Jägerin der Nacht: Firestarter (German Edition)
Abigails linken Arm. Sie drehte ihn um und untersuchte die Armbeuge. Dann griff sie über den Körper hinweg nach dem rechten Arm und inspizierte auch dessen Innenseite. »Da«, sagte sie und strich mit dem Daumen über ein paar verblasste weiße Narben. Vampirbisse.
»Ich dachte immer, ihr habt es mehr mit dem Hals«, sagte ich.
»Ihr Besitzer bestimmt. Da sehen wir als Erstes nach, um festzustellen, ob ein Mensch schon vergeben ist«, sagte Mira, legte den Arm wieder hin und widmete sich wieder dem unversehrten Teil des Halses. »An ihr muss sich mal jemand außer ihrem Besitzer bedient haben. Hier sind noch mehr Abdrücke.«
Ich ging um den Tisch herum, sodass ich den Hals des Mädchens besser erkennen konnte. Dort befanden sich tatsächlich weitere Bissspuren. Im Gegensatz zu denen am Arm sahen sie aus, als wären sie höchstens ein, zwei Wochen alt. »Das heißt, sie wurde vielleicht vor einem Monat am Arm gebissen, dann hat sie ihr Besitzer vor ungefähr einer Woche noch mal gebissen. Zwei Vampire, die sich um ein Stück Fleisch streiten. Und einer entschließt sich, sie umzubringen, damit der andere sie nicht haben kann?«
»Da ist sicher was Wahres dran. Die Wunde am Hals ist höchstens zwei Wochen alt und stammt wahrscheinlich von ihrem Besitzer, aber die Wunde am Arm ist nicht älter als ein paar Nächte«, erklärte Mira. Sie drehte den Arm des Mädchens ins Licht, sodass ich die beiden Abdrücke der Vampirzähne deutlich erkennen konnte. »Der Nachtwandler hat versucht, die Löcher zu versiegeln, hat es aber nicht zu Ende gebracht oder einfach geschlampt. Die Wunde hat sich geschlossen, aber die Blutergüsse sind immer noch da. Bei einer Narbe, die so alt aussieht, dürften eigentlich keine blauen Flecken mehr zu erkennen sein.«
»Aber wer sind dann diese beiden Vampire?«, fragte ich.
Mira beugte sich dicht über den Arm des Mädchens. Ich sah sie nicht mal Atem holen. Dann fuhr sie fauchend zurück und ließ Abigails Arm auf den OP -Tisch fallen. »Wir müssen gehen«, sagte sie scharf, während sie schon den Tisch umrundete.
»Was?«, fragte ich verblüfft und lief ihr nach. »Wer ist es? Was hat es mit der Wunde am Hals auf sich?«
Mira stieß die Türflügel auf und eilte über den Flur zur Treppe. »Den Geruch des anderen Vampirs werde ich nie erkennen, er wird vom Geruch der Halswunde überlagert. Spielt aber auch keine Rolle. Ich weiß schon, wie ich mir die nötigen Informationen beschaffe.«
Ich folgte ihr schweigend die Treppe hinauf, bis wir durch die Hintertür auf den Parkplatz schlüpften. Alles war noch genauso, wie wir es zurückgelassen hatten. Miras BMW parkte schwarz und glänzend neben dem weißen Lexus unter der einsamen Laterne, die den Parkplatz beleuchtete. Der Chevy Nova duckte sich in einer entfernten Ecke und gab sich alle Mühe, übersehen zu werden.
Sobald ihre Füße den Asphalt des Parkplatzes berührten, breitete sich von Mira explosionsartig eine Kraftwelle aus. Die Flutwelle toste von ihrem Körper ausgehend über die ganze Stadt. Ich geriet unter dem plötzlichen Ansturm ins Wanken. Sie suchte die Stadt nach ihrer Beute ab. Und ich war mir ganz sicher, dass der Schuldige, wer immer er sein mochte, jetzt genau wusste, was ihn erwartete.
14
Die Nachtwandlerin zitterte förmlich vor Wut, während sie das Steuerrad durch die Hände gleiten ließ. Mira hatte kein Wort gesagt, als wären ihre Zähne dafür zu fest zusammengebissen. Die Luft im Auto hatte sich so sehr abgekühlt, dass ich halb erwartete, Atemwölkchen zu sehen, wenn ich seufzte. Doch es war nicht die Art von Kälte, die sich durch einen Schwall warmer Luft aus der Klimaanlage vertreiben ließ. Sie hatte eine Mauer um ihre Gedanken errichtet und sperrte mich damit aus. Aber man musste auch kein Gedankenleser sein, um zu wissen, dass sie Abigail Bradfords Mörder Feuer unter dem Hintern machen würde, und zwar wortwörtlich.
Wir hatten die historische Altstadt erreicht und hielten bald an einem verlassenen Platz in der Nähe des Stadtrands. Ich hatte erwartet, dass wir zur Partymeile rund um die River Street zurückkehren würden, wo sich die meisten Nachtwandler herumtrieben, um Beute zu machen. Mira lenkte den schicken schwarzen BMW in eine freie Parklücke am Straßenrand und war schon ausgestiegen, bevor der Motor ganz verstummt war.
In der entfernten Ecke des Platzes stand ein verschnörkelter Pavillon. Er war aus Stein erbaut und verströmte mit seinen eigenwilligen Kunstschmiedearbeiten den
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