Jägerin der Nacht 03 - Dawnbreaker
Stunden, nachts wahrscheinlich länger." „Wie viele passen in einen Transporter?" „Vielleicht zehn." „Dann brauchen wir mehr als zwei Transporter", murmelte ich, während mein Blick zum Eingang wanderte, wo immer mehr Nachtwandler in die Bar strömten und auf unseren Tisch zusteuerten. Keiner von ihnen sah aus, als wäre er von hier. An Unauffälligkeit war damit nicht mehr zu denken, aber andererseits hoffte ich, dass ich sie alle noch vor Sonnenaufgang aus Cuzco raushaben würde.
Ich schluckte einen Fluch hinunter und kniff die Augen zusammen, als ich bemerkte, dass Stefan die Gruppe durch den Raum führte. Obwohl er schlanker und einige Zentimeter kleiner war als etwa Danaus, hatte der Vampir etwas sehr Einschüchterndes an sich. Ihm fehlten zwar noch ein paar wenige Jahre, bis er als Ältester galt, aber so wie seine Kraft die Luft im Raum bis zum Bersten erfüllte, hätte das niemand vermutet.
Stefan war genau wie ich mit viel Sorgfalt und Geduld erschaffen worden. Er war ein Erstgeborener, und sein ganzes Wesen strahlte etwas Königliches aus. Stefan hatte nicht die geringste Ahnung, wie es sich anfühlte, zum Fußvolk der Vampire zu gehören. Leider kam noch hinzu, dass er absolut atemberaubend aussah. Alle Nachtwandler sind grundsätzlich attraktiv. Es scheint fast, als habe die Evolution beschlossen, dieses Merkmal zu einem entscheidenden Kriterium für unser Überleben zu machen, wie das weiße Fell eines Schneehasen. Wie sollten wir sonst unsere Beute anlocken? Aber Stefan war von so makelloser Schönheit, dass es schon beinahe Furcht einflößend war. Im Augenblick trug er das dunkelbraune Haar kurz geschnitten und zur Seite gekämmt, sodass es ihm bis knapp über das linke Auge hing, das von einem kalten, unbarmherzigen Blassgrau war.
Und Stefan war ebenso kalt, wie er schön war. Ich hätte beinahe gesagt, dass er Oscar Wilde zu seinem Dorian Grey inspiriert hatte, aber ich fand, dass Dorian noch ein paar mehr sympathische Seiten hatte als Stefan. Wir waren uns bisher nur ein paarmal begegnet, und er behandelte mich eigentlich mit widerwilligem Respekt. So wie er essah, gehörten wir beide zur gleichen elitären Gruppe. Außerdem waren wir beide Veteranen von Machu Picchu, auch wenn ich mich nicht erinnern konnte, ihn dort gesehen zu haben. Aber, da war ich mir ganz sicher, ich hatte natürlich inzwischen jedes bisschen widerwilligen Respekt verspielt, den er mir je gezollt haben mochte, weil ich mich nach wie vor mit Danaus abgab.
„Was für eine Überraschung", sagte ich und hob eine Augenbraue, als er an unserem Tisch angekommen war. „Ich hätte nie gedacht, dass ich dich in Peru noch mal zu Gesicht bekommen würde." Mit einem geschmeidigen Zucken der schmalen Schultern sagte er: „Ich war schon einmal in der uralten Stadt. Ich weiß, wie sie aufgebaut ist." Seine Stimme schwebte zugleich melodiös und verführerisch durch den Raum. Bei ihm hörte es sich so an, als würden wir ganz normal zur Jagd in den Straßen von Paris ausgehen. Ich wusste es besser. Seine mattgrauen Augen verrieten keinerlei Besorgnis, ebenso wenig wie die Mundwinkel der vollen, weichen Lippen, aber ich wusste Bescheid. Nur sehr wenige der Nachtwandler, die vor fünfhundert Jahren nach Machu Picchu gekommen waren, hatten überlebt. Wir forderten das Schicksal mutwillig heraus, wenn wir jetzt zurückkehrten.
„Außerdem hat der Konvent deine Anwesenheit befohlen", sagte ich und zuckte angesichts der unerwarteten Härte in meiner Stimme beinahe zusammen. „Sie haben mich gebeten, und ich bin diesem Wunsch gnädig nachgekommen", korrigierte er mich mit einem leichten französischen Akzent, der den Worten die Schärfe nahm. Er Wang immer noch blasiert und gelangweilt, aber in seinen Augen blitzte etwas auf. Es war nur allzu leicht, die richtigen Knöpfe bei ihm zu drücken, aber ich ließ es widerstrebend bleiben. Für solche Spielchen hatten wir keine Zeit. „Um was genau haben sie dich gebeten?"
Diesmal trat ein ehrlich amüsiertes Lächeln auf seine Lippen und brachte die schläfrigen Augen zum Funkeln. Für einen Moment schienen sie vor Wonne zu leuchten. „Darum, dich zu beschützen." „Sonst noch was?" „Genau genommen wurde ich gebeten, dich, Sadira, Jabari und ihn zu beschützen, komme, was wolle", sagte er, und seine Stimme wurde unfreundlicher, als er endlich doch gezwungen war, Danaus' Anwesenheit zur Kenntnis zu nehmen. „Dachte ich mir schon", murmelte ich. Jabari und Sadira waren bisher noch
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