Jägerin der Nacht 01 - Nightwalker
ihm zu wahren. „Ich weiß, wie du heißt", entgegnete ich nüchtern. „Und ich weiß, was du bist. Die Frage ist nur, wissen es deine Kollegen auch?"
„Sie wissen, dass ich Magier bin", sagte er, und sein Lächeln wurde noch strahlender. „Aber ich nehme an, deine Einschätzung meiner Kräfte ist etwas präziser." Ich zog lächelnd eine Augenbraue hoch. „Dann lässt du sie also mit Absicht im Dunkeln." Aus meinen Worten sprach weder Verärgerung noch Missbilligung, nur ehrliche Neugier. Ich wollte seine Beweggründe verstehen und die Situation, in der ich mich befand. Und ich musste unbedingt wissen, wer in dieser kleinen Farce welche Rolle spielte, bevor sie mich das Leben kostete.
„Meine Fähigkeiten sind für ihre Sache nicht von Belang." „Das habe ich nicht gemeint", erwiderte ich. „Du lässt sie nicht nur in Bezug auf dich im Dunkeln, sondern enthältst ihnen auch die Wahrheit über die Vampire vor. Ich habe einiges von dem gehört und gelesen, was diese Leute über meinesgleichen denken. Warum gestattest du ihnen, diese Lügen aufrechtzuerhalten?" „Zu ihrer eigenen Sicherheit", entgegnete er. Sein Lächeln wurde etwas verhaltener, und er steckte die Hände in die Hosentaschen. „Und was ist mit meiner Sicherheit? Du hast Jäger auf uns angesetzt."
„Unsere Welten verändern sich - viel schneller als erwartet, wie ich zugeben muss. Vor ein paar Jahrhunderten war einiges von dem wahr, was über Vampire geschrieben wurde. Die meisten von euch waren skrupellose Jäger, die jeden töteten, von dem sie tranken, aber inzwischen übt ihr euch in Zurückhaltung. Doch ihr seid immer noch sehr gefährlich, und wenn die Menschen sich nicht ein bisschen Angst bewahren, laufen sie euch am Ende noch blindlings in die ausgebreiteten Arme."
„Ich habe dem armen James möglicherweise ein paar von diesen veralteten Vorstellungen genommen. Wirst du ihn zum Schweigen bringen, damit er den Rest nicht ansteckt?" „Nein, natürlich nicht", entgegnete Ryan und schüttelte belustigt den Kopf. „Ich werde der Verbreitung der Wahrheit innerhalb von Themis keinen Einhalt gebieten. Aber sie sollen sie selbst herausfinden."
„Und die Jäger? Sind sie dein Werk? Ein weiterer Versuch, deine Schäfchen zu schützen?" Ich ging langsam auf ihn zu. Der dicke Perserteppich unter meinen Füßen dämpfte meine Schritte. Ryan ließ mich nicht aus den Augen. „Die Jäger wurden lange, bevor ich zu Themis kam, erschaffen." „Aber trotz deiner aufgeklärten Einstellung zu uns hast du nichts unternommen, um sie loszuwerden, seit du zu dieser kleinen Sekte gestoßen bist."
„Wie kommst du darauf, dass ich eine aufgeklärte Einstellung zu Nachtwandlern habe?", erwiderte er und zog eine Augenbraue hoch. „Ich bin hier und immer noch am Leben", sagte ich und breitete die Hände aus. Ich stand nun direkt vor ihm, höchstens zwei Meter von ihm entfernt. „Du hättest Danaus befehlen können, mich und die anderen während des Tages zu töten, aber das hast du nicht getan. Und ich weiß auch, dass du die Macht, die ich in diesem Raum spüre, nicht hättest erlangen können, wenn du in deinem langen Leben nicht auf Wesen gestoßen wärst, die viel übler sind als ich."
„Was könnte übler sein als ein Nachtwandler, der Macht über das Feuer hat?", entgegnete er und lächelte wieder. „Danaus." Ryans Lächeln schwand augenblicklich, und ein Schatten schien über sein Gesicht zu huschen, während er mich durchdringend ansah. Wir standen beide auf einem Feld voller Landminen, und jeder fragte sich, wie viel der andere wissen mochte. Ryans Hände bewegten sich in seinen Taschen, und er kniff nachdenklich die Augen zusammen. Ich hatte noch nie zuvor eine solche Augenfarbe gesehen - kein Gelb, sondern ein richtiges glänzendes Gold.
„Danaus ist ... eine interessante Person", sagte er. „In den vergangenen Jahren hat er ein besonderes Interesse an dir entwickelt." „Wie lange wisst ihr schon von den Plänen der Naturi?", fuhr ich auf und ballte die Hände zu Fäusten, beherrschte mich aber. „Sein Interesse an dir hat nichts mit den Naturi zu tun."
Ryan schien sich zu entspannen, denn er ließ seine breiten Schultern sinken. Er lehnte sich wieder gegen den Schreibtisch und bedeutete mir, in einem der Ledersessel davor Platz zu nehmen. Ich setzte mich gutwillig in den Sessel zu seiner Rechten, schlug die Beine übereinander und sah ihn abwartend an.
„Bevor er zu Themis gekommen ist", erklärte er, „soll Danaus viele Jahre
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