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Jäger der Nacht

Jäger der Nacht

Titel: Jäger der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wallace Hamilton
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denkst!»
    «Nichts mit Quatsch.»
    «Aber jetzt hab’ ich’s! Dein Freier hat sich grade mit einem niedlichen Vierzehnjährigen eingelassen und dich aufs Abstellgleis geschoben, weil du mittlerweile so ein alter Mann wirst. Kenn’ ich. Älter zu werden ist die Hölle.» Lenny rollte mit den Augen.
    Kevin prustete vor Lachen, dann hielt er plötzlich inne. Hatte Sam einen Vierzehnjährigen an der Hand?
    «Ich komm’ der Sache näher, was?» Lennys Blick wurde herzlich, und er legte einen Arm um Kevins Schulter. «Mach dir nichts draus. Ich will dich nicht drängen. Aber...», unerwartet schwuchtelte er los, «... wenn du Tante Mary dein Herz ausschütten willst, sie ist immer für dich da. Ich würde dich gern mit auf mein Zimmer nehmen, aber meine Mutter ist zu Hause und fuhrwerkt in der Küche rum. Vor ‘ner Woche hat sie mich mit ‘nem Jungen im Bett entdeckt, und ich glaube, die alte Dame wird mißtrauisch.»
    «Ja, das ich kann mir vorstellen.»
    «Aber zum Teufel, wir haben überhaupt nichts gemacht, als sie reinplatzte. Haben nur so rumgelegen, ausgepumpt. Ich mein’... wenn man ‘ne halbe Stunde lang ‘ne 69 gemacht hat, hat ein Mann das Recht dazu, ausgepumpt zu sein!»
    «Was ist 69?»
    Lenny sah Kevin mitleidig an. «Du bist noch nicht lange in der Szene, was?»
    Kevin schluckte. «Nun ja... seit zwei Nächten.»
    «Seit zwei Nächten!»
    Kevin nickte. Aber er war erschrocken über das, was er gebeichtet hatte.
    Wieder schwuchtelig. «Tja... sieht so aus, als ob dir Tante Mary ‘ne Menge zu erzählen hätte!» Er rückte näher. «War er süß?»
    «Der Größte.» Kevin merkte, wie ihm das Wasser in die Augen schoß. «Sowas ist mir noch nie passiert... noch nie.»
    Lenny seufzte verklärt. «O mein Gott, wenn ich dran denke, als ich dreizehn war...»
    «Ist es da mit dir passiert?»
    «Laß es mich so sagen, da bin ich wirklich... wirklich da reingeraten.»
    «Bist du zur Hafenstraße gegangen?»
    «Ne. Da hab’ ich die Hafenstraße aufgegeben.»
    Kevin fuhr sich mit der Hand über eine Augenbraue. Das ging alles etwas zu schnell für ihn. Hier saß er nun, sprach mit einem total Fremden über Sam, und dieser Fremde schien einfach alles zu wissen. Sogar mehr als Dennis. Kevin fragte sich, in welcher Welt er bislang gelebt hatte, all diese Jahre draußen in Laureldale, wo es schon das Größte war, pudelnackt im Teich zu baden. Immerhin, zumindest konnte er mit Lenny reden, und Lenny konnte ihm einiges beibringen. Das wichtigste war jetzt, daß Lenny da war, geradeheraus und ohne alles lächerlich zu machen. Kevin fühlte sich nicht länger alleingelassen.
    «Was ist 69?»
    Lenny demonstrierte es ihm mit seinen Händen. «So geht’s, du kannst seinen Schwanz lutschen, und er kann deinen lutschen, beide zur selben Zeit.»
    «Dafür gibt es einen Namen?» Kevin fühlte sich und Sam irgendwie verraten.
    «Klar, macht Spaß.»
    Kevin flüsterte kaum hörbar: «Ich weiß.»
    «Scheint, daß du schnell lernst.»
    «Ich hab’ ‘nen guten Lehrer.»
    «Wann triffst du ihn wieder?»
    «Irgendwann, hoffe ich.»
    «Du klingst nicht sehr sicher.»
    «Es ist nur... weiß nicht... warum sollte er an mir interessiert sein?»
    «Weil du jung und schön bist. Du hast einen süßen Hintern und einen hübschen Mund. Was könnte ein Mann mehr wollen?»
    «Eine Frau vielleicht.»
    «Du meinst, der Mann ist normal?»
    «Weiß nicht.»
    «Nun, wenn er normal ist, ist es deine Aufgabe, ihn davon abzubringen!»
    «Wenn er normal ist, versuch’ ich’s.»
    Als er und Lenny sich trennten, achtete Kevin darauf, nicht die Nummer von dem Haus zu vergessen, in dem Lenny wohnte. «Ich bin meistens nach der Schule hier», sagte Lenny. «Und halt mich auf dem laufenden, was aus der Sache wird.»
    «Werde ich.»
    «Und viel Glück!»
    «Danke.»
    Kevin ging zur Burkett Street zurück, und diesmal wackelte er nicht mehr mit dem Arsch.
    Als er am Friedhof vorbeikam, schlug die Uhr der Kapelle sechs. Jake und Millie hatten sich wahrscheinlich beruhigt, aber das beschäftigte ihn nicht allzu sehr. Er dachte vielmehr daran, daß Sam jetzt zu Hause sein könnte. Nachdem, was Lenny über ihn gesagt hatte, von‐wegen «süßer Hintern und ein hübscher Mund», dachte er sich, nun für ein Wiedersehen mit Sam bereit zu sein... wenn Sam bereit war, ihn wiederzusehen. Diesmal würde er die ganze Nacht bleiben wollen.
    Kurz hinter der Kirche in der Houghton Street bemerkte Kevin eine Telefonzelle. Er langte in seine Hosentasche nach

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