Jägerin des Herzens
Vorwurf, die Schuld liegt alleine bei mir! Oh, mein Gott mein Gott …«
Erschreckt blickte Alex sie an. »Lady Totty …« Er suchte in seinen Taschen nach einem Taschentuch. Henry zuckte hilflos mit den Schultern.
»Soll ich ihr ein Glas Wasser holen?«, fragte er leise.
»Tee«, schluchzte Totty. »Starken Tee mit einem Schuss Milch. Und einem Hauch Zucker. Nur ein Hauch, bitte.« Henry eilte davon, und Totty fuhr schluchzend fort: »Oh, was soll ich nur tun? …
Ich drehe durch! Wie soll ich nur erklären …«
»Ihr braucht mir nichts zu erklären.« Alex hatte endlich ein Taschentuch gefunden und hielt es ihr hin. In einem ungeschickten Versuch, sie zu trösten, tätschelte er ihr beruhigend den Rücken. »Ich weiß, was geschehen ist.
Penelope und Zachary sind durchgebrannt. Ihr braucht nicht die Schuld auf Euch zu nehmen, Lady Totty. Regt Euch nicht auf!«
»Als ich die Nachricht fand und George aufforderte, hinter ihnen herzufahren, waren sie schon lange weg.« Totty putzte sich geräuschvoll die Nase. »Aber er versucht immer noch, sie zu finden. Vielleicht ist es ja noch nicht zu spät …«
»Nein.« Alex lächelte milde. »Penelope war viel zu gut für mich. Ich versichere Euch, Lord Stamford wird sich als der bessere Ehemann erweisen.«
»Das finde ich überhaupt nicht«, erwiderte Totty unglücklich. »Oh, Lord Raiford, wenn Ihr doch gestem Abend nur hier gewesen wärt. Ich fürchte, Eure Abwesenheit hat sie in diesem schrecklichen Wahnsinn nur bestärkt.« Ihre runden blauen Augen schwammen in Tränen.
»Ich war … unaufschiebbar verhindert«, erwiderte Alex und rieb sich kläglich den Kopf.
»Das ist alles nur Wilhelminas Schuld«, giftete Totty.
Er musterte sie fragend. »Warum?«
»Wenn sie nicht hierhergekommen und ihnen diese Ideen eingeredet hätte …«
Alex musste unwillkürlich lächeln. »Ich glaube, die Ideen waren bereits vorhanden«, sagte er sanft. »Wenn wir unsere Emotionen beiseitelassen, Lady Totty, müssen wir zugeben, dass Penelope und Viscount Stamford ein ideales Paar sind.«
»Aber Zachary ist nichts im Vergleich zu Euch!«, brach es aus Totty hervor. »Und jetzt … und jetzt werdet Ihr nicht mehr unser Schwiegersohn sein!«
»Offensichtlich nicht.«
»O mein Gott«, seufzte Totty niedergeschlagen. »Ich wünsche mir von ganzem Herzen … wenn ich doch nur eine dritte Tochter hätte, die ich Euch anbieten könnte!«
Alex blickte sie verständnislos an. Dann entrang sich ihm ein seltsames, würgendes Geräusch. Totty, die befürchtete, er erlitte einen epileptischen Anfall, sah entsetzt zu, wie er auf die Treppenstufen niedersank und mit beiden Händen seinen Kopf umfasste. Sein ganzer Körper erbebte, und sein Atem kam stoßweise. Schließlich merkte sie, dass er lachte. Lachte! Ihr blieb der Mund offen stehen. »Mylord?«
»Gott!« Alex konnte fast nicht sprechen. »Eine dritte. Nein. Zwei sind völlig ausreichend. Du meine Güte, Lily zählt für zehn!«
Totty sah ihn mit wachsendem Entsetzen an, als ob sie dächte, der Lauf der Ereignisse habe ihn um den Verstand gebracht. »Lord Raiford«, sagte sie mit schwacher Stimme, »ich denke nicht dass Euch jemand einen Vorwurf machen könnte, wenn Ihr Euch … wenn Ihr Euch vergesst. Ich glaube jedoch, ich nehme meinen Tee lieber im Salon … damit Ihr ein wenig allein sein könnt.« Eilig watschelte sie davon.
»Danke«, brachte Alex mit Mühe hervor. Um Fassung ringend holte er ein paar Mal tief Luft, bis er wieder ruhig war. Aber das breite Lächeln verschwand mit aus seinem Gesicht. Er überlegte, ob es ihm gut ginge. O ja In ihm war ein Gefühl der Leichtigkeit, eine strahlende Freude, die er nicht beschreiben konnte. Er fühlte sich ein wenig aufgeregt ruhelos, wie ein Schuljunge in den Ferien. Das Gefühl verlangte nach Taten.
Er war Penelope los. Es war mehr als nur eine Erleichterung, es war eine Befreiung.
Er hatte gar nicht gemerkt, wie sehr ihn die Verlobung belastet hatte. jetzt war die Last die auf ihm gelegen hatte, verschwunden. Er war frei. Und Penelope war glücklich und lag in diesem Moment wahrscheinlich in den Armen des Mannes, den sie liebte. Lily dagegen wusste gar nicht was sie in Bewegung gesetzt hatte. Alex freute sich schon auf ihre nächste Begegnung. Er war noch nicht fertig mit Lily – oh, er hatte noch nicht einmal richtig angefangen!
»Alex?« Henry stand vor ihm und blickte ihn prüfend an. »Sie bringen gleich den Tee aus der Küche.«
»Lady Totty ist im
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