Jägerin der Dunkelheit - Feehan, C: Jägerin der Dunkelheit - Shadow Game (Ghost Walkers # 1)
zusätzliche Wachposten eingestellt, die auf meinem Grundstück herumschleichen, Arly?«, fragte sie ohne jede Vorrede.
»Schläfst du denn nie, Lily?« Arly gähnte herzhaft ins Telefon. »Was ist los?«
»Ich habe jemanden auf dem Rasen gesehen. Auf dem Grundstück. Hast du zusätzliche Wachen engagiert, Arly?« Ihre Stimme klang anklagend.
»Selbstverständlich. Dein Vater ist verschwunden, Lily, und meine Hauptsorge ist deine Sicherheit und nicht deine verschrobenen Vorstellungen von Privatsphäre. Um Himmels willen, du hast ein Haus mit achtzig Zimmern und genügend Land, um deinen eigenen Staat zu gründen. Ich glaube, wir können durchaus ein paar zusätzliche Männer einstellen, ohne Gefahr zu laufen, dass es uns hier zu eng wird und wir uns gegenseitig auf die Füße treten. Und jetzt leg auf und lass mich schlafen.«
»Ohne meine Genehmigung kannst du nicht einfach zusätzliche Wachen engagieren.«
»Oh, doch, das kann ich sehr wohl, du kleiner Fratz. Ich habe die uneingeschränkte Vollmacht, auf jede mir angemessen erscheinende Weise für deine Sicherheit zu sorgen, und genau das werde ich tun. Hör auf, mich anzukeifen. «
»Es hat etwas für sich, für die Bediensteten ›Miss Lily‹ oder ›Dr. Whitney‹ zu sein«, murrte sie. »Wer war so dumm, dir eine Machtposition zu geben?«
»Sie natürlich, Miss Lily, wer denn sonst?«, sagte Arly. »Mein Aufgabenbereich ist klar definiert und von Ihnen persönlich unterschrieben, mit allem Drum und Dran.«
Lily seufzte. »Du verschlagener Sonderling, du hast mich hinterhältig reingelegt! Du hast mir diesen Zettel gemeinsam mit all dem anderen Zeug untergejubelt, das ich unterschreiben musste, stimmt’s?«
»Na klar. Das sollte dir eine Lehre sein. Du kannst nicht einfach alles unterschreiben, ohne dir den Inhalt anzusehen. Und jetzt geh wieder ins Bett und lass mich endlich ein Weilchen schlafen.«
»Nenn mich bloß nicht mehr Miss Lily, Arly, oder ich werde meine Karatetechnik an deinen Schienbeinen erproben. «
»Ich wollte doch nur respektvoll sein.«
»Sarkastisch warst du und sonst gar nichts. Und wenn du im Bett liegst, direkt vor dem Einschlafen, und unglaublich stolz auf dich bist, weil du mir mal wieder eins ausgewischt hast, und dich damit brüstest, wie gescheit du bist, dann denk immer daran, wer von uns beiden den höheren IQ hat.« Mit dieser erbärmlich lahmen Bemerkung zum Abschluss legte Lily den Hörer auf. Sie blieb auf ihrer Bettkante sitzen und brach in schallendes Gelächter aus, teils, weil der Wortwechsel sie belustigt hatte, aber zum Teil auch vor lauter Erleichterung. Sie hatte wesentlich größere Angst gehabt, als sie sich selbst eingestanden hatte.
Sie war vernarrt in Arly. Sie liebte ihn über alles. Es gab nichts an ihm, was sie nicht liebte, noch nicht einmal sein abscheuliches Benehmen oder dass er ihr gegenüber wie
ein alter Brummbär war. Ein magerer Bär, fügte sie mit einem kleinen Grinsen hinzu. Er hasste es fast so sehr, mager genannt zu werden, wie er jede Anspielung darauf hasste, dass ihr IQ höher war. Darauf griff sie nur bei seltenen Gelegenheiten zurück, wenn er sie auf irgendeinem Gebiet hoffnungslos geschlagen hatte und ganz besonders überheblich war.
Barfuß tappte sie durch den Gang und die Wendeltreppe hinunter, ohne das Licht anzumachen. Sie kannte den Weg zum Büro ihres Vaters, und sie hoffte, sein vertrauter Geruch, der noch dort hing, würde ihr ein gewisser Trost sein. Sie hatte alle angewiesen, sich von dem Büro fernzuhalten, darunter auch das Reinigungspersonal, weil sie in der Lage sein musste, seine Papiere zu finden, aber in Wahrheit wollte sie sich nicht von dem Duft seiner Pfeife trennen, der noch in den Polstermöbeln und in seiner Jacke hing.
Sie schloss die schwere Eichentür hinter sich, um den Rest der Welt auszusperren, und nahm in seinem Lieblingssessel Platz. Tränen stiegen in ihr auf. Sie schnürten ihr die Kehle zu und brannten ihr in den Augen, aber Lily zwinkerte entschlossen dagegen an und hielt sie zurück. Sie legte ihren Kopf zurück und ließ ihn in die Polster sinken, an die sich ihr Vater so oft gelehnt hatte, während er mit ihr gesprochen hatte. Ihr Blick wanderte durch sein Büro. Ihr Sehvermögen bei Nacht war geschärft und ließ nichts zu wünschen übrig, und da sie jeden Quadratzentimeter seines Büros kannte, fiel es ihr leicht, die Details zu erkennen.
Die Bücherregale, die vom Fußboden bis zur Decke reichten, waren symmetrisch aufgestellt,
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