Jägerin der Nacht 01 - Nightwalker
suche."
Die Gegend nach einem Nachtwandler abzusuchen, dem ich nie zuvor begegnet war, würde viel Zeit kosten und wäre eine ziemlich aufwändige Angelegenheit - ungefähr so, als würde ich jeden einzelnen Vampir zwingen, sich vorzubeugen, und die Initialen am Bund seiner Unterhose überprüfen. Wenn Sadira Thorne jedoch schon kennengelernt hatte, konnte ich auf dis-kretere Weise nach ihm suchen. „Wir wurden noch nicht offiziell miteinander bekannt gemacht, aber vor kurzem habe ich ihn in einem Lokal am Stadtrand aufgespürt, das Six Feet Under heißt."
„Ich werde ihn finden", sagte ich bestimmt und machte auf dem Absatz kehrt. Als ich die Suite verlassen wollte, kam Danaus hinter mir her. „Nein, du bleibst hier", sagte ich und stemmte die Hand gegen seine Brust, ohne seinem finsteren Blick Beachtung zu schenken. „Jemand muss hierbleiben und auf sie aufpassen." „Und was ist mit den Naturi?", erwiderte er. Augenblicklich stieg Angst in mir auf und umklammerte mit kalter Hand mein Herz. „Sind sie in der Nähe?" „Im Augenblick nicht, aber ohne mich bemerkst du sie erst, wenn sie direkt vor dir stehen."
Ich schaute zu Michael und Gabriel, die auf dem Sofa saßen. Bei einem Angriff wie in Assuan hatten die beiden keine Chance. Den Naturi waren sie nicht gewachsen. Aber ich konnte Sadira auch nicht mit mir durch die ganze Stadt schleppen. Es war viel zu riskant. Wie sollte ich, wenn es hart auf hart kam, gleichzeitig sie und Thome beschützen? Ich saß in der Zwickmühle. Wie hatte Jabari sich das eigentlich vorgestellt? Er hätte Thorne einfach mithilfe seiner telepathischen Fähigkeiten befehlen können, sich bei mir zu melden, dann wäre der Knabe auch sofort aufgetaucht. Ganz problemlos. Leider war ich noch nicht so einschüchternd wie der Alte.
Ich schritt im Zimmer auf und ab und versuchte verzweifelt, eine Lösung zu finden. Ich kannte keine Nachtwandler in London, die ich hätte herbeizitieren können, damit sie Sadira mit ihrem Leben verteidigten. Und Danaus konnte nicht bei ihr bleiben, weil ich auf seine Unterstützung angewiesen war, wenn ich nicht von einem Naturi-Angriff überrascht werden wollte. Ich war schon im Begriff, mich in mein Schicksal zu fügen, als ich plötzlich jemanden nahen spürte.
Ich schlug die Hand vor den Mund, aber ein Glucksen entfuhr mir trotzdem. Es war total verrückt und abwegig, aber eine andere Möglichkeit gab es nicht. Ich drehte mich ruckartig zu Danaus um, und er wich überrascht einen Schritt zurück. „Kann Themis auf sie aufpassen?", fragte ich ihn. Er zog seine dunklen Augenbrauen zusammen und sah mich an, als wäre ich wahnsinnig geworden. „Habt ihr hier in London die Kapazitäten, um sie zu beschützen?", fragte ich noch einmal. „Ja, aber ..." „Wir haben keine andere Wahl. Ich bin auch nicht begeistert von dieser Idee, aber ich kann nicht an zwei Orten gleichzeitig sein."
Danaus starrte mich an, während sich lähmende Stille im Raum ausbreitete. „Einverstanden", sagte er schließlich zähneknirschend. „Großartig! Und jetzt hol James. Er ist gerade mit dem Aufzug nach oben gekommen", sagte ich und lachte über sein überraschtes Gesicht. „Er ist uns zum Hotel gefolgt und sucht uns schon eine ganze Weile."
Danaus stürzte mit finsterer Miene aus dem Raum. Ich wusste nicht, ob er wütend war, weil James uns gefolgt war oder weil er ihn selbst nicht bemerkt hatte. Ich hatte das Gefühl, Danaus war inzwischen so fixiert auf Nachtwandler und Naturi, dass er gar nicht mehr auf Menschen achtete.
Kurz darauf tauchte er wieder auf und zerrte James hinter sich her, der einen reichlich nervösen Eindruck machte. Er schubste den jungen Mann in die Mitte des Raums und knallte die Tür hinter sich zu. Es war schön zu sehen, dass Danaus sich zur Abwechslung mal über jemand anders als mich ärgerte. James strich seine Jacke glatt und sah sich um. Als er Michael und Gabriel erblickte, erstarrte er, doch als sein Blick auf Sadira fiel, stolperte er ein paar Schritte rückwärts und stieß mit Danaus zusammen. Als er hastig vor ihm zurückwich, lief er mir praktisch direkt in die Arme.
„Das ist es, was du wolltest, nicht wahr?", sagte ich und verschränkte die Hände auf dem Rücken. „Ich habe gespürt, wie du durch das Hotel irrst. Du musstest doch wissen, dass mir deine Anwesenheit nicht entgeht." Während ich sprach, begann ich ihn zu umkreisen. Eins musste man ihm lassen: Er versuchte nicht wegzulaufen, obwohl sein Herz so schnell schlug
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