Jägerin der Nacht 03 - Dawnbreaker
nicht aufgetaucht, und ich hatte so das Gefühl, dass sie bis zum letzten Augenblick damit warten würden. „Warum leistest du uns nicht Gesellschaft? Es sieht so aus, als müssten wir uns an die logistische Planung machen."
Mit einem huldvollen Kopfnicken nahm Stefan auf dem freien Stuhl neben mir Platz, während sich eine Frau mit kurzem blondem Haar neben Danaus setzte. Ein dritter Nachtwandler zog sich einen Stuhl vom leeren Nebentisch heran und setzte sich ans Ende unseres Tisches. Ich sah, dass die anderen Nachtwandler, die in die Bar geströmt waren, verschiedene Tische im ganzen Raum besetzt hatten, aber immer in unserer Nähe. Sie würden ohne Zweifel alles verstehen, was wir sagten.
„Das ist George", sagte Stefan, als er den Vampir am Ende des Tisches vorstellte, und wedelte unwirsch mit der rechten Hand. Der bleiche, schlanke Gentleman mit dem schmalen Gesicht und dem zimtfarbenen Haar nickte mir und Danaus zu und lümmelte sich in seinen Sessel, als gäbe es nichts auf der Welt, das ihn aus der Ruhe bringen konnte. Soweit ich das einschätzen konnte, hatte er mindestens drei Jahrhunderte auf dem Buckel und höchstwahrscheinlich noch nie einen Naturi gesehen. „Und das ist Bertha", fuhr Stefan fort und wies in die Richtung der kessen kleinen Vampirin neben Danaus.
Mir fiel die Kinnlade herunter; ich konnte mir diese Reaktion einfach nicht verkneifen. Nach einer Weile fiel man sogar in meinem Alter auf den geheimnisvollen Nimbus herein, den wir uns für die Menschen zugelegt hatten. Vampire hießen einfach nicht Bertha. Wir hatten elegante, ausgefallene Namen, die nach längst versunkenen Zivilisationen klangen.
„Ich weiß", sagte die Nachtwandlerin mit einem aufgekratzten Kichern, als ich den Mund endlich wieder zukriegte. „Der Name ist grauenhaft. Ich habe schon versucht, mir einen anderen zuzulegen, aber es hält sich einfach keiner dran. Nenn mich einfach Bert oder Bertie. Das tun alle." Die kleine Blondine hatte funkelnde blaue Augen und eine süße Stupsnase. Ihre Wangen waren rund und bekamen beim Lächeln kleine Grübchen. Sie konnte nicht älter als sechzehn oder siebzehn gewesen sein, als sie wiedergeboren worden war. Ich unterdrückte meine spontane Reaktion auf ihren Namen, sie zu bemitleiden, und lächelte sie stattdessen herzlich an. Bestimmt hatte sie sich keine allzu große Mühe gegeben, ihren Namen zu ändern. Ihre Tarnung war perfekt. Wer würde schon vermuten, dass eine ein Meter fünfzig große Blondine namens Bertie ein tödliches Raubtier war?
„Freut mich", sagte ich mit einem Kopfnicken. Das Lächeln in ihren Augen flackerte einen Moment, während sie mich taxierte, mich abschätzte, bevor das Lächeln auf den kirschroten Lippen noch breiter wurde. Sie wusste jetzt, was sie von mir zu halten hatte. Ich war mir sicher, dass wir uns gegenseitig nicht unterschätzen würden.
„Das ist Danaus", sagte ich und warf einen raschen Blick auf die grimmige Miene des Jägers. Er rührte sich nicht und atmete flach, als die Nachtwandler ihn von oben bis unten musterten. Als die Vorstellungsrunde vorbei war und es sich jeder am Tisch bequem gemacht hatte, wandte ich mich wieder Stefan zu. „Wie viele sind gekommen?" „Fast vierzig Nachtwandler, und Jabari hat noch mehr versprochen. Außerdem sind noch über dreißig menschliche Leibwächter gekommen." „Großartig. Kanonenfutter", grummelte ich, aber Stefan blieb von dieser Vorstellung völlig ungerührt. Was scherte ihn das? Menschen waren schließlich leicht zu ersetzen.
„Wir müssen noch heute Nacht die Herberge Zur Zuflucht erreichen", sagte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. „Sobald morgen die Sonne untergeht, müssen wir den Berg hinauf. Ich weiß nicht, wann sie mit dem Opfer beginnen, aber je schneller wir die Naturi auf dem Berg ausschalten, desto besser." „Ein paar von uns können fliegen", piepste Bertha. Sie beugte sich eifrig vor und legte die verschränkten Hände vor sich auf den Tisch. „Wie viele?" „Zehn." „Damit würden heute Nacht aber nur wenige in der Herberge ankommen", warf Danaus mit grimmigem Kopfschütteln ein. „Können wir es riskieren, tagsüber zu reisen? Sie wissen, dass wir hier sind."
Meine Finger spielten nervös mit Messer und Gabel, die in eine Papierserviette gewickelt worden waren, als ich mich gesetzt hatte. Ich wickelte die Serviette ab und stupste das Messer nachdenklich mit der Fingerspitze an. „Eine Reise bei Tageslicht ist viel zu riskant", sagte ich
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