klar wurde, wie sehr diese unbewußte Angst ihr Leben bestimmt hatte.
    Sie sah Kit ins Gesicht und erschrak. Seine grauen Augen waren steinhart und sein Mund zu einem schmalen Strich zusammengepreßt. »Feringhee! « mahnte sie zärtlich, denn es fiel ihr nicht schwer, seine Gedanken zu erraten. »Ich habe dir schon einmal gesagt, daß du sie nicht mit deinen Maßstäben beurteilen darfst.«
    »Ich darf sie für das verantwortlich machen, was sie dir angetan haben«, beharrte er.
    Annabel blinzelte: »Und was haben sie mir angetan? Komm schon, Ralston, Huzoor, mir ist durch Akbar Khan nichts Übles widerfahren.«
    »Nein?« Er blickte auf sie hinunter, als wolle er in ihre Seele dringen. »Ist es das wirklich nicht, Annabel Spencer? Kannst du dir wirklich vorstellen, daß ich das glaube? Ein Kind, entführt und in einen muslimischen Zenana geworfen, wo ihm Dinge beigebracht wurden, die kein Kind lernen sollte, vor allem anderen Angst, soll solche Erfahrungen unverletzt überstehen?«
    »Verändert«, widersprach sie. »Verändert, aber nicht unbedingt verletzt. Es sei denn, du betrachtest meine Unfähigkeit, in das frühere Leben zurückzukehren, als Verletzung. Sicher, so verändert bin ich, daß ich das nicht mehr kann.«
    Ihre Ahnungen fuhren kalt zwischen sie. Sie hatte nichts gesagt, was sie ihm nicht schon vorher sachlich auseinandergesetzt hatte, aber er war in Gedanken schon weit in die Zukunft seiner eigenen Phantasien gereist und hatte sich in dem Glauben gewiegt, ihr Widerstand sei nur mehr eine Formsache. Er nickte: »Ja, ich würde das als die allergrößte Verletzung empfinden, wenn sie sich als wahr herausstellen sollte.«
    Stille trat zu der Grabeskälte der Reitschule, und beide spürten deutlich, nahezu körperlich, den Abgrund zwischen sich.
    »Schicksal«, brach Annabel das Schweigen. »Wir sind in der Hand des Schicksals, Christopher Ralston. › Es ist alles nur ein Schachbrett aus Tag und Nacht, auf dem das Schicksal mit den Menschen spielt: Es schiebt sie hierhin und dorthin, paart und erschlägt, und einer nach dem anderen wird schließlich wieder in die Schachtel gelegt. ‹So hat es ein Perser ausgedrückt, einer von Akbar Khans Lieblingsdichtern«,

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