Jäger der Macht: Roman (German Edition)

wandte sich dem Gefangenen zu und beugte sich vor. » Hallo, Sindren.«
    Tatsächlich fuhr der Junge zusammen. » Woher …«
    » Klamp schickt mich«, sagte Wayne leise mit dem Akzent der Straße. » Ich arbeite dran, dich hier rauszukriegen. Dazu musst du allerdings ganz ruhig bleiben.«
    » Aber …«
    » Ruhig. Nicht bewegen.«
    » Kein Geflüster!«, rief Brettin herein. » Wenn Sie sagen …«
    Wayne errichtete eine Zeitblase. Sie würde allerdings nicht lange halten, da es ihm nicht gelungen war, viel Biegmetall zusammenzuklauben. Er musste sich beeilen.
    » Ich bin ein Allomant«, sagte Wayne und blieb vollkommen reglos. » Ich habe die Zeit für uns beschleunigt. Wenn du dich bewegst, bemerken die da draußen, dass dein Bild vor ihren Augen verschwimmt. Dann werden sie wissen, was hier gerade passiert. Hast du mich verstanden? Nicke bloß nicht. Sag es einfach.«
    » Hm … ja.«
    » Gut«, sagte Wayne. » Wie ich schon gesagt habe, Klamp schickt mich, und ich bin hier, um dich zu befreien. Anscheinend hat der Boss Angst, ihr Jungs könntet reden.«
    » Das würde ich nie tun!«, sagte der Junge, dessen Stimme beinahe zu einem Quieken geworden war, während er krampfhaft versuchte, sich nicht zu bewegen.
    » Ich bin sicher, dass du das nie tun würdest«, sagte Wayne und veränderte seinen Akzent ein wenig, so dass er zu der Gegend passte, aus der der Junge stammte – dem inneren Siebenten Oktanten. Er fügte noch eine Prise Mühlenarbeiter hinzu, die er im Dialekt des Jungen bemerkt hatte. Vermutlich stammte sie von seinem Vater. » Wenn du das tun würdest, müsste dir Tarson ein paar Knochen brechen. Du weißt, wie viel Spaß ihm das machen würde, nicht wahr?«
    Der Junge wollte nicken, beherrschte sich aber gerade noch rechtzeitig. » Ich weiß.«
    » Aber wir holen dich hier raus«, sagte Wayne. » Mach dir keine Sorgen. Ich kenne dich übrigens nicht. Bist du neu?«
    » Ja.«
    » Hat Klamp dich angeheuert?«
    » Vor zwei Wochen.«
    » Von welchem Stützpunkt aus hast du gearbeitet?«
    » Von welchem Stützpunkt?«, fragte der Junge und runzelte die Stirn.
    » Wir haben mehrere Stützpunkte«, sagte Wayne. » Aber das weißt du nicht, oder? Der Boss zeigt den Neuen nur jeweils einen, falls sie erwischt werden. Du willst doch niemanden auf unsere Spur bringen, oder?«
    » Das wäre ja furchtbar«, stimmte Sindren ihm zu. Er warf einen Blick zur Tür, hielt sich dabei aber ganz still. » Er hat mich in die alte Gießerei drüben in Longard gesetzt. Ich dachte, wir sind die Einzigen!«
    » Das solltest du auch denken«, meinte Wayne. » Wir dürfen schließlich nicht zulassen, dass uns ein dummer Fehler zum Verhängnis wird und wir keine Genugtuung mehr bekommen.«
    » Äh, ja.«
    » Du hältst das alles für Unsinn, nicht wahr?«, meinte Wayne. » Ist schon in Ordnung. Ich glaube, der Boss übertreibt es ein bisschen.«
    » Ja«, sagte der Junge. » Die meisten von uns wollen einfach nur das Geld haben. Genugtuung ist schon gut, aber …«
    » … Geld ist besser.«
    » Ja. Der Boss redet immer davon, dass alles besser wird, wenn er das Sagen hat, und wie ihn die Stadt betrogen hat und so weiter. Aber so ist das Leben nun mal.« Der Junge warf wieder einen Blick zu den beiden Polizisten vor der offenen Tür.
    » Mach dir keine Sorgen«, sagte Wayne. » Sie glauben, ich bin einer von ihnen.«
    » Wie machst du das?«, fragte der Junge leise.
    » Man muss ihre Sprache sprechen, mein Sohn. Es ist erstaunlich, wie wenige Leute das wissen. Bist du sicher, dass nie jemand mit dir über die anderen Stützpunkte gesprochen hat? Ich muss wissen, welche in Gefahr sind.«
    » Nein«, sagte der Junge. » Ich bin immer nur in der Gießerei gewesen. Bin da fast die ganze Zeit geblieben, außer wenn wir auf Beutezug gegangen sind.«
    » Darf ich dir einen Rat geben, mein Sohn?«
    » Bitte.«
    » Hör auf damit, die Leute auszurauben. Dazu bist du nicht geeignet. Sobald du wieder in Freiheit kommst, gehst du zu den Mühlen zurück.«
    Der Junge zog die Stirn kraus.
    » Als Verbrecher muss man ein ganz bestimmter Typ sein«, erklärte Wayne. » Und du bist kein solcher Typ. Bei unserem Gespräch habe ich den Namen des Kerls, der dich angeworben hat, aus dir rausgelockt, und du hast mir euren Stützpunkt verraten.«
    Der Junge wurde blass. » Aber …«
    » Mach dir keine Sorgen«, sagte Wayne. » Vergiss nicht, dass ich auf deiner Seite bin. Aber du kannst von Glück reden, dass dem so ist.«
    » Ja.«
    » In Ordnung«,