Jägerin der Dunkelheit - Feehan, C: Jägerin der Dunkelheit - Shadow Game (Ghost Walkers # 1)
suchte nach Worten, um es ihm verständlich zu machen. »Wie ein Einstein in der Physik oder ein Beethoven in der Musik. Verstehen Sie, was ich meine?«
»Ich kann Ihnen folgen«, sagte der General grimmig.
»Wir wissen, dass die meisten herausragenden Physiker keine Genies sind, und auch bei den meisten Orchestermusikern handelt es sich keineswegs um Wunderkinder. Mein Vater hat ein Programm zusammengestellt, um potenzielle Kandidaten für eine Befähigung zur Hellseherei herauszufiltern, und dann hat er ein Programm entwickelt, um das Potenzial dieser Personen zu fördern und es zu steigern. Denken Sie an einen Bodybuilder. Er ist ein Resultat von genetischem Potenzial, strengem Training
und …« Sie ließ ihren Satz abreißen, da der Rest – »wahrscheinlich Designerdrogen« – ihrer Selbstzensur zum Opfer gefallen war. Je weniger sie auf diesen Aspekt zu sprechen kamen, desto besser.
Sie hatte nicht die Absicht, einem dieser Männer gegenüber etwas Genaueres verlauten zu lassen. Und schon gar nicht gegenüber Phillip Thornton und Colonel Higgens. Ihr Vater hatte sorgsam darauf geachtet, dass seine Formel niemandem in die Hände fallen konnte; und Lily ihrerseits würde sie nicht ausgerechnet den Leuten verraten, die sie verdächtigte, ihn ermordet zu haben.
Der General stieß einen leisen Seufzer aus und ließ sich auf seinen Stuhl sinken. Er rieb sich die Schläfen und sah Lily an. »Allmählich klingt das alles zu plausibel. Wie hat er bewerkstelligt, dass es tatsächlich klappt? Diese Art von Dingen werden seit Jahren in aller Herren Länder ausprobiert, und bisher sind nur Fehlschläge dabei herausgekommen. «
»Dr. Whitney hat mehr als nur einen Ansatz benutzt.« Sie wippte mit dem Fuß, während sie sich eine Möglichkeit einfallen ließ, diese Vorgänge in allgemein verständlicher Sprache zu erklären. »Jeder Gegenstand über null Grad Celsius oder 273 Kelvin gibt Energie ab. Biologische Organismen neigen dazu, sich auf bestimmte Frequenzen zu konzentrieren, wohingegen sie andere Frequenzen abblocken. Das erfordert Energie.« Als der General die Stirn in Falten zog, beugte sich Lily zu ihm vor. »Denken Sie an einen Kühlschrank. Oft fällt einem gar nicht auf, dass die Kühlung läuft, bis sie sich ausschaltet, und dann ist es plötzlich eine Erleichterung. Diese ›Filter‹ werden vom autonomen Nervensystem gesteuert, und daher herrscht die weit verbreitete Meinung, sie seien der Kontrolle durch das
Bewusstsein entzogen. Drücke ich mich verständlich aus?« Als er nickte, sprach sie weiter. »Dennoch gibt es einige Beispiele für eine verblüffende Kontrolle über das autonome Nervensystem. Mit Biofeedbackmethoden lässt sich der Herzschlag verlangsamen, und der Blutdruck und die Körpertemperatur können durch diese Techniken gesenkt werden. Zenmeister und Yogis haben auf diesen Gebieten legendäre Leistungen vollbracht. Sogar das Hinauszögern des männlichen Orgasmus beim Geschlechtsverkehr ist ein Beispiel für eine somatische Intervention, die den Sieg über das autonome Nervensystem davonträgt.«
Der General blickte jetzt wieder finster.
»Der springende Punkt ist der, dass die Energie, die für paranormale Vorgänge wichtig ist, beim erwachsenen Menschen im Allgemeinen durch Filter auf ein erbärmlich niedriges Niveau gesenkt wird und dass diese Filter autonom gesteuert werden. Dr. Whitney hat eine Möglichkeit gefunden, die Tätigkeit des Filtersystems zu modifizieren, unter Verwendung von Techniken zur Beherrschung des Körpers durch den Geist, die von Zenmeistern gelehrt werden.«
Der General rieb sich mit einer Hand das Gesicht und schüttelte den Kopf. »Warum beginne ich, Ihnen zu glauben? «
Lily blieb stumm und versuchte, ihn mit ihrer Willenskraft dazu zu bringen, dass er es verstand, denn sie wollte ihn unbedingt auf der Seite der Männer haben. Sie dachte an Ryland und die anderen draußen im Sturm. Sie sandte ein stummes Gebet gen Himmel, sie mögen alle in Sicherheit sein.
»Fahren Sie bitte fort, Dr. Whitney.« Der General begann, aufgeregt mit einem Bleistift auf den Tisch zu pochen.
»Durch PET-Scans an aktiven Hellseherinnen konnte mein Vater feststellen, dass es sich bei den Bereichen im Gehirn, die für die Hellseherei von besonders großer Bedeutung sind, um dieselben Bereiche handelt, die auch für Autismus verantwortlich sind: Hippocampus, Amygdala und Neocerebellum. Er ist auch noch auf andere Verbindungen gestoßen. Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung
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