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Jäger der Schatten

Jäger der Schatten

Titel: Jäger der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa de la Cruz
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angeboten, aber sie hatte erst einmal abgelehnt. Sie arbeitete lieber allein.
    Demin griff nach ihrer Tasche und verließ das Gebäude. Sie wollte die U-Bahn in die Stadt nehmen. Ein enormer Druck lastete auf ihr, aber sie liebte die Herausforderung. Es gab nichts, was sie mehr mochte als ein Endspiel, insbesondere weil sie nicht die Absicht hatte zu verlieren. Ihre Klassenkameraden in Schanghai hatten sie und ihre Zwillingsschwester für arrogant gehalten, doch Demin sah das nicht so. Die Zwillinge waren nur anders als die anderen. Genau wie der legendäre Kingsley Martin taten sie alles, um gute Ergebnisse zu erzielen. Sie konnten eiskalt und rücksichtslos sein und ließen sich durch nichts aufhalten, wenn es darum ging, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Deshalb kam es dem Chinesischen Ältestenrat auch sehr entgegen, eine von ihnen nach New York zu schicken.
    Dies war ihr dritter Auftrag, seit sie vor einem Jahr Venatorin geworden war, und sie bereitete sich mental auf den vor ihr liegenden Tag vor. Seit Liling Tangs Entführung verursachten ihr die Menschenrechtsverletzungen der Asiatischen Gemeinschaft die größten Kopfschmerze n – zu viele Vampire saugten ihre Vertrauten bis zum letzten Tropfen aus und hinterließen eine Spur aus Leichen. Andere benutzten den Vergessenszauber etwas zu freizügig, sodass die Menschen geisteskrank wurden. Zurzeit war ihre Schwester in ländlichen Gegenden unterwegs, um einen Probrae Spiritus zu verfolgen, einen Vampir, der die Gedankenkontrolle missbrauchte, um den dort lebenden Menschen Albträume zu bescheren.
    Der Duchesne-Auftrag war eher mit Lilings Entführungsfall vergleichbar, dessen Ermittlungen sie an eine internationale Schule geführt hatten.
    Liling Tang hatte einer extravaganten, ausländischen Clique angehört, die die anderen reichen Jugendlichen aus der kommunistischen Aristokratie Chinas mieden. Lilings Freunde waren Blue Bloods aus der ganzen Welt und ihr Entführer ein Europäer. Seit diesem Verbrechen dachte der Chinesische Ältestenrat sogar darüber nach, sich von der globalen Vampirgemeinschaft zu trennen. Bis jetzt hatten sie jedoch entschieden, ihre Loyalität gegenüber New York aufrechtzuerhalten.
    Demin war sehr wohl bewusst, dass die Duchesne keine typische amerikanische Highschool war. Es gab keine Cheerleader, die in kurzen Röckchen herumtanzten, keine schwergewichtigen Footballspieler, die in den Gängen herumlungerten und keine Chor-Langweile r – vielleicht hatte sie aber auch nur zu viele amerikanische Fernsehsendungen gesehen. Doch in dem Moment, als sie durch die kunstvoll verzierten Doppeltüren trat, stellte sie fest, dass die Unterschiede gar nicht so groß waren.
    Auch hier herrschte eine strikte Trennung zwischen Spreu und Weizen, Coolen und Idioten, Schönen und Hässlichen. Die beliebten Schüler, unter ihnen Victorias Freunde, trafen sich vor dem ersten Läuten im Hof: Mädchen mit beneidenswerter Figur, seidig glänzendem Haar und blendend weißen Zähnen, die schicke Pariser Umhängetaschen statt Rucksäcke dabeihatten und von gut aussehenden Jungs umringt waren. Mit den zerzausten Haaren, den verträumten Blicken und den schief sitzenden Jacketts und Krawatten wirkten die Jungs, als wären sie gerade erst aufgestanden. Das waren die angesagten Schüler, die Blue Bloods. Das war die Clique, der sich Demin anschließen sollte.
    Das sollte nicht allzu schwierig sein, dachte sie. Was ihr Äußeres betraf, kannte sie keine falsche Bescheidenheit. Sie wusste, dass sie hübsch war. Sie hatte langes schwarzes Haar, hellbraune Haut, schmale Augen, eine Stupsnase und eine schlanke, jungenhafte Figur. Und sie hatte viel Erfahrung darin, das »neue Mädchen« zu sein. Ihr Vater in diesem Zyklus war ein Industrieller mit vielen Firmenbeteiligungen auf der ganzen Welt, und die Zwillinge waren in London, Teheran, Johannesburg und Hongkong zur Schule gegangen. Sie wusste, wie sie mit Leuten umgehen musste, wie sie die Jugendlichen dazu brachte, sie zu mögen.
    Alle Treffen des Komitees waren verschoben worden, weil die Wächter zu beschäftigt damit waren, nach der impulsiven Tat der Vorsitzenden die Schutzschilde der Gemeinschaft wieder zu stärken. Niemand wusste, wie sehr Mimi Force die Vampire damit ihren Feinden ausgeliefert hatte und welche Auswirkungen das Ganze noch haben würde. Kein Wunder, dass der Ältestenrat den Glauben an seine Anführerin verloren hatte. Kein Wunder, dass die Zukunft der Gemeinschaft auf der Kippe stand.
    Es

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