Jägerin der Nacht 03 - Dawnbreaker
Danaus. Entweder erlaubst du Shelly, dich unter einen Schlafzauber zu bannen, sodass wir dich hier beschützen können, oder du versuchst, dich durch den Belagerungsring der Naturi von der Herberge wegzuschleichen. Deine Überlebenschancen sind höher, wenn du bleibst."
„Auf keinen Fall Wertlosigkeit", wiederholte er, aber etwas von der Schärfe war aus seiner Stimme gewichen. Ich trat jetzt dicht an ihn heran und legte meine Hand auf die seine, mit der er immer noch krampfhaft das Messer umklammerte. Als ich ihn berührte, spürte ich die Furcht, die von ihm ausging. Sie erinnerte mich an die Panik, in der ich meine ersten Nächte alleine als Nachtwandlerin verbracht hatte. Tagsüber war man völlig wehrlos und jedem schutzlos ausgeliefert, der zufällig auf einen stoßen mochte, während man schlief.
„Wir alle werden vor den Naturi in Sicherheit sein." „Und was ist, wenn die Sonne untergeht?', fragte er, während sich sein Griff unter meiner Hand ein wenig lockerte. „Dann wachst du wieder auf, beruhigte ich ihn. „Nicht so wie du. Ich bin dann in einem Schlafzauber gefangen. Irgendjemand wird mich aufwecken müssen." „Keiner rührt dich an!", knurrte ich plötzlich, als mir endlich klar wurde, wo sein Problem lag. Nicht nur, dass er sich davor fürchtete, von Naturi umzingelt zu sein, während er den Tag verschlief, nein, er hatte auch Angst, seinen Feinden, den Nachtwandlern, hilflos ausgeliefert zu sein, wenn er morgen Abend erwachte.
Ich streckte die Arme aus und barg sein Gesicht in meinen kalten Händen, während ich ihm mit einem Finger durch das dichte schwarze Haar strich. „Niemand wird dich anrühren! Ich verbiete es. Du gehörst mir, nur mir. Ich werde unter den Ersten sein, die erwachen, dann wecke ich dich. Kein Nachtwandler und kein Naturi wird dich berühren, das schwöre ich."
Während ich noch sprach, stieg ein finsteres, raubtierhaftes Verlangen in mir auf. Ich musste ihn zu mir hinabziehen und Blut aus seinem Nacken saugen. Ich musste spüren, wie sein Blut durch meine Adern strömte und ihn als mein Eigentum auswies. Die ganze Welt der Nachtwandler sollte erkennen, dass niemand Hand an den Jäger legen durfte. Er war mein.
Ich biss mir auf die Innenseite der Wange, bis ich Blut schmeckte, löste meinen Griff um ihn und trat ein paar Schritte zurück. Scharf sog ich Luft durch die Nase, während ich mir mit der Hand durch das windzerzauste Haar fuhr und diese Gefühle tief in mein Inneres zurückdrängte. Von dieser Begierde musste Danaus nichts wissen. Das war eine reine Nachtwandler-Angelegenheit - dieser eigentümliche Drang, zu besitzen und zu beherrschen.
Aber er gehörte nicht zu mir, jedenfalls nicht als Freund. Er war ganz einfach mein Feind, auch wenn er sich gerade in der Warteschleife befand.
„Erlaubst du jetzt Shelly, dass sie dich unter einen Schlafzauber bannt?", fragte ich, als ich meine Gefühle wieder unter Kontrolle hatte. „Klingt ja so, als hätte ich eine Wahl", sagte er ruhig. Ich lächelte ihn an. „Hast du ja auch. Entweder willigst du ein, und wir bringen die Sache ganz in Ruhe über die Bühne. Oder wir kämpfen es erst noch aus, bis ich dir deinen Lahmarsch ohnmächtig geprügelt habe, und dann wirkt Shelly den Zauber." „Aber die Sonne geht schon auf. Uns bleibt nur Zeit für eines von beidem." „Danaus, bitte, stürz dich nicht vor lauter Angst in den Selbstmord. Etwas anderes wäre es nämlich nicht. Du würdest sterben, bloß weil du Angst hattest, dich ein paar Stunden schlafen zu legen."
„Ich werde wehrlos sein." „Aber geschützt."
Einen Moment lang herrschte angespannte Stille, während er das Messer in der Hand wog, dann wusste ich, dass er zu einem Entschluss kommen würde, auch wenn ich nicht sicher war, ob er mir gefallen würde. „Tu es", stieß er zu meiner Überraschung hervor. Ich hatte angenommen, dass er mich zwingen würde, ihn erst bewusstlos zu schlagen.
„Braucht ihr mich jetzt?", fragte Shelly und kam lautlos die Steintreppe zum Keller hinunter. „Ja", sagte ich leise und blickte wieder Danaus an. „Ich brauche noch einen zweiten Schlafzauber."
Niemand sprach ein Wort, als Danaus das Messer wieder in die Scheide an seinem Gürtel schob und sich neben Cynnia auf den Betonboden hockte. Er verschränkte die Arme vor der Brust und streckte die Beine von sich. Seine tiefblauen Augen waren die ganze Zeit auf mich gerichtet, während ich vor ihm stand. Meine Aufmerksamkeit war zwischen dem Jäger und Shelly geteilt,
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