Jägerin der Nacht 02 - Day Hunter
Danaus.
Mein Blick huschte von Danaus zu meiner Freundin zurück, die das Lächeln sehr wohl bemerkte, das sich jetzt aus meinem Gesicht stahl. „Wir müssen reden", sagte ich. Ich strich mir eine lose Haarsträhne hinter das Ohr und ließ den Blick über die Umgebung schweifen.
Das würde eine Weile dauern, aber das war es auch wert. „Hungrig?", fragte ich, als mein Blick an einem gemütlich wirkenden Restaurant mit ein paar Tischen am Rand des Platzes hängen blieb. „Am Verhungern", sagte Alex aufseufzend. Sie deutete mit einem Kopfnicken auf Danaus, während sie die Hände in die Hüften stemmte. „Braucht der einen Babysitter, wenn du auf der Jagd bist?" „Sie hat schon gegessen", warf Danaus ein und triefte förmlich vor Missfallen.
Alex lupfte die Augenbraue und warf mir einen Was-hat-denn-der-für-ein-Problem-Blick zu. Sie hatte sich schon vor langer Zeit damit abgefunden, dass ich Menschenblut trank, und regte sich daher nicht mehr groß über die Jagd auf. Ich hakte mich bei ihr unter und führte sie mit Danaus und Nicolai im Schlepptau zu dem Restaurant. Ich bedeutete dem Oberkellner, dass wir uns an einen der Tische im Freien setzen würden. Er nickte und verschwand im Inneren des Gebäudes, auf der Suche nach einem Kellner. Nachdem wir alle bequem saßen und unsere Getränke bestellt hatten, lehnte ich mich in meinem Stuhl zurück und sah auf den stillen Platz hinaus. Ein Liebespaar ging vorbei und tuschelte Arm in Arm miteinander. Drei kleine Kinder jagten Tauben, ihr Aufjauchzen tanzte vor ihnen her. Aus dem Inneren des Restaurants drang lautes, geräuschvolles Italienisch auf den Platz. Alles war angenehm und herrlich normal.
„Fangen wir mit was Einfachem an", verkündete Alex, während sie die Karte durchstöberte. „Warst du das, die ich da vorhin gespürt habe?" „Ich habe die Nerven verloren", murmelte ich und senkte die Augen auf die Tischplatte. Das war dumm und verantwortungslos gewesen. Jetzt, da ich mich wieder im Griff hatte, konnte ich es wenigstens zugeben. Ich hatte mich verantwortungslos und unüberlegt verhalten, genau wie damals, als ich Tristan in England überredet hatte, mir beim Angriff auf die Naturi zu helfen. Wir waren hoffnungslos unterlegen gewesen. Das hatte ich in dem Moment erkannt, als wir sie sahen, aber ich hatte trotzdem weitergemacht. Und am Ende war ich nur knapp mit dem Leben davongekommen, während ich Danaus und Tristan unnötig in Gefahr gebracht hatte.
Ich war zu schlau, um so dumme Risiken einzugehen und das Leben derjenigen aufs Spiel zu setzen, die zu beschützen ich geschworen hatte. Scham und Schuldgefühle brannten mir in der Magengrube. Die Angst vor den Naturi trieb mich von einer falschen Entscheidung in die nächste, und das durfte so nicht weitergehen. Ich hatte schon Michael verloren. Ich wollte auf keinen Fall aus reiner Dummheit noch jemand Wichtiges in meinem Leben verlieren.
Ich holte tief Luft und hob den Blick von der gläsernen Tischplatte, um Danaus anzusehen, der mit verschränkten Armen zu meiner Rechten saß. „Isst du überhaupt?" „Ja", antwortete er und starrte mich finster an. „Dann entscheide dich mal für ein Gericht", sagte ich und tippte mit dem rechten Zeigefinger auf seine unbeachtete Speisekarte. „Bestell dir was Großes. Benutz die goldene Kreditkarte des Konvents." „Das ist aber gar nicht nett", tadelte er, griff aber trotzdem nach der Karte. „Ich fürchte leider, dass ich mich im Moment auch nicht besonders nett fühle", sagte ich mit einem dramatischen Seufzer und ließ mich tiefer in meinen Stuhl sinken.
Alex lachte in sich hinein und schüttelte hinter ihrer Karte den Kopf. Ihr dunkles Haar wellte sich über die Schulter und schmiegte sich an ihre Wange.
Die Unterhaltung erstarb, während Alex, Nicolai und Danaus über ihren Speisekarten brüteten. Ich beschäftigte mich inzwischen damit, den Stiel meines Rotweinglases zwischen den Fingern zu drehen. Nach dem, was mit Thorne geschehen war, würde ich nicht einmal daran nippen. Ich hatte jede Lust verloren, noch irgendetwas anderes außer menschlichem Blut zu trinken. Nachdem der Kellner nochmals erschienen war und die anderen ihre Bestellungen aufgegeben hatten, nahm ich den Gesprächsfaden wieder auf.
„Wie hast du dir denn den Job beim Konvent aufgehalst? Hast du einem eurer Leitwölfe ans Bein gepinkelt?", frotzelte ich mit einem Blick auf Alex. Sie verzog das Gesicht, aber es lag keine echte Wut in ihren Augen. „Einfach Pech gehabt,
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