Jäger der Macht: Roman (German Edition)
konnten. Wayne schnaubte durch seinen dichten, herabhängenden falschen Schnauzbart und stapfte zu der Tür hinüber.
Er tat so, als wolle er sie aufstoßen, doch dann zögerte er und klopfte stattdessen.
Brettin stünde im Rang über ihm, wie er vermutete. Was für eine Schande, dachte Wayne. Da bin ich seit fünfundzwanzig Jahren Polizist und habe erst drei Streifen. Er hätte schon vor langer Zeit befördert werden sollen.
Als er die Hand hob, um erneut an der Tür zu klopfen, wurde sie aufgeworfen, und Brettins schmales Gesicht kam zum Vorschein. Er wirkte verärgert. » Was ist das für ein Geschrei und …« Er erstarrte, als er Wayne sah. » Wer sind Sie?«
» Hauptmann Guffon Trenchant«, sagte Wayne. » Siebenter Oktant.«
Brettins Blick flog zu Waynes Abzeichen und dann wieder zu seinem Gesicht. Einen Augenblick lang herrschte Verwirrung, und Wayne erkannte Panik in Brettins Blick. Er versuchte herauszufinden, ob er Hauptmann Guffon nun kannte oder nicht. Die Stadt war groß, und Wayne hatte gehört, dass Brettin die Namen der Leute oft verwechselte.
» Ich … natürlich, Hauptmann«, sagte Brettin. » Sind wir uns … äh … schon einmal begegnet?«
Wayne blies gegen seinen Schnauzbart. » Wir haben im letzten Frühling beim Vorstandsessen am gleichen Tisch gesessen!« Mit diesem Akzent fühlte er sich sehr wohl. Er war eine Mischung aus Herrenhaus-Sohn und Vorarbeiter der Eisenwerke mit einer Idee Kanal-Hauptmann. Er kam sich vor, als hätte er sich den halben Mund mit Baumwolle ausgestopft und die Stimme von einem wütenden Hund geliehen.
Er hatte schon einige Wochen in der Stadt verbracht und in den Kneipen der verschiedenen Oktanten gelauscht, mit den Leuten in den Parks geplaudert und war mit der Eisenbahn gefahren. Er hatte eine Menge Akzente in sich aufgenommen und sie denjenigen hinzugefügt, die er früher schon gestohlen hatte. Sogar als er noch in Wettering gelebt hatte, war er manchmal in die Stadt gefahren, um Akzente zu sammeln. Hier fand man die besten.
» Ich … oh, natürlich«, sagte Brettin. » Ja. Trenchant. Jetzt erinnere ich mich an Sie. Ist schon eine Weile her.«
» Egal«, polterte Wayne. » Was ist an den Gerüchten dran, dass Sie Mitglieder der Verschwinderbande hier gefangen halten? Grundgütiger Stahl, Mann! Wir mussten es aus den Zeitungen erfahren!«
» Wir haben hier die Rechtsgewalt, da der Überfall …« Brettin zögerte und sah sich in dem Raum voller verblüffter Polizisten um, die eifrig so taten, als hörten sie nicht zu. » Kommen Sie herein.«
Wayne sah die neugierigen Männer an. Keiner von ihnen hatte sich ihm entgegengestellt. Man musste nur so tun, als wäre man wichtig und wütend, und schon gingen einem die Leute aus dem Weg. Das war ein psychologischer Grundsatz. » Also gut«, sagte er.
Brettin schloss die Tür und sagte schnell und mit großer Bestimmtheit: » Sie wurden in unserem Oktanten verhaftet, und das Verbrechen, das sie begangen haben, hat hier stattgefunden. Das heißt, wir sind in jeder Hinsicht zuständig. Ich habe Ihnen allen eine Nachricht geschickt.«
» Eine Nachricht! Rost und Ruin, Mann! Wissen Sie eigentlich, wie viele Nachrichten wir jeden Tag kriegen?«
» Vielleicht sollten Sie jemanden einstellen, der sie alle durchsieht«, sagte Brettin gereizt. » So habe ich es nämlich gemacht.«
Wayne blies wieder gegen seinen Schnauzbart. » Sie hätten jemandem mit dieser Information zu uns schicken können«, sagte er lahm.
» Vielleicht beim nächsten Mal«, erwiderte Brettin, der sehr zufrieden klang, weil er einen wütenden Rivalen entwaffnet und den Streit gewonnen hatte. » Wir haben ziemlich viel Arbeit mit diesen Gefangenen.«
» Schön und gut«, sagte Wayne. » Und wann überstellen Sie sie an uns?«
» Was?«, fragte Brettin.
» Wir haben die älteren Rechte. Sie sind für die ersten Untersuchungen zuständig, aber wir haben das Recht der Strafverfolgung. Der erste Überfall ist in unserem Oktanten geschehen.« Wax hatte das für ihn aufgeschrieben. Der Kerl war manchmal richtig hilfreich.
» Sie haben uns ein schriftliches Ersuchen dafür einzureichen!«
» Wir haben eine Nachricht geschickt«, sagte Wayne.
Brettin zögerte.
» Heute Morgen«, sagte Wayne. » Haben Sie sie nicht erhalten?«
» Äh … wir bekommen eine Menge Nachrichten …«
» Aber Sie haben doch jemanden eingestellt, der sie alle liest.«
» Ich habe ihn vorhin weggeschickt, damit er Plätzchen holt, zum Tee …«
» Ah. Also gut.«
Weitere Kostenlose Bücher