Jägerin des Herzens
sie ganz falsch ein. Lily ist aufrichtig in allem, was sie sagt und tut. Ihr seht sie vollkommen falsch.«
»Nein, Ihr seht sie falsch. Und Ihr irrt Euch auch in mir, Stamford, wenn Ihr glaubt Ihr hättet mich mit dieser albernen kleinen Szene, die Ihr und Miss Lawson inszeniert habt täuschen können.«
»Was? Ich verstehe nicht …«
»Ihr liebt Lily nicht«, sagte Alex spöttisch. »Wie könntet Ihr auch? Oh, Ihr habt sie bestimmt gern, aber Ihr habt auch Angst vor ihr.«
»Angst?« Zachary wurde rot. »Vor einer Frau, die nur halb so groß ist wie ich?«
»Lasst uns offen miteinander reden, Stamford. Ihr seid ein Gentleman reinsten Wassers. Ihr seid unfähig, jemandem wehzutun, es sei denn, Ihr müsst Eure Prinzipien verteidigen. Lily dagegen würde alles tun, um das zu erreichen, was sie will. Alles. Sie hat keine Prinzipien, und sie respektiert sie auch nicht bei anderen. Ihr wärt ein Narr, wenn Ihr keine Angst vor ihr hättet. In der einen Minute seid Ihr Lilys Freund, in der nächsten ihr Faustpfand. Glaubt nicht dass ich Euch beleidigen will. Ich empfinde eine gewisse Sympathie für Euch.«
»Eure Sympathie ist mir egal!«, sprudelte Zachary hervor.
»Penelope dagegen ist eine Frau, von der jeder Mann träumt. Ein Mädchen mit dem Aussehen und dem Verhalten eines Engels. Ihr gebt ja offen zu, dass Ihr sie früher einmal geliebt habt …«
»Früher einmal, aber jetzt nicht mehr!«
»Ihr lügt nicht besonders gut Stamford.« Alex drückte seine Zigarre aus und lächelte grausam. »Vergesst Penelope.
Nichts wird diese Heirat aufhalten. Ich rate Euch, die ersten Bälle der Saison zu besuchen – dort könnt Ihr unter Dutzenden von Mädchen wie ihr wählen. Hübsche, unschuldige Dinger, die nur darauf warten, die Welt und ihre Verlockungen kennen zu lernen. Eine von ihnen wird ausreichen für das, was Ihr wollt.«
Zachary schoss aus seinem Sessel hoch. Er sah so aus, als wüsste er nicht ob er Alex anflehen oder zum Duell fordern sollte. »Lily hat einmal etwas ganz Ähnliches zu mir gesagt. Offensichtlich kann keiner von Euch beiden verstehen, was ich in Penelope sehe. Sie mag nicht besonders viel Mut besitzen, aber sie ist ganz sicher keine nichtssagende Puppe! Ihr seid ein selbstsüchtiger Schuft, Raiford! Für das, was Ihr gerade gesagt habt sollte ich Euch …«
»Zachary«, unterbrach ihn Lilys Stimme. Sie stand in der Tür und sah ruhig und entschlossen aus. Auch sie wirkte erschöpft, und sie hatte ebenso tiefe Ringe unter den Augen wie Alex. »Hör auf«, sagte sie mit schwachem Lächeln zu Zachary. »Du musst jetzt gehen. Ich kümmere mich um alles.«
»Ich kämpfte meine eigenen Schlachten …«
»Diese nicht mein Lieber.« Lily wies mit dem Kopf zur Tür. »Hör auf mich, Zach.
Du musst jetzt gehen. Sofort!«
Zachary trat zu ihr, stellte sich mit dem Rücken zu Alex vor sie und ergriff ihre Hände. Eindringlich blickte er ihr ins Gesicht.
»Der Plan ist fehlgeschlagen«, murmelte er. »Ich muss mich ihm stellen, Lily. Ich muss dies zu Ende bringen.«
»Nein.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und schlang ihm die Arme um die Schultern. Eine Hand lag auf seinem Nacken. »Vertrau mir«, flüsterte sie ihm ins Ohr. »Ich schwöre dir bei meinem Leben, dass du Penelope bekommst. Aber du musst das tun, was ich dir sage, Liebling. Geh nach Hause. Ich kümmere mich um alles.«
»Wie kannst du das sagen?«, flüsterte er erstaunt. »Wie kannst du so ein Selbstvertrauen an den Tag legen? Wir haben verloren, Lily, wir haben völlig …«
»Vertrau mir«, wiederholte sie und trat einen Schritt zurück.
Zachary drehte sich zu Alex um, der auf seinem Sessel lag wie ein trunkener König auf seinem Thron. »Wie könnt Ihr Euch nur selbst ertragen?«, brach es aus ihm hervor. »Ist es Euch denn völlig gleichgültig, dass die Frau, die Ihr heiraten wollt jemand anderen liebt?«
Alex lächelte spöttisch. »Ihr tut so, als hätte ich ihr die Pistole an den Kopf gesetzt. Penelope hat meinen Antrag aus freiem Willen angenommen.«
»Nichts daran war freier Wille! Sie hatte überhaupt keine andere Wahl! Alles war ohne ihr Zutun, arrangiert …«
»Zachary!«, unterbrach ihn Lily.
Zachary murmelte einen Fluch und sah sie an. Dann drehte er sich auf dem Absatz um und ging aus dem Zimmer.
Kurz darauf hörte man die Hufe seines Pferdes auf der Auffahrt.
Sie waren alleine. Alex blickte Lily an. Mit grimmiger Befriedigung stellte er fest dass sie genauso erschöpft aussah wie er. Das
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