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Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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mag, unübersehbar für die unschuldigen jungen Damen in einer so geschlossenen Gesellschaft wie der unseren, ist unhaltbar – ist eine grobe Beleidigung! Was soll jemand wie die arme kleine Millie Drayton davon halten?«
    Kit zog die Stirn kraus und schien über die Vorstellung nachzudenken. »Nun, Ma’am«, sagte er schließlich, »ich habe nicht vor, mit irgend jemandem vor diesen feinfühligen Jungfrauen zu prunken. Das würde ich als entsetzliche Geschmacklosigkeit verurteilen. Jedoch scheinen mir, ich hoffe, Sie werden mir das vergeben, Ihre Vermutungen etwas außerhalb des Kurses zu liegen. Wen meinen Sie denn, könnte ich unter meinem Schutz haben?« Er sah angemessen bestürzt aus. »Eine Engländerin? Hier? Das können Sie doch nicht wirklich glauben, Lady Sale. Und eine einheimische Frau ist, wie Sie selber sagen, keine Angelegenheit, die man an die große Glocke hängt.«
    Ihre Ladyschaft war nun völlig durcheinander. »Aber, ich habe gehört –«
    »Vielleicht sollte man sich nicht zu sehr auf das verlassen, was andere möglicherweise gesehen zu haben meinen«, unterbrach er sie, einen deutlich wahrnehmbaren kühlen Unterton in der Stimme. Er hatte inzwischen erkannt, daß er keine ausgefeilten Unwahrheiten von sich geben mußte, und dieses Wissen befriedigte ihn außerordentlich. Er würde die Pharisäerin mit seiner Schmückung ihres Fehlers verwirren. »In der vergangenen Nacht ist auf dem Exerzierplatz sehr viel geschehen. Die Vorstellung fällt mir schwer, daß sich irgend jemand von den Ereignissen dort ein genaues Bild machen konnte.« Er stand auf. »Ich muß meinen Pflichten nachkommen. Wenn Sie mich also entschuldigen wollen.« Er verbeugte sich.
    »Ja, aber natürlich«, sagte Lady Sale steif. »Wenn ich mich geirrt habe, bitte ich Sie um Verzeihung. Aber irgend jemand muß ja die Angelegenheiten in unserem Dilemma hier überwachen. Die Regeln könnten in alle vier Winde stieben, wenn wir alles zuließen, jetzt wo keiner weiß, was mit uns geschehen wird, und diese Wilden vor den Toren schreien und herumspringen.«
    »So ist es«, stimmte Kit mit einer weiteren Verbeugung zu. »Ich wünsche Ihnen einen guten Morgen, Ma’am.«
    Er ging hinaus in die kalte Frühe und grinste schamlos über die Leichtigkeit seines Sieges. Aber seine Befriedigung hielt nur bis zur Tür des Hauptquartiers an.
    »Oh, Ralston, ich habe eben eine Botschaft in deinen Bungalow geschickt.« Leutnant Watson begrüßte ihn zunächst gedankenverloren, nahm dann plötzlich Haltung an und salutierte. »Bitte um Nachsicht, Sir. Ich habe ganz Ihre Beförderung vergessen. Gratuliere, Sir.«
    Kit hob abwehrend die Hand. »Ich werde auch jetzt nichts auf Zeremonie geben. Was gibt es Neues? Mehr als das Übliche?« fügte er hinzu.
    »Es sieht so aus, als besetzten die Rebellen die Forts von Mahmood Khan und Mahomed Shereef«, sagte der Leutnant. »Sie bedrohen die südwestliche Flanke des Kantonnements und blockieren die Straße zu unserem Intendanturfort.«
    »Wie uns bereits vorausgesagt wurde …« Bob betrat die Adjutantur, hob bei seinen Worten eine Augenbraue, und Kit nickte.
    »Wir werden diesen Vorhersagen mehr Aufmerksamkeit widmen müssen«, fügte er hinzu. »Was soll also geschehen?«
    »Wir haben soeben eine Botschaft von Warren aus dem Intendanturfort erhalten, in der er darauf aufmerksam macht, daß die Gefahr besteht, abgeschnitten zu werden. Der General hat ihm den Befehl gegeben, sich zurückzuziehen und das Fort mit allen Vorräten aufzugeben. Eine Einheit ist hinausgeschickt worden, zur Deckung des Rückzugs.«
    Kit riß entsetzt die Augen auf. »Das kann nicht dein Ernst sein. Wir haben im Kantonnement nicht mehr Vorräte als für zwei Tage und keinerlei Aussichten auf Nachschub.«
    »Ich glaube, unser geehrter Befehlshaber hat in seiner verwirrten Art geschlossen, daß er sich bereits gerirrt hatte, Colin Mackenzie zu ignorieren, und er will sich nicht ein weiteres Mal irren.«
    »Aber diesmal ist es doch vollkommen anders! Außerdem hätte Colin Verstärkung nötig gehabt, um seinen Widerstand fortzusetzen. Eine Garnison, die angegriffen wird, zu ignorieren oder aufzugeben sind nicht die beiden einzigen Handlungsmöglichkeiten. Wie steht es zum Beispiel mit Kämpfen, verdammt noch mal?«
    »Sag du das dem General. Der Verpflegungsoffizier versucht bereits seit einer halben Stunde ihm die Tatsachen zu erläutern.«
    »Was ist mit Macnaghten?«
    »Der ist offenbar mit Mohun Lal beschäftigt. Planen ihre

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