Jaeger
alleinlassen. Auf gar keinen Fall.
»Deswegen machen Sie das alles? Sie wollen Geld für sich und ein neues Leben für mich.«
»Du hast es erfasst«, erwiderte sie trocken.
Ihm kam ein Gedanke. Er musste ihn aussprechen. »Nein«, sagte er. »In Wirklichkeit bin ich Ihnen doch vollkommen egal. Meine Zukunft und all das. Ihnen geht es nur ums Geld. Stimmt doch, oder?«
Ihre Augen blitzten. Es war, als sähe man ein Ungeheuer, das sich hinter einer menschlichen Maske versteckt hielt. »Ja, das stimmt. Ich will Geld. Denn bei Gott, das sind sie mir schuldig.« Sie kam auf ihn zu. Schaudernd wich er zurück, wobei er Josephina mit sich zog. Die Lippen der Frau verzogen sich zu einer widerwärtigen Grimasse, die vermutlich ein Lächeln sein sollte. »Weißt du nicht mehr, warum du in den Knast gewandert bist? Warum man dich weggesperrt hat?«
»Nein«, sagte Tyrell. Er hatte die Augen ganz fest geschlossen. »Nein, daran erinnere ich mich nicht mehr. Ich will mich auch nicht daran erinnern. Ich erinnere mich an gar nichts.«
»Du meinst, du weißt nicht mehr, was damals passiert ist? Alles weg?«
»Ich …« Tyrell merkte, wie ihm seine Gedanken zu entgleiten drohten. Er sah die Leichen vor sich. Spürte das Gewehr in seinen Händen. »Nein …« Er schüttelte den Kopf. Wollte die Erinnerung unbedingt loswerden. Versuchte krampfhaft an etwas anderes zu denken.
Sie beobachtete ihn. »Und was ist mit mir? An mich erinnerst du dich auch nicht?«
»Nein«, sagte Tyrell, noch immer kopfschüttelnd und ohne sie anzusehen. »Ich hab Sie noch nie in meinem Leben gesehen. Also, vor gestern, meine ich.«
Sie lächelte. Hatte sich wieder unter Kontrolle. Wandte sich ab. »Schön. Dann lassen wir’s dabei. Fürs Erste.«
Tyrells Herzschlag kam langsam wieder zur Ruhe. Er versuchte nachzudenken. Wenn er diese Frau vorher schon einmal gesehen hätte, würde er sich an sie erinnern, dessen war er sich ganz sicher. Alles, was er von ihr wusste, war, dass er sie nicht mochte, ihr nicht über den Weg traute und sie nicht in seiner Nähe haben wollte.
Das machte ihm die Entscheidung leicht.
»Ich gehe«, verkündete er.
Sie fuhr zu ihm herum. »Was?«
»Ich gehe. Und Josephina nehme ich mit. Sie … Da können Sie machen, was Sie wollen.« Er wandte sich ab.
»Ach wirklich?«
»Ja. Ja, wirklich.«
»Ich denke nicht.«
Tyrell drehte sich um. Die Frau hielt eine Pistole in der Hand und zielte damit auf ihn.
»Nein, das denke ich ganz und gar nicht …«
55 »Dachte ich’s mir, dass ich dich hier finde.«
»Ich stehe auf Hightech-Spielzeug, das weißt du doch.«
Mickey betrat die Küche des Hauses. Auf dem Küchentisch lagen in einem Gewirr aus Kabeln mehrere elektronische Geräte. Davor saß DC Adrian Wren.
Jane Gosling und Adrian Wren arbeiteten oft zusammen. Das Gänschen und der Zaunkönig – oder die Birdies, wie man sie liebevoll nannte. Jane war dick und gesellig, Adrian das genaue Gegenteil. An ihm war alles dünn: sein Körper, seine Haare, sein Gesicht. In seiner Freizeit war er begeisterter Marathonläufer, ein Thema, über das er bis zum Exzess monologisieren konnte. Nach einer Unterhaltung mit Adrian hatte Mickey oft das Gefühl, selbst einen Marathon gerannt zu sein. Seine zweite Leidenschaft war die Elektronik. Wurde an einem Tatort etwas gefunden, das einen Stecker und eine Bedienungsanleitung hatte, war Adrian in seinem Element.
»Was ist denn das alles?«, fragte Mickey. »Hast du schon eine ungefähre Ahnung?«
Adrian betrachtete den Haufen auf dem Tisch und rieb sich das Kinn. »Also, das hier …«, er zeigte auf einen kleinen schwarzen Kasten mit einem beleuchteten Display, diversen Knöpfen, Lichtern und Anschlussbuchsen für Kabel, »ist ein GPS -Tracker, glaube ich.«
»Aha.«
»Und ich nehme mal an, dass er an …«, hierbei deutete er auf eine freie Fläche in die Tischmitte, »irgendein anderes Gerät angeschlossen war. Vermutlich ein Laptop, die Größe der Lücke würde passen. Dem Kabelsalat nach zu urteilen hat jemand in aller Eile das Feld geräumt.«
»Wahrscheinlich als der Hundemörder aufgetaucht ist.«
»So nennen wir ihn jetzt? Den Hundemörder?«
Mickey lächelte düster. »Die Presse steht auf Spitznamen.«
»Er hat auch einen Menschen umgebracht.«
»Du kennst doch die Medien. Wenn sie vor der Wahl stehen, über den Mord an einem Menschen oder den an einem Hund zu berichten, ist doch klar, wofür sie sich entscheiden.«
»Auch wieder wahr. Also der
Weitere Kostenlose Bücher