Jäger der Macht: Roman (German Edition)
war perfekt. Außer …
» Ich weiß, dass du da drinnen bist«, sagte Miles’ Stimme. Eine weitere Gestalt bewegte sich; sie warf einige improvisierte Fackeln in die Finsternis.
Mit einem Gefühl des Grauens erkannte Waxillium, dass Miles nicht derjenige war, der Marasi bedrohte. Dafür war er zu weit entfernt. Der Mann neben Marasi war derjenige namens Tarson, der kolossblütige Weißblecharm.
Marasis Gesicht wurde vom flackernden Fackelschein beleuchtet. Verängstigt hob sie den Blick. Waxillium spürte, wie seine Finger um den Griff des Revolvers feucht wurden. Der Weißblecharm achtete sorgsam darauf, dass sich Marasi stets zwischen ihm und Waxillium befand; er drückte ihr den Lauf seiner Waffe gegen den Hinterkopf. Er war breit und stark, aber nicht besonders groß. Er war in den Zwanzigern – wie alle Kolossblütigen würde er während seines Lebens immer größer werden.
Wie dem auch sei, im Augenblick konnte Waxillium jedenfalls nicht auf ihn anlegen. O Einträchtiger, dachte er, es geschieht schon wieder.
Etwas raschelte in der Finsternis nicht weit von ihm entfernt. Er zuckte zusammen und hätte beinahe einen Schuss abgefeuert, als er den Umriss von Waynes Gesicht erkannte.
» Tut mir leid«, flüsterte Wayne. » Als sie erwischt worden ist, hatte ich zuerst geglaubt, es sei Miles. Und so habe ich …«
» Ist schon in Ordnung«, sagte Waxillium leise.
» Was wissen wir?«, fragte Wayne.
» Keine Ahnung.«
» Du weißt doch immer etwas.«
Waxillium schwieg.
» Ich kann euch flüstern hören!«, rief Miles. Er schritt weiter auf sie zu und warf noch eine Fackel.
Noch ein paar Schritte, dachte Waxillium.
Miles blieb stehen und betrachtete den fließenden Nebel mit einem gewissen Misstrauen. Marasi jammerte. Dann versuchte sie wegzuspringen, wie sie es bei dem Hochzeitsmahl gemacht hatte.
» Lass dass«, sagte Tarson und hielt sie fest. Er feuerte einen Schuss dicht vor ihrem Gesicht ab und richtete seine Waffe dann wieder auf ihren Kopf. Sie erstarrte.
Waxillium hob seinen Revolver.
Ich kann das nicht. Ich kann nicht noch einmal zusehen, wie eine Unschuldige wegen mir stirbt. Durch meine eigene Hand.
» In Ordnung«, rief Miles. » Gut. Willst du mich auf die Probe stellen, Wax? Ich zähle bis drei. Dann wird Tarson schießen, und zwar ohne weitere Vorwarnung. Eins.«
Er wird es tun, erkannte Waxillium. Er fühlte sich hilflos, schuldig, überfordert. Er wird es wirklich tun. Miles brauchte keine anderen Geiseln. Würde ihn die Bedrohung von Marasis Leben nicht hervorlocken, hätte er sich nie mit ihr abgegeben.
» Zwei.«
Blut auf den Ziegeln. Ein lächelndes Gesicht.
» Wax?«, flüsterte Wayne drängend.
O Einträchtiger, wenn ich dich je gebraucht habe …
Der Nebel kräuselte sich um seine Beine.
» Dr …«
» Wayne!«, rief Waxillium und sprang auf.
Die Zeitblase schloss sich. Tarson würde in wenigen Augenblicken abdrücken. Miles stand hinter ihm und hatte den Arm wütend ausgestreckt. Das Fackellicht war erstarrt. Es war wie die Beobachtung einer Explosion in Zeitlupe. Waxillium hob seinen Sterrion und stellte fest, dass sein Arm erstaunlich ruhig geblieben war.
Auch an dem Tag, an dem er Lessie erschossen hatte, war er ruhig gewesen.
Er hatte sie mit derselben Waffe getötet, die er auch jetzt in der Hand hielt.
Er schwitzte, versuchte, die Bilder aus seinem Kopf zu vertreiben und auf Tarson zu zielen. Er fand kein gutes Ziel. Natürlich konnte er Tarson treffen, aber nicht an einer Stelle, die ihn sofort ausschaltete. Und wenn Waxillium nicht richtig traf, würde der Mann Marasi aus einem Reflex heraus erschießen.
Der Kopf war die beste Möglichkeit, einen Weißblecharm zu Fall zu bringen. Doch Waxillium war nicht in der Lage, Tarsons Kopf zu sehen. Konnte er vielleicht auf seine Waffe schießen? Marasis Gesicht war ihm dabei ihm Weg. Und die Knie? Er wäre in der Lage, ihm ins Knie zu schießen. Nein. Ein Weißblecharm beachtete die meisten Treffer erst gar nicht. Wenn die Verletzung nicht sofort tödlich war, würde er einfach wieder aufstehen und schießen.
Es musste der Kopf sein.
Waxillium hielt den Atem an. Das ist die genaueste Waffe, die ich je abgefeuert habe, dachte er. Ich kann nicht einfach starr hier sitzen bleiben. Ich muss handeln.
Ich muss etwas tun.
Schweiß tropfte ihm vom Kinn herab. Mit einer raschen Bewegung hob er die Hand und richtete den Sterrion zur Seite, weg von Marasi und Tarson. Er drückte ab.
Sofort flog die Kugel aus der
Weitere Kostenlose Bücher