Jägerin der Nacht: Firestarter (German Edition)
diesem Moment an mich drückte, und auch Nates Monolog über Tod und Verzweiflung versuchte ich, so gut es ging, zu ignorieren, aber mir war nicht viel Glück beschieden. Heute Abend hatte Mira es immer wieder darauf angelegt, mich zu berühren und mir nahe zu sein. Als die Nachtwandler uns umzingelt hatten, hatte ich es noch für ein Zeichen dafür gehalten, dass ich zu ihr gehörte und mir nichts geschehen sollte. Jetzt aber, in einer dunklen Kutsche inmitten von menschlichen Touristen auf dem Weg durch die Altstadt, fiel mir kein Grund ein, warum sie mich berühren sollte. Und doch brachte ich es nicht über mich, sie abzuweisen. Stattdessen ließ ich mich noch tiefer in den Sitz sinken und spürte, wie sich auch in meinen Schultern etwas von der Anspannung löste. Einen kurzen Moment lang waren wir einmal nicht auf der Flucht, kauerten uns in ein Versteck oder mussten um unser Leben kämpfen. Wir waren nur zwei Teilnehmer einer Geistertour durch Savannah. Ich hatte schon fast vergessen, wie es sich anfühlte, wenn man etwas Normales und Alltägliches tat.
Es war mehr als sieben Jahrzehnte her, dass ich eine Frau auf diese Weise berührt hatte. Damals war ich seit über einer Woche auf Vampirjagd in Paris gewesen, bis es mir endlich gelungen war, den stärksten von ihnen zur Strecke zu bringen. Die Verbliebenen waren, soweit ich das beurteilen konnte, aus der Stadt geflohen, und auch ich wollte bald abreisen. Und doch gönnte ich mir noch einen letzten Abend in der Stadt der Lichter und streifte durch die verschlungenen Gassen, vorbei an den belebten Restaurants und Cafés. Vor dem Eingang einer Bar blieb ich stehen und sah plötzlich, wie mich eine Frau mit einer Zigarette zwischen den Lippen anlächelte. Ihr Name war Cherise, und sie hatte grüne Augen.
Wir sprachen über nichts Bestimmtes und lachten und küssten uns bei einer Flasche billigem Wein. Schlenderten Arm in Arm die regennassen Straßen hinab. Und dann wurden wir von vier Nachtwandlern überfallen. Cherise hatte mich so sehr abgelenkt, dass ich die Umgebung nicht mehr genügend im Auge hatte. Sie töteten sie auf der Stelle. Ihr Blut klebte an meinen Händen, und die Vampire entkamen gerade noch vor Sonnenaufgang.
Die Zeit hatte eine gähnende, einsame Leere in meiner Brust hinterlassen, und die grünen Augen und das geheimnisvolle Lächeln suchten mich in Gedanken manchmal noch immer heim. Seit Cherise hatte es keine andere Frau mehr gegeben und vor ihr zu wenige. Ich konnte sie einfach nicht beschützen. Sie waren nur zarte Blumen, die früher oder später doch unter dem Absatz der Welt, in der ich lebte, zermalmt werden mussten. Endlose Jahre des Kampfes, und mir war nichts geblieben als die Erinnerung an ein Paar grüner Augen.
Mira rutschte neben mir nach vorne und beugte sich über meine Brust, um einen Blick aus dem Fenster zu werfen, als wir an einem alten Hotel vorbeikamen. Sie drückte mir den Arm und sah mich erneut mit einem aufgeregten Lächeln an. Die Frau, die hier neben mir saß, war keineswegs zerbrechlich oder schwach. Sie war stark, eine einflussreiche Kraft in unserer Welt. Und obwohl ich Befehl hatte, sie zu beschützen, hatte Mira mich immer wieder gerettet.
Nachdem wir an ein paar alten Hotels und einigen in der Gegend berühmten Häusern vorbeigefahren waren, kamen wir zu einem zweistöckigen Gebäude in gedecktem Orange mit Palmen davor und einer Ziegelmauer rundherum. Das war das berüchtigte Sorrel-Weed-Haus, angeblich eines der am meisten von Geistern heimgesuchten Gebäude in ganz Savannah. Die Gäste standen eilig auf und schlossen sich der kurzen Führung durch die wichtigsten Zimmer an. Wir warteten, bis alle anderen ausgestiegen waren, bevor wir die Kutsche verließen.
Nate legte den Spaten auf den Boden, den er während der Fahrt in der Hand gehalten hatte, lehnte sich an einen Baum und vergrub die Hände in den Taschen.
»Also, wie gefällt dir die Fahrt?«, fragte Nate, als ich auf den Gehweg trat. »Ganz schön kitschig, oder?«
»Ist ganz interessant«, sagte ich gedehnt, was ihm ein Lächeln entlockte.
»Sie gehört zu den beliebtesten Touren der Stadt, weil man nur mit uns ins Sorrel-Weed kommt«, sagte er stolz. »Außerdem macht es ja auch Spaß, nicht? So zu tun, als könnte da was Wahres dran sein.«
»Du glaubst gar nicht an Geister?«, fragte ich. Mira schnaubte hinter mir.
»Nein, ich glaube schon dran«, sagte Nate mit einem verschlagenen Grinsen.
»Nate kann sie sehen und mit ihnen
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