Jägerin der Nacht: Firestarter (German Edition)
zeigen, dass du da bist.«
»Es tut mir leid. Mir war nicht klar, dass du einen Babysitter brauchst«, sagte sie abfällig und deutete eine spöttische Verbeugung an. »Du hast mehr als ein Jahrhundert kommen und gehen sehen. Da brauchst du sicher nicht mich, damit ich dir die ganze Zeit Händchen halte.«
Nur ein leises Grollen in seiner Kehle warnte Mira. Der junge Vampir stürzte sich auf sie und warf sie auf den Rücken. Er packte sie fest an den Schultern und setzte sich rittlings auf ihre schmalen Hüften. Das schulterlange Haar fiel ihm wie ein Vorhang vors Gesicht, sodass ich nicht erkennen konnte, ob er seiner Herrin die Zähne zeigte. Reflexartig trat ich einen Schritt vor, während ich überlegte, wie ich die beiden trennen konnte, ohne die Kehle herausgerissen zu bekommen.
»Halt dich da raus, Jäger«, sagte Mira ächzend und schubste Tristan beiseite. Der junge Vampir kam blitzartig wieder auf die Füße, blieb aber geduckt hocken und erwartete den Angriff seiner Herrin. Mira saß immer noch am Boden, hatte aber die Füße unter den Körper gezogen, sodass sie, wenn es sein musste, aufspringen konnte.
»Ich brauche kein Kindermädchen, darum geht es doch gar nicht«, erklärte Tristan. Er hatte die Fäuste so fest geballt, dass sie zitterten. »Du erinnerst dich doch bestimmt noch daran, dass Sadira mir mehr als genug Einschränkungen auferlegt hat. Es geht um Mitgefühl. Darum, in der Dunkelheit eine vertraute Stimme zu hören.«
»Und als ich nicht zur Verfügung stand, hast du dich auf ein Mädchen gestürzt, das uns das Leben zur Hölle machen kann? Du kennst die Regeln. Kein Umgang mit Menschen, die nicht spurlos verschwinden können«, hielt ihm Mira entgegen, aber ich spürte, wie ihr Zorn verebbte, als die Anspannung in ihren Schultern nachließ.
»Das Mädchen hat mir nichts bedeutet. Sie war nur eine Mahlzeit. Sie gehörte jemand anders und wurde mir als Geste der Gastfreundschaft angeboten.« Tristan richtete sich auf und fuhr sich mit beiden Händen aufgebracht durchs Haar.
Auch Mira stand auf und stieß einen leisen Seufzer aus. »Ich weiß nicht, ob ich das für dich sein kann, wonach du dich sehnst, Tristan«, flüsterte sie. »Ich bin deine Beschützerin. Mehr nicht.«
»Diese Familie mag nur aus uns vier bestehen, trotzdem sind wir eine Familie. Du suchst weder nach Halt noch gibst du ihn mir, dabei haben wir ihn beide so sehr nötig. Ganz besonders jetzt, da die Jäger nur darauf lauern, dass wir einen Fehler machen.« Tristan hob den Blick und sah mir ins Gesicht. Mira wandte den Kopf und blickte mich ebenfalls an, wobei ihr das Haar wie ein Wasserfall über die Schulter fiel. Ich dachte schon, sie hätten vergessen, dass ich überhaupt da war, aber jetzt stand ich wieder im Zentrum des Interesses.
In völliger Dunkelheit zwei Vampiren gegenüberzustehen war nichts Neues für mich. Merkwürdig war nur, dass ich mich jetzt wie ein Außenseiter in der düsteren Welt fühlte, in der ich den größten Teil meines Lebens zu Hause gewesen war. Ich war das Ungeheuer, das in ihre Domäne eingedrungen war. Das Gefühl behagte mir nicht. Als ich die Faust ballte, bemerkte ich, dass ich immer noch meinen Dolch in der Hand hielt. Meine Augen fielen auf die Silberklinge, die im Schein der fernen Laternen blinkte. Und vielleicht war ich tatsächlich das einzige gefährliche Wesen in diesem kleinen, runden Gebäude. Keiner von beiden hatte mich angegriffen oder war mir auch nur zu nahe gekommen, und doch stand ich hier mit gezückter Waffe und war bereit, mich beim kleinsten Mucks auf sie zu stürzen.
Mira ging auf Tristan zu, schlang ihm die Arme um die Schultern und zog ihn sanft an ihre Brust. »Nein«, murmelte sie kopfschüttelnd. Sie fuhr ihm mit der Linken übers Gesicht und streichelte mit dem Daumen die Wange, bis sein Blick wieder von mir zu ihr wanderte.
»Aber er ist ein Jäger«, entgegnete Tristan. Ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen, aber es klang eher wie eine Frage als wie eine Feststellung. Wahrscheinlich hatte Mira ihm telepathisch etwas mitgeteilt, das ich nicht mithören konnte.
Sie beugte sich vor und drückte ihm einen sanften Kuss auf die Schläfe. »Immer.« Das Wort war kaum ein Flüstern, mehr ein Hauch. Sie sah wieder zu mir und maß mich kühl mit ihren leuchtend violetten Augen. In diesem Moment hatte ich nicht länger das Gefühl, dass sie mich als Feind betrachtete. Wie sie vorhin bereits festgestellt hatte, war ich in ihren Augen einer von
Weitere Kostenlose Bücher