Jägerin der Nacht 03 - Dawnbreaker
brauche dich genau hier", sagte ich zögerlich und musste mir dabei jedes Wort gewaltsam abringen. „Du willst, dass ich die Naturi bewache?" Er runzelte die Stirn. „Wird Shelly auch hier unten sein? Und was ist mit dir?" „Ja. Shelly wird hier unten bei dir sein. Ich schätze, die meisten von uns werden sich wohl hier reinquetschen", sagte ich. Ich löste kurz den Blick von Danaus und leckte mir die Lippen. Jetzt musste ich mir ein Herz fassen und es aussprechen
„Der Zauber macht keinen Unterschied zwischen Naturi und Menschen. Er richtet sich gegen alles, was sich bewegt", erklärte ich und sah dem Mann wieder in die Augen, der meinesgleichen nicht traute und den ich doch um den größten denkbaren Vertrauensbeweis bat. „Ich möchte, dass Shelly dich genau wie Cynnia in einen Schlafzauber bannt."
Danaus' Gesicht verzerrte sich vor Entsetzen und Wut. „Nein! Auf gar keinen Fall!", brüllte er und wich langsam vor mir zurück. Das Geräusch seiner Stiefel auf dem Betonboden hallte von den Wänden wider und füllte den ganzen Raum mit seinem Zorn. „Es muss einen anderen Weg geben. Ich verbringe den Tag auf keinen Fall völlig wehrlos!"
„Da siehst du mal, wie's mir geht", sagte ich mit einem Hauch von Bitterkeit. „Ich verbringe meine Tage seit sechshundert Jahren vollkommen wehrlos und hab's doch überlebt. Ein einziger Tag ist alles, was ich von dir verlange." „Ich bin doch kein Vampir", knurrte er mich an. Er öffnete die Sicherheitslasche über dem Griff, den er umklammert hatte, und zog das Messer. Ich war dankbar, dass wir hier unten alleine waren, andernfalls hätte diese Auseinandersetzung noch viel übler werden können. „Mein ganzes Leben bin ich nun schon ein Jäger. Ich schlafe hier doch nicht Seite an Seite mit dem Feind, während die Naturi nur darauf warten, uns den Garaus zu machen!"
Es lag mir auf der Zunge, ihm entgegenzuhalten, dass er schon viel zu lange Jäger war, aber das war ein anderer Kampf, der ein anderes Mal ausgetragen werden musste. „Uns bleibt keine andere Wahl." „Was anderes fällt dir wohl nicht ein!" Mit blankem Messer machte er einen Schritt auf mich zu, aber ich rührte mich nicht. Ich würde ihm nicht den geringsten Anlass für den Kampf bieten, auf den er jetzt vor lauter Angst so scharf war. „Wir sitzen in der Falle. Wir sind umzingelt. Die Naturi sind uns in jeder Hinsicht überlegen. Vereinen wir unsere Kräfte und vernichten wir ihre Seelen!", herrschte er mich an.
„Tja, dann sei doch froh, dass wir diesmal eine andere Möglichkeit haben", entgegnete ich ruhig. „Der Zauber wird sie töten. Sobald er seine Wirkung getan hat, sind ihre Seelen frei, in das Leben nach dem Tod einzugehen, das sie erwartet. Soweit ich weiß, ist es nicht mal ein besonders schmerzhafter Tod. Ein unwiderstehliches Bedürfnis nach Schlaf, weiter nichts."
„Ach, wie nett! Ganz human also", versetzte er sarkastisch. „Fällt dir was Besseres ein?", fuhr ich ihn an. Langsam riss mir der Geduldsfaden. „Wir haben versucht, sie auf unsere Weise zu töten, aber das hat nicht funktioniert. Vielleicht erfüllt sich ja dein Wunsch, und nach dem, was Cynnia mit mir angestellt hat, wird diese Methode nie wieder funktionieren. Da bin ich mir noch immer nicht sicher. Sicher weiß ich nur eines: In der Sekunde, in der die Sonne sich über den Horizont erhebt, stürmen sämtliche Naturi, die jetzt noch hinter dem Feuer lauern, die Herberge, einzig und allein mit dem Ziel, jeden Nachtwandler in diesen Wänden zu köpfen. Du bist ein meisterlicher Schwertkämpfer und ein Krieger, wie ich noch keinen gesehen habe, aber gegen diese Flut von Naturi bist auch du machtlos."
„Ich lasse mich nicht einfach so tagsüber ausbremsen." „Wir werden vor den Naturi in Sicherheit sein", sagte ich und kam ihm jetzt doch einen Schritt entgegen. „Ich bin nicht ganz und gar menschlich. Das weißt du. Vielleicht hat der Zauber bei mir keine Wirkung", hielt er unvermittelt dagegen. Dieser Gedanke war mir auch schon gekommen, und er gefiel mir ganz und gar nicht.
Seine Bori-Herkunft konnte uns noch in ganz andere Schwierigkeiten bringen, und auch davon war ich nicht gerade begeistert. Es war einfach die sicherste Lösung, ihn in Schlaf zu versetzen. „Du bist Mensch genug", seufzte ich schwer. „Vielleicht dauert es einen Augenblick länger, dich zu töten, das ist alles. Und je schneller du dich bewegst, desto schneller zeigt der Zauber Wirkung. Unterm Strich hast du nur zwei Möglichkeiten,
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