Jägerin der Nacht: Firestarter (German Edition)
Kerzen gingen aus, und der Keller war wieder stockdunkel.
»Ach, sieh mal an, da ist ja noch Leben in der Leiche«, sagte LaVina, als sie die Kerzen wieder entzündete.
»Entschuldige, LaVina«, sagte ich, während ich die letzten Stufen hinunter nahm. »Mira ist schon die ganzen letzten Tage nicht ganz bei sich.«
»Leck mich am Hals, Danaus«, sagte Mira und regte sich nun doch schwach in meinen Armen.
»Leg die Blutsaugerin einfach da drüben auf den Boden!«, befahl LaVina und deutete auf die gegenüberliegende Wand, während sie sich an der Werkbank zu schaffen machte, auf der ein Sammelsurium merkwürdiger Dinge herumstand.
Ich setzte Mira ab und lehnte sie mit dem Rücken gegen die Betonwand, sodass sie LaVina dabei zusehen konnte, wie sie ihre Ausrüstung zusammensammelte. Während Lily sich auf die Treppe setzte und offensichtlich keinen Fuß in den winzigen, engen Keller setzten wollte, wich ich nicht von Miras Seite. Es gab keine Fenster, und die Wände waren mit allerlei Symbolen übersät, von denen ich kein einziges erkannte. Die modrige Luft roch drückend nach Schmutz, welken Blumen und einem Hauch von Räucherstäbchen. Ganz schwach erahnte ich auch getrocknetes Blut. In diesem kleinen, abgeschotteten Refugium vor der modernen Welt waren eindeutig Lebewesen geopfert worden.
LaVina summte bei sich eine unbestimmte Melodie, während sie ein Räucherstäbchen entzündete, Fläschchen mit geheimnisvollen Flüssigkeiten aus dem Regal zog und Pflanzenteile zusammensammelte. Sie sperrte die Tür eines uralten hölzernen Käfigs auf, stieß mit der Hand hinein und förderte einen kleinen Vogel zutage. Mit einer Schnelligkeit und Geschicklichkeit, die jahrelange Übung verriet, nahm sie ein Messerchen vom Tisch und schlug dem Tier den Kopf ab, bevor es auch nur ›Piep‹ sagen konnte. Rasch warf ich Lily einen Blick zu und bemerkte zu meiner großen Erleichterung, dass sie mich und Mira anblickte und nicht die Hexe. Sie hatte schon genug Tod und Gewalt mit ansehen müssen.
So langsam hatte ich den Eindruck, dass es ein schwerer Fehler gewesen war, sie hierher mitzubringen. LaVina war mehr als exzentrisch. Bei unserer letzten Begegnung hatte sie nackt inmitten eines Feuerkreises im Garten hinter ihrem Haus gestanden, den Körper mit dem Blut eines toten Hundes beschmiert, und von den Geistern der Toten einen Hinweis erbeten, wo ich die Feuermacherin suchen sollte. Ihre Methoden mochten zwar etwas merkwürdig sein, aber in der folgenden Nacht hatte ich Mira tatsächlich aufgespürt, und das war der Beginn unserer gemeinsamen Reise gewesen.
»Guter Boden«, murmelte Mira plötzlich in die Stille hinein, in der zuvor nur LaVinas leises Summen zu hören gewesen war. Als ich sie ansah, bemerkte ich, dass die Nachtwandlerin mit der rechten Hand Furchen in den nackten Boden grub. Sie hob eine Handvoll auf und ließ sie durch die gespreizten Finger rieseln. Dann hob sie ruckartig den Kopf und starrte LaVina an, als sähe sie sie jetzt zum ersten Mal richtig. »Diese Erde stammt nicht aus Savannah«, erklärte sie. »Ist das peruanische?«
LaVina kam langsam auf die Nachtwandlerin zu und hob überrascht die Augenbrauen. Die Finger waren rot verschmiert.
»Nahe dran«, antwortete sie leise. »Etwas von dieser Erde stammt aus dem Heiligen Tal in Peru. Dazu etwas aus dem Schwarzwald in Deutschland und den Blauen Bergen von Jamaika. Starke Erde für starke Zauber. Aber es überrascht mich, dass du eine Ader für solche Dinge hast.«
Mira zuckte die Achseln, als sie die letzten Erdkrumen fallen ließ. »Wie gesagt, das ist guter Boden. Ich habe schon mal in peruanischer Erde geschlafen.«
»Trotzdem«, beharrte LaVina, während sie vorsichtig näher kam. »Keine Nachtwandlerin sollte so etwas spüren können. Bei der Wiedergeburt verlieren Nachtwandler immer die Verbindung zur Erde.«
»Tja, na ja, dann bin ich wohl was Besonderes«, sagte Mira und verzog die Lippen, sodass kurz ihre Eckzähne aufblitzten. Ihre Stimme triefte förmlich vor Sarkasmus.
Zu meiner Überraschung kniete sich LaVina neben Mira auf den Boden und fasste die Nachtwandlerin mit zwei Fingern am Kinn. Sie zwang Mira, den Kopf zu heben, und sah ihr in die violetten Augen. Dann schnalzte sie erneut mit der Zunge. »Du, mein Kind, hättest nie als Nachtwandlerin wiedergeboren werden dürfen.«
»Was du nicht sagst«, erwiderte Mira höhnisch und versuchte, den Kopf abzuwenden, doch LaVina riss sie unbarmherzig zurück.
»Großes war dir
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