Jägerin der Nacht 03 - Dawnbreaker
Boden ein, ohne auf Staub und Schmutz zu achten. Wie Katzen rollten sie sich zusammen und verbargen sich hinter Kartonstapeln. Ich konnte nicht erkennen, wo Stefan sich niederließ, als ich auf die Ecke zusteuerte, die anscheinend alle anderen Nachtwandler gemieden hatten - die Ecke, in der Danaus, Cynnia und Shelly lagen. Ich nahm direkt gegenüber von Danaus Platz. Den Rücken an die Wand gelehnt und die Beine gekreuzt starrte ich ihn an und wartete darauf, dass endlich die Sonne aufging.
Von der Blase in der Mitte des Raumes her spürte ich ein Ziehen an meiner Seele. Die Naturi waren jetzt ganz nahe und wagten sich an den Bannkreis heran, den das Feuer in die Erde gebrannt hatte. Ich bezweifelte, dass sie die Linie überschreiten würden, bevor die Sonne wirklich aufgegangen war, denn das war der Angriffsmoment, der für sie am sichersten war. Als mir die Augen zufielen, spielte ein schläfriges Lächeln um meine Mundwinkel. Einen Moment lang fragte ich mich, ob Rowe wohl unter denjenigen sein würde, die den Vorstoß in die Herberge wagten, um seine geraubte Prinzessin wieder in die Arme schließen zu können. Ich konnte ehrlich nicht sagen, ob ich mir das wünschte oder nicht.
Und dann spielte all das keine Rolle mehr. Die Sonne knackte den Horizont wie eine Eierschale, und ich war nicht mehr. Im letzten wachen Augenblick spürte ich noch einen scharfen Ruck an meiner Seele, als der Zauber endlich ausgelöst wurde. Die Naturi kamen, und es gab nichts mehr, was ich jetzt noch tun konnte, um mich und Danaus zu beschützen.
24
Ich erwachte mit einem neuerlichen Schrei, der mir in der Kehle stecken blieb. Jäh auffahrend sog ich einen tiefen Atemzug in die leeren Lungen, bereit, den Schrei freizulassen. Als ich den Mund öffnete, schlangen sich zwei starke Arme um mich und pressten mich eng an eine breite Brust. Blinzelnd rang ich einen Augenblick um Fassung, aber rasch stieg mir der Geruch von trockenem Laub in die Nase. Ich schlug die Augen auf und stellte fest, dass Stefan mich in den Armen hielt. Nie zuvor war mir aufgefallen, wie sehr mich alles an ihm an den Herbst erinnerte.
„Geht es dir gut?", fragte er und lockerte langsam seinen Griff um mich, als ich endlich aufhörte, mich zu wehren, und nicht länger die Arme verkrampfte. Ich nickte und rieb mir mit dem Handballen die Stirn, während er sich sanft von mir zurückzog. Beim Erwachen hatte ich den Klang Dutzender Stimmen vernommen, die vor Angst und Schmerz aufschrien.
Jetzt, da ich vollkommen wach war, begriff ich, dass es der Klang der Seelen der Toten war, die in der Blase des Seelensaugers gefangen waren, der wiederum mit meiner Seele verbunden war.
„Kannst du einschätzen, wie viele gestorben sind?", fragte ich und Heß mich gegen die Wand sinken. Meine Gedanken waren das reinste Chaos, und in meinem Kopf ertönte ein merkwürdiges Schaben, als ob irgendetwas sich in meine Gedanken zu drängen versuchte, aber nicht den richtigen Schlüssel fand, um den Zugang aufzusperren. „Nein, aber es waren eine ganze Menge", sagte Stefan und wiegte den Kopf. Er schien unter der gleichen Verwirrung zu leiden wie ich. Als ich mich umsah, stellte ich fest, dass sich bisher keiner der anderen Nachtwandler im Keller regte.
Ich stützte mich mit der Hand an der Wand ab und stand langsam auf. „Lass uns diese Blase aufstechen und die Seelen freilassen, damit wir uns endlich wieder darum kümmern können, das Tor zu bewachen." „Einverstanden." Stefan stand ebenfalls auf und ging zu der Blase hinüber, die beinahe unsichtbar in der Luft schwebte - ein weißer Nebel, der mitten im Keller in einer ovalen Hülle wogte und waberte: die Seelen der Toten.
Wir holten tief Luft, streckten jeweils eine Hand aus und fuhren mit den Nägeln über die empfindliche Blase, wie eine Katze, die sich an den Möbeln die Krallen wetzt. Es gab ein deutlich vernehmliches Ploppen, und ein kühler Luftzug strich durch den stickigen Keller, als die Seelen der Toten endlich ihre Freiheit wiederfanden. Ich spürte, wie sie durch mich hindurch-und um mich herumsausten, voller Furcht und Zorn, in einigen seltenen Fällen aber auch erleichtert.
In meiner Brust brannte die Energie und erfüllte mich ganz, bis alle verbliebenen Schmerzen, alles Magenknurren und alle Spuren von Müdigkeit wie weggeblasen waren. Ich hob den Blick und sah, dass auch Stefans blaue Augen in hellem Licht erstrahlten. Er legte den Kopf in den Nacken, als er von der Kraft trank, die von den Seelen der Toten
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