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Jägerin der Nacht 01 - Nightwalker

Jägerin der Nacht 01 - Nightwalker

Titel: Jägerin der Nacht 01 - Nightwalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelynn Drake
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sehr genau zuhörte. Er saß mit angespannter Miene da und kniff die Augen zusammen.
    Ich fragte mich, wie viel er eigentlich selbst über sich wusste. „Weißt du, du riechst nach Wind und einem fernen Meer. Ich glaube, es ist das Mittelmeer, aber es ist zu lange her, seit ich zuletzt dort war. Und du riechst nach Sonne." Seine Mundwinkel zuckten plötzlich, und er konnte sich nur mit Mühe ein Lächeln verkneifen. Meine Beschreibung klang zwar merkwürdig, aber wenn ich seinen Geruch aufnahm, tauchte genau dieses Bild vor meinem geistigen Auge auf. „Wenn du mir nicht sagen willst, was du bist, dann verrate mir wenigstens, wie alt du bist." Er starrte schweigend die Fenster an, und ich hatte praktisch schon aufgegeben, als er schließlich doch noch den Mund aufmachte. „Ich habe unter Marc Aurel als Wachsoldat gedient." Da war er wieder, dieser leichte Akzent, der mir schon bei unserer ersten Begegnung aufgefallen war.
    Ich ging die Kartei in meinem Kopf durch und versuchte, den Namen mit einem Ort und einer Zeit zu verknüpfen. Es dauerte nur einen Augenblick, dann fiel mir die Kinnlade herunter. Danach vergingen mehrere Minuten, bis ich mich so weit erholt hatte, dass ich einen zusammenhängenden Satz formulieren konnte. „Du bist fast dreimal so alt wie ich", raunte ich, und als er mich endlich ansah, lächelte er. „Für einen alten Mann siehst du ziemlich gut aus." Das Lächeln schwand. „Und du bist demnach ein echter Römer. Du hast den Untergang des Römischen Reichs erlebt."
    „Da war ich bereits weg", erklärte er leise. Sein Gesichtsausdruck blieb unverändert, doch sein Blick verfinsterte sich. Hatte ihm der Untergang des großen Imperiums etwa Kummer bereitet? Ich glaube, ich wünschte es mir - es ließ ihn irgendwie ein bisschen wahrhaftiger erscheinen.
    „Wo bist du gewesen?", fragte ich staunend, ja beinahe ehrfürchtig. Ich war etwas über sechshundert Jahre alt, und es erfüllte mich stets mit einer kindlichen Freude, wenn ich jemandem begegnete, der älter war als ich. Ich beneidete die Älteren um das Wissen, das sie erworben hatten, und darum, dass sie so vieles gesehen hatten, was inzwischen längst wieder vom Erdboden verschwunden war.
    „Überall", entgegnete er, und seine raue Stimme wurde weicher, während er den Blick senkte und offenbar alte Erinnerungen Revue passieren ließ. „Von Rom ging es nach Westen über die Karpaten, durch Russland und die Mongolei nach China. Über Indien, den Nahen Osten und Afrika bin ich wieder nach Europa zurückgekehrt, wo ich bei Mönchen gelebt habe." Als er mich wieder ansah, wurde seine Stimme schroffer. „Und in allen Ländern und Religionen war die Tatsache unumstritten, dass Vampire böse sind."
    „Wie hast du Nerian in deine Gewalt gebracht?", fragte ich, und er stutzte angesichts des abrupten Themenwechsels, doch das Recht meiner Spezies auf Leben stand für mich nicht zur Diskussion. Dieser Mann ließ sich ohnehin nicht mit Worten überzeugen, sondern nur mit Taten. Ich bezweifelte allerdings, dass er dafür noch lang genug lebte. Danaus kniff die Lippen zusammen und sah mich mit versteinerter Miene an. Dieser Gesichtsausdruck, mit dem er wohl sagen wollte: „Dir muss ich gar nichts erklären!", war mir inzwischen bestens vertraut. Ich beugte mich vor und stützte die Ellbogen auf die Knie. „Diese Frage wird dir wieder gestellt werden, und zwar von Leuten, die viel weniger Geduld haben als ich. Entweder sagst du es mir jetzt, und das Thema ist damit erledigt, oder wir warten, bis sie die Antwort aus dir herausfoltern. Ob es dir gefällt oder nicht, ich bin der einzige Puffer zwischen ihnen und dir."
    Ich lehnte mich wieder zurück und legte den Arm auf die Rückenlehne. Danaus war ein kostbares Geschenk. Er war stark, mächtig und intelligent. Ich wollte ihm seine Geheimnisse selbst entlocken, und danach wollte ich ihn jagen. Die Herausforderung, die er darstellte, war durchaus ein wenig Mühe und ein kleines Risiko wert.
    Es verstrichen einige spannungsgeladene Minuten, in denen nur das Heulen des Winds von draußen zu hören war. Danaus starrte mich an und schien seine Möglichkeiten abzuwägen. Rosig waren seine Aussichten nicht, und ich konnte ihm nicht garantieren, dass ich ihn schützen konnte, auch wenn er die gewünschte Information herausrückte. Wenn sich einer der Ältesten einschaltete, hatte ich nichts mehr zu melden.
    „Das war reines Glück", sagte er schließlich. „Glück?" „Er war hinter dir her und nicht auf

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