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Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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nicht.«
    Sie sah ihn an, wartete.
    »Ich meine, er muss so was nicht tun, um eine Frau zu bekommen, verstehen Sie?«
    »Nein. Red Klartext, Dennis.«
    »Er hat Frauen. Andere Frauen.«
    »Andere Frauen?«
    »Mit denen er Sex hat.«
    »Hier in Grezhausen?«
    Dennis antwortete nicht.
    »Wo, Dennis? In Freiburg?«
    »Der war nur einmal in Freiburg, in den Achtzigern, als er im Knast saß. Später ist er nie mehr über Breisach rausgekommen, sagt Eddie.«
    »Also in Grezhausen?«
    »In Breisach und drüben in Oberrimsingen.«
    »Sagt Eddie?«
    Dennis hatte sich abgewandt, starrte aus dem Fenster. »Wir sind ihm manchmal nachgefahren.«
    Sie verstand. »Und habt zugesehen.«
    »Manchmal. Wenn sie es im Auto der Frau oder im Wald getan haben.«
    »Oder wenn ihr auf einen Balkon klettern konntet oder wenn die Wohnung im Erdgeschoss lag.«
    »Ja.«
    Was für eine Welt, dachte sie, was für ein Leben. Dem eigenen Vater dabei zuzusehen, wie er die eigene Mutter betrog. Und Dennis? Hatte vom Leben nur das erhalten, was über Eddie gekommen war?
    Sie legte ihm die Hand auf die Schulter. »Es tut mir leid, dass Eddie tot ist.«
    »Ja«, sagte Dennis.

    Sie wartete im Auto. Dennis ging zur Tür, schloss auf. Dann drehte er sich um und sah sie an. Das Mitleid kehrte zurück. Ein Leben ohne Eddie, das musste noch schlimmer sein, auch wenn sie sich weder das eine noch das andere Leben als befriedigend vorstellen konnte.
    In der Diele erschien eine kleine Frau, die ähnlich dick war wie Dennis, und begann, auf ihn einzureden.
    Dennis hob die Hand und winkte flüchtig, dann schloss er die Tür.

    Bei den Gaffern am Rand des Feldes begann sie. Ein fremdes Auto, das irgendwann am Wochenende, vielleicht auch am Montag, durch Grezhausen gefahren war, vielleicht hier, am Feld, gestanden hatte, vielleicht aber auch irgendwo anders.
    Nein, niemand hatte ein solches Auto gesehen.
    Sie verteilte Visitenkarten, möglicherweise rief ja jemand an, der vor anderen nicht zugeben wollte, dass er sich für die Dinge interessierte, die auf der Straße passierten.
    Mit den Bewohnern der Häuser am Ortsende entlang der Möhlin machte sie weiter. Manche standen draußen bei den anderen, manche nicht.
    Bei einer alten Frau hatte sie Glück. Ja, ein großes blaues Auto mit einem Ersatzrad huckepack. Am Sonntagmittag war es ein paar Mal hier vorbeigekommen. Am Sonntagabend hatte sie es auf dem Weg in die Kirche am Straßenrand gesehen. Ein großes blaues Auto mit einem Ersatzrad huckepack.
    »Ein Jeep?«
    »Ja, ja, ein Jeep.«
    »Sie wissen, was das ist, ein Jeep?«
    »Ja, ja, ein Jeep, natürlich.«
    »Und der Fahrer?«
    Den hatte die Frau nicht gesehen, oder vielleicht doch, wie sollte man das wissen bei den vielen Spaziergängern und Ausflüglern? Nur den Jeep, den hatte sie gesehen, mit dem Ersatzrad huckepack.

    Sie rief Thomas Ilic an. Wussten sie eigentlich, wem das Feld und die Scheune gehörten?
    Wussten sie.
    Sie hörte ihn mit seinen Unterlagen hantieren. Im Hintergrund spielte raue Club-Musik, er saß noch im Kagan, sprach mit Angestellten, nichts Neues, sagte er, während er blätterte, Nadine war am Sonntagmorgen um fünf gegangen, wie immer als eine der Letzten, mehr war hier nicht zu erfahren. »Da haben wir’s«, murmelte er.
    Feld und Scheune gehörten Maria und Josepha Ettinger, Schwestern aus Grezhausen, Jahrgang 1925 und 1928. Thomas Ilic’ Gesprächspartner aus dem Breisacher Polizeirevier hatte gesagt, die Schwestern Ettinger seien zumindest »wunderlich«, wenn nicht »durchgeknallt«. Sie waren reich – Immobilien in München – und spendeten den Zisterzienserinnen Geld, deshalb konnten sie leben, wie sie wollten, tun, was sie wollten. Sie wollten für sich bleiben, also belästigte man sie nicht. Sie wollten das Feld nicht verpachten, also verwilderte es. Sie wollten die Scheune verfallen lassen, also verfiel sie.
    »Klingt sympathisch«, sagte Louise.
    »Verwandte von dir?«
    Sie lachten.
    In den Vierzigern war die gesamte Familie Ettinger ein, zwei Jahre lang im KZ gewesen. Sie hatten nicht kollaboriert, hatten irgendwelche Forderungen der Nazis nicht erfüllt.
    »Sind sie Juden?«
    Nein, keine Juden. Katholiken.
    Thomas Ilic nannte eine Straße in Grezhausen und beschrieb den Weg dorthin. Sie erinnerte sich. Die Straße mit der Mauer auf der linken Seite, an der sie am Vormittag entlanggefahren waren.
    »Und bei dir?«
    Sie berichtete von ihrem Gespräch mit Dennis, von den anderen Frauen Holzners, von ihren Zweifeln, von

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