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Jäger der Nacht

Jäger der Nacht

Titel: Jäger der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wallace Hamilton
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er wieder in seinem hartnäckigen Verlangen gefangen.
    Dieses Verlangen wurde zu einer körperlich peinigenden Qual, als er sah, wie sich zwei Gestalten dicht bei einem nahen Baum trafen, voreinander innehielten, dann die Hände ausstreckten und sich mit den schnellen und verzweifelten Bewegungen zweier Kämpfer vereinigten. Er kannte diese Schürzung des Knotens, die wundersame Einwilligung, und er fühlte sich einsamer als je zuvor, verstrickt in die elenden Nöte jugendlicher Sehnsucht, und war angewidert von diesem Rückfall. Aber er blieb stehen, seinen Rücken gegen den Baum gepreßt, und nahm einen weiteren Zug aus der Zigarette.
    Diesmal wurde das Glühwürmchen bemerkt. Er sah einen umherwandernden Schemen, der einige Meter entfernt zögernd stehenblieb und sich dann langsam in seine Richtung bewegte. Um sich zu erregen, dachte er an Kevin, während sich die Gestalt näherte. Er spürte eine prüfende Hand zwischen seinen Beinen. Bruce streckte seine eigene Hand aus und fühlte die Steifheit unter seiner Berührung.
    Eingewilligt.
    Bruce war kurz vorm Höhepunkt, angespannt und keuchend, als ein blendender Lichtblitz seine Augen traf. Er hörte kehlige Kommandos und war sich plötzlich einer Aufgescheuchtheit bewußt. Leute rannten zwischen den Bäumen durch, gejagt von anderen. Lichter stachen sondierend und unanständig durch die Nacht.
    Während er von plötzlicher Panik befallen wurde, kam Bruce zum Höhepunkt. Sein Partner sprang auf die Füße und begann wegzulaufen. Sirenen ertönten. Aufschreie und Flüche hagelten durch die Dunkelheit. Als Bruce versuchte, seine Hose zuzumachen, fühlte er, wie eine Hand ihn an der Schulter packte, und hörte eine Stimme, die so brutal wie die Hand war. «Ab in die Minna, Tunte!»
     
    Um vier Uhr morgens nahm Bruce ein Taxi von der Polizeiwache nach Hause. Er war unter den letzten Männern gewesen, die freigelassen worden waren. Er fühlte sich wie betäubt. Jede Straße, durch die sie fuhren – Straßen, die er sein Leben lang gekannt hatte –, erschien ihm nun fremd, alptraumhaft in ihrer Feindseligkeit.
    Erst als er wieder zurück in seiner Wohnung war, kam ihm das Ungeheuerliche, das geschehen war, deutlich zu Bewußtsein. Er war der Gnade irgendeines Polizeireporters ausgeliefert. Wenn
    «B.M. Andrews» – der Name im Wachbuch der Polizei – in den Zeitungen erschien, würde er in der Geschäftswelt dem Erdboden gleichgemacht werden. Er starrte auf die schwergewichtige Beständigkeit der Mahagonimöbel, die ihn in der Wohnung umgaben, und wunderte sich über die Zerbrechlichkeit seines Lebens.
    Der Kokon schwuler Freundschaft war so trügerisch, das System gegenseitiger Unterstützung so kurzlebig. ‹Normale› hielten das Weltgeschehen in ihren Händen, und ‹Normale› waren wie fleischfressende Pflanzen. Welch beglückendes Gefühl mußte es für einen frustrierten, unterbezahlten Reporter sein, den Sproß eines der ältesten Geschlechter der Stadt aufzuspüren, der mit heruntergelassenen Hosen in einem öffentlichen Park erwischt worden war! Sogar George und Gerald hätten was zu lachen über Bruce McIntosh Andrews... erwischt. «Mein Lieber, war er denn noch nicht mal mit diesem hinreißenden Jungen zufrieden?»
    Bruce verfluchte seine trunkene Dämlichkeit. Er stellte sich vor, wie er in irgendeiner Bananenrepublik vor sich hinwelkte... der Letzte der Linie, wie er sich in seiner Unfähigkeit zur Fortpflanzung suhlte und wie ihn seine Vorfahren hohnlachend verspotteten. Er konnte sich nur mit weinerlichem, im Alkohol ertränktem Selbstmitleid verteidigen.
    Bruce saß stocksteif in seiner Wohnung und ekelte sich vor sich selbst.
    Was konnte er Kevin anbieten? Welche Stärke? Welchen Inhalt?
    Welche Wirklichkeit?
    Bruce vertiefte sich wieder in seine Erinnerung an das Bett. Kevins Verlangen. Und wie er selbst so lächerlich gewirkt hatte in seiner gebildeten Überlegenheit, die einfach... so... viel... forderte. Er wußte, daß er Kevin mit Haut und Haaren wollte, aber konnte er das fordern?
    Kevin hatte alles gegeben, ohne dazu aufgefordert zu sein. Im selben Moment hatte er Kevins Geschenk angezweifelt. Das war etwas, was er jedem geben konnte.
    Die Straßen. Diese feindlichen Straßen. Dort war Kevins Zuhause. Wenn er, Bruce, auch von den Straßen – und den Plätzen – zerstört werden würde, für Kevin wären sie weiterhin ein Geschäft. Er würde weitermachen – und aus ihnen Geld ziehen –, während Bruce von dem Geklapper der

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