Jäger der Nacht
zu hämmern, während die anderen daneben standen wie Trauergäste, die sich versammelt hatten, um dem erregenden Reiz einer rituellen Schlachtung beizuwohnen.
Die zweite große Gestalt, die bei Kennys Füßen stand, sagte: «Hey, Max, mach ihn nicht kaputt. Laß was für mich übrig.»
Zwischen einzelnen Stöhnlauten sprach das Schreckgespenst: «Keine Sorge, Arnie. Ich schmier’ ihn nur für dich ein.»
«Schmier ihn gut ein, Max», sagte Dennis mit schriller Stimme. Arnie, der im Dunkeln stand, sagte: «Halt die Klappe, Kleiner, oder wir legen dich für uns zurecht!»
«Nicht mich! Das würdet ihr nicht!» Dennis Stimme wurde noch einen Tick schriller. «Ich hab’ ‘nen großen Bruder!»
Kevin fühlte, wie sich ihm die Blicke zuwandten, und hätte sich am liebsten in der Dunkelheit aufgelöst.
Er hörte Arnie verächtlich schnauben.
Max bäumte sich über Kennys Körper auf und fiel laut keuchend auf ihn zurück, während sein Körper zusammensackte. Kenny schrie auf. Dann war es plötzlich sehr still. Alles, was Kevin hören konnte, war das Atmen von Max, das Wimmern von Kenny und das ferne Geräusch des Straßenverkehrs.
Sie alle nahmen sich Kennys Körper vor. Arnie. Dann Joe. Dann Rico. Und schließlich Dennis, flatterig wie ein irrer Kobold, während Kenny leichenstill dalag. Kevin fragte sich, wie sich Kenny fühlte, wie wohl der Schmerz war. Er hoffte, der Junge sei ohnmächtig geworden und würde nichts mehr spüren. Aber dann fragte er sich... angenommen, er ist nicht ohnmächtig... wie würde es sich wohl anfühlen, mit all diesen Dingern in sich drin? Bei dem Gedanken daran zog sich sein Anus zusammen, aber in seinem Bauch begann es zu rumoren. Vielleicht... Max hatte gesagt... vielleicht gefiel es ihm... vielleicht gehörte das Gejammere dazu, nur um die anderen zu erregen. Aber... Jesus! Würde es nicht wehtun?
«Hey, Kevin!» Wieder die Stimme von Dennis. «Jetzt bist du dran. Alles geweitet und naß.» Kevin wich zurück.
Arnies Stimme: «Was’n los, Kleiner?»
Max lachte: «Hey, ist genauso wie Votzen, nur enger...» Und er rieb sich zwischen den Beinen.
«Ich will es nicht», sagte Kevin.
«Der süßeste kleine Arsch westlich von...», Arnie mimte Schockiertsein, «... und du willst ihn nicht?»
«Ich werd’ zum Hurenbock», fiel Max mit ein.
«Vielleicht will er ja selbst einen rein haben!»
«Vielleicht ist er ‘ne Tunte!»
Dennis wurde wütend. «Laßt ihn in Ruhe! Er ist keine Tunte! Ich schlag’ euch die Zähne ein!»
Anscheinend von allen unbemerkt außer von Kevin, richtete sich Kenny auf der Grabplatte auf den Knien auf und glitt dann vorsichtig auf die Erde. Er stand da wie ein kleines Kind, als ob keiner der anderen existierte, zog seine Hose hoch und schloß seinen Gürtel. Er bewegte sich wie in Trance, als wäre er gar nicht richtig lebendig oder als hegte er tief in seinem Innersten eine geheime Kraft, deren Zauberkraft mit keinem geteilt werden konnte. Unberührt von der Gegenwart der anderen um ihn herum, stand er ganz für sich allein da. Sogar Kevin, der ihn trösten wollte, hielt sich zurück.
Rico, der sich auf der Grabplatte räkelte, sprühte etwas Farbe in seinen Papierbeutel. «Hey, Arnie, willste schnüffeln?»
Arnie schnaubte wieder verächtlich. «Kinderkram. Max hat’n paar Joints.»
Dennis war ganz aufgeregt. «Max, du hast Joints dabei? Hey, echt?»
«Ja. Und auch ganz schön harten Stoff. Aber davon kriegste keinen Krümel ab. Was glaubste, was ich mach’... einen Minderjährigen verführen? Soll ich in den Knast? Oder was?»
«Ach, stell dich nicht so an, Max!» sagte Dennis, und Joe und Rico schlossen sich der Bettelei an. «Los, Max, gib uns ein Plättchen ab!»
Max stand am Grabstein, groß und unheimlich, während die Jungs ihn weiter anbettelten. Schließlich sagte er: «Ich sag’ euch was...»
Die drei im Chor: «Was?»
Er setzte eine dramatische Pause. «Wir teilen uns einen Joint... und dann gehen wir rüber in den Park... und ticken ein paar Schwuchteln.»
Alle bis auf Kevin fanden die Idee toll. Joe: «Dreckige Schwanzlutscher!»
Rico hüpfte auf der Stelle. «Bum! Krach! Peng!»
«Ja, denen geben wir’s mit Baseballschlägern, was Max?» flötete Dennis.
Sogar Kenny war erregt. «Die haun wir alle um!» Rico: «Tod den Hurensöhnen!»
Mit einer Geste der Bedächtigkeit zog Max einen Joint aus seiner Jackentaschen. Er steckte ihn sich zwischen die Lippen. Dann – wiederum bedächtig – faßte er in eine andere
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