Jägerin der Nacht 01 - Nightwalker
dass die nächste Opferung nicht hier stattfinden würde. Wir mussten die Stadt verlassen, um die Triade neu zu formieren.
Der Fahrer stieg aus und ging auf die andere Seite der Limousine, um Danaus die Tür zu öffnen. Der Jäger musterte erst den Wagen, dann den Fahrer, und seinem grimmigen Gesicht war deutlich anzusehen, dass er dachte, der Mann habe den Verstand verloren.
„Mr Smith?", fragte der Fahrer und wies ins Innere des Wagens. Ich hatte ihm lediglich gesagt, dass wir an der Ecke Hull/ Jefferson einen dunkelhaarigen Herrn namens Smith abholen mussten. Ich hatte Mühe, mir das Lachen zu verkneifen. „Komm schon, Danaus!", rief ich rasch nach draußen. Der Fahrer nahm Danaus' Tasche und verstaute sie unter dem wachsamen Blick ihres Besitzers im Kofferraum. Als er den Deckel schloss, stieg Danaus ein und setzte sich mir gegenüber.
Nachdem er es sich auf der weichen Ledersitzbank bequem gemacht hatte, sah er mich an, und seine Miene wurde noch finsterer. Ich musste lachen. Jedem anderen hätte der Mund offen gestanden, aber Danaus schien ein Meister der Selbstbeherrschung zu sein. Er hätte einen ausgezeichneten Vampir abgegeben, aber ich hatte das Gefühl, dass das Vampirdasein für ihn nicht unbedingt infrage kam.
Ich trug einen eleganten schwarzen Hosenanzug und eine violette Bluse. Mein dunkelrotes Haar war zu einem strengen Knoten hochgesteckt, wodurch meine hohen Wangenknochen und mein blasser Teint noch besser zur Geltung kamen. Außerdem trug ich eine lila Sonnenbrille. Bei unseren ersten beiden Begegnungen hatte ich mein übliches, ziemlich knappes Lederoutfit getragen. Unglücklicherweise musste ich die Reisevor-bereitungen jedoch über meine menschliche Assistentin abwickeln, und als ihre Arbeitgeberin tarnte ich mich stets als ganz normale, menschliche Geschäftsfrau. Als Danaus sich neben sie setzte, hatte sie allerdings Bauklötze gestaunt.
Als er mich musterte, berührte ich unwillkürlich meine Narbe, die von meinem rechten Schlüsselbein bis zum Halsansatz reichte. Die Bisswunde, die Barrett mir in der vergangenen Nacht beigebracht hatte, war bislang nur unzureichend verheilt. Bei Nachtwandlern bildeten sich eigentlich nur selten Narben, aber wenn man keine Pause einlegte und an Blutmangel litt, konnte es doch dazu kommen. Ich hatte bei dem Kampf zu viel Blut verloren und mir danach nicht genug Ruhe gegönnt. Die Linien an meinem Hals waren nicht die ersten Narben, die ich mir seit meiner Wiedergeburt zugezogen hatte, und angesichts meines Lebensstils würden es wohl auch nicht die einzigen bleiben.
„Mr. Smith .. ", begann ich, hielt aber gleich wieder inne. Es war zu verführerisch, mit Danaus zu spielen, und ich konnte mir nur mit Mühe ein breites Grinsen verkneifen.
Und nach dem unerwarteten Debakel der vergangenen Nacht konnte ich eine kleine Aufheiterung gut gebrauchen. „Das ist meine Assistentin Charlotte Godwin", fuhr ich fort und wies auf die zierliche Frau, die neben ihm saß. Charlotte wollte ihm die Hand geben, aber Danaus nickte ihr nur zu und richtete seinen finsteren Blick wieder auf mich. „Ms Godwin wird ein paar Blocks weiter wieder aussteigen. Sie wollte ein Stück mitfahren, um mir vor unserer Reise noch ein paar Papiere vorzulegen, die ich offenbar dringend durchsehen muss."
„Das liegt nur daran, dass man Sie so schwer zu fassen bekommt, Ms Jones. Sie haben doch nie Zeit für Besprechungen!", schalt die schlanke Brünette. Sie hatte schokoladenfarbene Augen, ein beherrschtes, sehr professionelles Auftreten, und dass sie aus den Südstaaten kam, war nicht zu überhören. Sie trug ein minzgrünes Kostüm und hielt mit ihren langen Fingern einen Stoß Papiere umklammert, der auf ihrem Schoß lag.
Danaus zog fragend eine Augenbraue hoch. Ich hieß natürlich genauso wenig Jones, wie er Smith hieß, aber das war der halbe Spaß. So hatte die süße kleine Charlotte etwas zum Grübeln, wenn sie nachts wach lag. Ich machte eine wegwerfende Handbewegung. „Das ist auch völlig unnötig. Sie haben meine Geschäfte doch ganz wunderbar im Griff." „Aber die Investoren wollen wissen, warum Sie den Testgrabungen in Peru nicht zustimmen", erwiderte Charlotte. „Sie wollen im heiligen Tal graben, und das lasse ich nicht zu. Sagen Sie ihnen, sie sollen sich ein anderes Land aussuchen, wenn sie sich am Schweiß der Sonne bereichern wollen. Chile zum Beispiel", erklärte ich und schaute aus dem Fenster. Ich war Mitglied eines Investorenkonsortiums, das ein
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