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Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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lachte leise. »Du hattest keine Angst.«
    »Am Ende nicht mehr.«
    »Das habe ich gespürt. Da dachte ich, du würdest mitmachen. Gewalt, Lust, Liebe, Louise … Ich habe mich wirklich getäuscht.«
    Sie zuckte die Achseln.
    »Geh nicht fort.«
    »Vorsicht mit dem Fuß.«
    Nicolai bewegte das linke Bein nach innen, und sie warf die Tür zu. Wieder fiel ihr Blick auf die Stelle, an der Nadine gelegen hatte. Ein nacktes, misshandeltes Mädchen, eingewickelt nur in eine rote Decke. Wie verzweifelt musste sie gewesen sein.
    Wie verzweifelt, als zwei Jungen kamen, die nicht halfen. Ihr auch nur weh tun wollten.
    Sie wandte sich Nicolai zu, der sie durch die Scheibe hindurch ansah. Er sagte etwas, aber er sprach zu leise. Sie wartete darauf, dass er es lauter wiederholen würde, doch das tat er nicht.
    Dann drehte sie sich um und ging zum Tor.
    Es hatte aufgehört zu regnen. Die Luft roch nach nassem Erdreich, und es war kühl geworden. Fröstelnd zog sie die eingerissene Bluse zusammen, schloss die Jeansjacke. Das Frösteln wollte nicht aufhören.
    Immerhin, es überlagerte die Schmerzen in Schulter und Seite.
    In Grezhausen keine Lichter – doch, eines, ganz schwach, im Haus der Holzners am Ortsanfang. Und zwei, drei Kilometer in die andere Richtung, auf der Autobahn, zahlreiche Blaulichter.

    Sie wartete ein Stück abseits, sah zu, wie Frank Nicolai im Licht der Scheinwerfer aus dem Renault geholt und in einen Streifenwagen gesetzt wurde. Er schien nach ihr Ausschau zu halten, fand sie im Gegenlicht nicht. Fünfzehn Jahre – sie würde alles dafür tun, dass es nicht weniger wurden. Ein Mann ohne Mitleid, ein Mörder und Vergewaltiger bei klarem Verstand. Einer, der sich bewusst entschieden hatte, andere Menschen zu verletzen, zu töten. Sie würde bei dem Prozess als Zeugin darauf achten, dass das nicht vergessen wurde. Dass auch Hans Meirichs Verbrechen nicht relativiert wurden. Jahrelange Einsamkeit, Ängste, die übermäßige Belastung im Beruf, Alkohol, Depressionen, der Einfluss Frank Nicolais, ein Teufel, der zwei kranke Menschen verführt habe – die Anwälte würden es versuchen. Und sie würde versuchen zu verhindern, dass es gelang.
    Außerdem würde sie darauf achten, dass Eddies und Dennis’ Schuld nicht unter den Tisch gekehrt wurde. Damit begann es in der Regel doch, mit Kindern. Kein Nicolai, kein Meirich, kein Haberle fiel vom Himmel. Sie wurden im Lauf der Jahre, was sie waren. Wenn die Entwicklung unterbrochen werden konnte, dann doch nur, indem man das, was schon die Kinder taten, nicht einfach entschuldigte.
    »Bonì?«
    Ein älterer Polizeihauptmeister war zu ihr getreten. Tränensäcke unter müden Augen, das Gesicht faltig und erschöpft. Sie erkannte ihn erst nach einem Moment. Paul Oertel aus dem Breisacher Revier. Paul »Pensionierung in Sicht« Oertel.
    »Die Kripo ist gleich da.« Er hörte sich nicht mehr so skeptisch an wie am Mittag.
    Sie nickte.
    »Weißt du, was mit dem Wachmann ist? Ist er tot?«
    »Ja«, sagte Oertel.
    Erneut nickte sie.
    Sie fror noch immer. Ein junger Polizeimeister aus Breisach hatte ihr eine Uniformjacke gegeben, die sie über der Jeansjacke trug, doch das Frösteln hatte nicht nachgelassen.
    »Alles vorbei«, sagte Oertel.
    »Ja.«
    »Komm ins Auto. Da ist’s trocken und warm.«
    Sie schüttelte den Kopf. So einfach ging das nicht, nach allem, was passiert war. Sich ins warme Auto setzen, heimfahren, ins Bett legen, aufstehen, weiterleben.
    »Ist doch jetzt alles vorbei, Bonì«, wiederholte Oertel und klang verlegen.
    Erst da wurde ihr bewusst, dass ihr Tränen über die Wangen liefen. Sie wusste nicht, weshalb. Vielleicht, weil die Anspannung allmählich von ihr abfiel. Sie fand ein Taschentuch in der Hose, wischte die Tränen weg, schneuzte sich. »Ich muss jetzt allein sein«, sagte sie.
    »Alleinsein tut aber nicht gut nach so was.«
    Sie versuchte zu lächeln, doch es gelang ihr wohl nicht. Sie wandte sich ab.
    »Nicht weggehen, Bonì, bitte.«
    »Bermann wird wissen, wo er mich findet.«

    Das Gehen tat gut, der Wald und die Dunkelheit taten gut. Die Feuchtigkeit des Pfades, der Äste und Blätter. Langsam kehrte die Wärme in ihren Körper zurück.
    Erst jetzt, beim Gehen, konnte sie den Gedanken zulassen: Es war vorbei. Menschenraub, Vergewaltigung, drei Morde – zwei der Täter in Haft, einer lebte nicht mehr. Ja, es war vorbei, irgendwie.
    Für Nadine dagegen würde es nie vorbei sein. Für ihre Eltern. Für Haberles Tochter Emily. Für Eddie

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