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Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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Holzner war nicht intelligent.
    »Und Spaß am Quälen gehört dazu«, sagte Bermann.
    »Ja.«
    »Nach der Vernehmung sehen wir weiter«, sagte Graeve. »Haben Sie alles verstanden?«
    »Oui« , sagte Chervel.
    »Willst du dabei sein?«, fragte Louise.
    »Naturellement.«
    »Kein Wort, das ich nicht versteh«, sagte Bermann.
    »Einwände, Herr Bermann?«
    Bermann seufzte theatralisch. »Keine. Kurz vor sieben in der PD, du wartest in der Schleuse, Chervel.«
    »Da sein, ohne da zu sein«, sagte Chervel und lächelte wieder.
    Louise nickte. Damit hatten sie Erfahrung. Im Winter 2003 waren sie und Bermann bei einem Einsatz der Franzosen, den Chervel geleitet hatte, im Elsass gewesen – ohne dort gewesen zu sein. Offizielle Genehmigungen dauerten, auf beiden Seiten.
    Man mochte sich, ohne sich zu mögen.
    Deutsche und Franzosen eben.

    Bermann und Graeve bestiegen das Breisacher Boot, Chervel das französische, Louise kehrte zu Fuß durch den Wald nach Grezhausen zurück. Ein Kilometer auf schmalen, zugewachsenen Pfaden, über kleine sonnige Lichtungen, während die Geräusche, die die Suchtrupps und die Boote verursachten, leiser wurden, die Geräusche des Waldes deutlicher. Immer wieder Wald, dachte sie, da wurde man die Toten los, grub man Verstecke, lagerte man Waffen, immer wieder lief sie durch einen Wald. Sie kannte eine Frau, die nachts stundenlang im Wald herumwanderte und Phantasiegestalten in die Dunkelheit projizierte. Geister, Seelen, einen Roboter, und sie sah Landschaften, Städte, Erinnerungen. Nur die Mörder waren real gewesen.
    Sie kreuzte einen Fußweg, blieb einen Moment lang stehen. Wie weit kam man in drei Tagen in Nadines Zustand? Ein paar Kilometer?
    Ganz zu schweigen davon, dass sie nichts als eine Decke bei sich hatte. Keine Kleidung, kein Geld, keine Nahrung.
    Aber lebte sie überhaupt noch?
    Wie und wo war Eddies Mörder auf sie gestoßen? In Freiburg? Hatte er sie in die Scheune gebracht? Wenn ja, musste er ein Auto haben. Und wo war sie jetzt? War sie geflohen und hielt sich irgendwo verborgen? Hatte er sie getötet und ihre Leiche an einer anderen Stelle versteckt als die von Eddie? Wie war er dorthin gekommen?
    Sie ging weiter.
    Er musste ein Auto haben. Holzner hatte keines.
    Als ihr Handy klingelte, schrak sie zusammen.
    Die Kollegen hatten in Ufernähe auf dem Grund des Altrheins ein Fahrrad gefunden. Eddies Fahrrad, seine Mutter hatte es telefonisch bestätigt.
    Sie vergaß das Fahrrad gleich wieder. Der Gedanke mit dem Auto ließ sie nicht los. Er musste ein Auto haben. Ein Auto, das man in Grezhausen vielleicht noch nie gesehen hatte.
    Ein anderer Gedanke drängte sich in ihr Bewusstsein. Wenn Nadine geflohen war – suchte dann auch Eddies Mörder nach ihr?

8
    Feld und Scheune lagen verlassen, an der Straße warteten Reporter, ein Stück entfernt Ortsbewohner, darunter Dennis. Sie winkte ihn zu sich.
    »Eddie ist tot«, sagte er.
    »Ja.«
    »Wer …«
    Sie zuckte die Achseln.
    »Ich hab gehört, Sie haben Eddies Vater mitgenommen.«
    »Nicht deswegen. Er hat einen Kollegen geschlagen.«
    »Und die Frau?«
    »Wir haben sie nicht gefunden.«
    Dennis hustete, zog ein Taschentuch hervor, schneuzte sich. Sie sah, dass ihm Tränen über die Wangen liefen. Sie wollte ihn trösten, ihn berühren, doch plötzlich war der Ärger wieder da. Dennis hätte vieles verhindern können, wenn er nur das Richtige getan hätte. Wenn er in der Scheune die Polizei und nicht Eddie angerufen hätte. Dann wäre Nadine jetzt im Krankenhaus, und Eddie wäre vielleicht noch am Leben.
    Paris und so, dachte sie, und der Ärger wuchs.
    Doch jetzt ging es um etwas anderes.
    »Eddie war in der Scheune bei der Frau, und er ist tot. Du warst auch dort, Dennis.«
    »Was?«, sagte Dennis mit hoher Stimme. Sie sah, dass er verstanden hatte.
    »Ich will dir keine Angst machen. Aber ich möchte, dass du mit deinen Eltern für ein paar Tage irgendwohin fährst.«
    Er nickte.
    »Sind sie jetzt zu Hause?«
    »Meine Mutter.«
    »Dann komm.«
    Sie führte ihn zu einem Streifenwagen, bat einen der Beamten, die dort warteten, sie zu fahren.
    Im Auto sagte Dennis: »Aber Sie haben doch seinen Vater.«
    »Wir wissen nicht, ob er es war.«
    Dennis nickte wieder. Die kleinen, leeren Augen klebten an ihr, als wäre sie alles, was ihm noch geblieben war.
    Sie wandte sich ab.
    »Wenn Sie mich fragen«, sagte Dennis leise, »das mit Eddie trau ich ihm zu.«
    »Wem?«
    »Seinem Vater. Aber das mit der Frau … Ich weiß

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