Jägerin der Nacht - Der Anfang (Ein Patricia Vanhelsing Roman) (German Edition)
mich immer wieder von einer Seite zur anderen gewälzt, ohne wirklich den Frieden des Schlafs zu finden.
Als ich in der Redaktion eintraf, wurde ich sofort in das Büro von Michael T. Swann bestellt.
Jim hatte dort bereits in einem der breiten Ledersessel platzgenommen. Ich schloß die Tür hinter mir.
"Nehmen Sie Platz", hörte ich Swann sagen, der gerade in einem Manuskript herumstrich, daß er dann nach einem wütenden Ächzen in den großen Papierkorb beförderte, der unter dem Schreibtisch stand.
Swann erhob sich.
Sein Schreibtisch war völlig überladen. Stapel von Manuskripten, Aktenordnern und Papieren schichteten sich dort zu riesigen, stets einsturzgefährdeten Gebirgen auf. Immer wenn Swann eine etwas heftigere Bewegung machte, hatte man den Eindruck, daß einer dieser Türme allein schon durch den dadurch entstehenden Luftzug einstürzen müßte.
Erstaunlicherweise geschah das nie.
Jedenfalls hatte ich es in meiner Zeit bei der NEWS noch nie erlebt und ich wußte von Kollegen, die schon weitaus länger auf diesen Augenblick warteten.
Jim spielte etwas desinteressiert an der Kamera herum, die er um den Hals trug.
Nachdem Swann ihm einen strengen Blick zugeworfen hatte, erstarrte Jim mitten in der Bewegung. Der Fotograph zuckte mit den Schultern.
Swann musterte mich.
"Ich will gleich zur Sache kommen, Patti. Es hat in der Nacht einen weiteren Todesfall gegeben... Ein Anwohner hat die Szene beobachtet."
Ein kalter Schauder ergriff mich. Die Müdigkeit, die mich gerade noch fest im Griff gehabt hatte, war wie weggeblasen.
"Wieder der Leichenwagen?" fragte ich.
In Wahrheit wußte ich es - durch meine Gabe. Jedenfalls hatte ich das Gefühl, absolut sicher zu sein.
Und ich ahnte noch etwas anderes...
Etwas, das noch viel furchtbarer war!
"Ja", sagte Mr. Swann und studierte dabei eingehend mein Gesicht. Ich erwiderte seinen Blick. "Ein Anwohner hat den Wagen gesehen und der Polizei eine sehr gute Beschreibung geliefert. Sie deckt sich mit der, die es von dem Wagen am Trafalgar Square gibt. Inzwischen hat Scotland Yard auch eine Art Phantombild dieses Geisterwagens anfertigen lassen..."
Swann drehte sich herum und hatte das Bild mit einem sicheren Griff von seinem Schreibtisch gefischt. Er reichte es mir.
Ja, das ist er! ging es mir schaudernd durch den Kopf. Ich hatte ihn bereits gesehen. Zweimal, vor meinem inneren Auge.
Ihn jetzt auf Papier gebannt vor mir zu haben, war ein seltsames Gefühl. Gedanken wirbelten in mir wild durcheinander.
Dein Traum...
Letzte Nacht...
Es war alles so verwirrend...
Michael T. Swann sagte indessen: "Das Ganze ist in der Mildoon-Street passiert. Einen Stadtplan besitzen Sie ja, also werden Sie hinkommen. Ich glaube nicht, daß es Sinn hat, jetzt schon bei Scotland Yard aufzutauchen. Die scheinen mir momentan sehr gereizt zu sein!"
"Mißerfolg ist halt kein sanftes Ruhekissen!" mischte sich jetzt Jim Field ein.
"Sie sagen es, Jim!"
"Was schlagen Sie also vor, Mr. Swann?" wandte ich mich an den Chefredakteur.
"Sprechen Sie mit dem Augenzeugen. Ich habe Ihnen die Adresse aufgeschrieben und Sie beide auch schon mal gewisser-maßen angemeldet. Der Mann heißt Tomkins und ist bereit, Ihnen Auskunft zu geben...
"Okay", murmelte ich.
"Wer ist denn das Opfer?" fragte Jim.
"Eine junge Frau", erklärte Swann. "Noch nicht identifiziert."
*
"Kein gutes Gefühl, daß da so ein Wahnsinniger durch die Straßen Londons fährt...", meinte Jim, kurz bevor wir die Mildoon-Street erreichten.
Ich erwiderte nichts.
Zu sehr war ich von dem gefangen, was ich sah...
Nebel kroch durch die enge Gasse. Ein dunkler grauer Tag, an dem die Wolken beinahe den Boden zu berühren schienen.
Ein trostloser Tag.
Ich blickte die lange Reihe der alten Häuser entlang. Mit wachsendem Entsetzen registrierte ich die bröckelnden Fugen...
Das Moos, das sich in sie hineingesetzt hatte und bizarre Muster bildete, die entfernt an eine alte Inschrift erinnerten...
Dies ist der Ort! durchzuckte es mich.
Es gab keinerlei Zweifel. Dies war jener Ort, von dem ich in der vergangenen Nacht geträumt hatte.
Ich schluckte.
Mir war, als ob eine kalte Hand sich auf meine Schulter legen würde. Ich fuhr den Wagen an den Straßenrand und atmete tief durch.
Jim beobachtete mich skeptisch.
"Scheint, als wärst du nicht ganz fit!" meinte er.
"Danke der Nachfrage", erwiderte ich mit einem matten Lächeln. "Es geht mir gut. War halt ein bißchen spät gestern abend."
"Mit wem hast du denn den
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