Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin
Vorderpfoten sich in ihren Rucksack krallten. Und mit einem Ruck wurde sie hochgehoben.
Ein Quieken kam aus ihrer Kehle.
Sie wurde fallen gelassen.
Unsanft fiel sie auf den Boden und schürfte sich die Knie und Hände auf.
Che-Nupet stupste sie an, und in ihren Augen stand eine Warnung.
Okay, Schweigen!
Noch einmal sprach die Katze mit dem Sphinx, der offensichtlich unwillig war. Wenn sie nur wüsste, was zwischen den beiden verhandelt wurde. Was hatte Che-Nupet dem Löwenmenschen versprochen dafür, dass sie das Heldenwasser holen durfte?
»Musst du vertrauen«, flüsterte es in ihren Gedanken.
Oh Mann, vertrauen. Und schweigen.
Oh Mann!!!
Und wieder krallte der Sphinx in ihren Rucksack. Dann schwebte sie in die Höhe. Und sie wusste, was Panikstarre bedeutete.
Nefer kaute an seiner Pfote. Die Zeit in den Grauen Wäldern dehnte sich anders als in Trefélin oder der Menschenwelt. Es fehlten Sonne und Mond, die die Zeichen setzten.
Wie lange war Finn nun schon in seinen Horrorvisionen? Wie lange würde er noch durchhalten können?
Die Wunden waren verschwunden, aber nun rieselte Blut aus seinen Ohren.
Sachte leckte er ihm über das Gesicht. Es kam keine Reaktion, nur Finns Muskeln zitterten völlig willkürlich, sein Atem ging schnell und flach.
Würde er jemals wieder aufwachen? Selbst wenn er das heilende Wasser bekäme? Und wenn, würde er je vergessen, was er hier und jetzt durchleben musste?
Wann würden Feli und Che-Nupet wiederkommen?
Es raschelte etwas zwischen den Bäumen.
Nefer fuhr auf. Bereit zum Mord.
Shepsi!
Der kicherte.
»Hat’s ihn doch erwischt, was? Schwarzes Rinnsal, was? Sind schon mehr dran krepiert!«
Nefer vergeudete nicht einen Wimpernschlag mit Vorgeplänkel. Er sprang den Kater an, alle Krallen ausgefahren. Der sprang zurück. Ein Stück Ohr blieb in Nefers Kralle hängen.
Shepsi schlug zurück, Nefer wich aus, schlug abermals zu.
Shepsis Nase blutet. Er rannte los.
Finn kreischte, seine Stimme brach.
Nefer ließ Shepsi laufen und kehrte zu ihm zurück.
»Schwarze Rattenkacke«, flüsterte er.
Was Che-Nupet vorhergesagt hatte, war jetzt eingetreten. Die Starre, aus der Finn sich nicht mehr befreien konnte. In der nur sein Geist noch lebendig war – aber der musste das vollkommene Grauen durchleben, wieder und wieder.
Er würde sterben. Langsam, qualvoll.
Oder er musste ihn töten …
Nefer zitterte nun auch.
»Finn, mein Freund«, sagte er leise. »Oh heiliger Sphinx! Mein Freund.«
Erst nach einer Weile nahm Feli die Umwelt wieder wahr.
Mächtiges Flügelrauschen war über ihr, und unter ihr brodelte eine schwarze Fläche.
Gott, der Schwarze Sumpf! Wollte der sie hineinfallen lassen? War das die Möglichkeit, Finn zu helfen?
Nein, das wollte der Sphinx nicht. Sie überquerten eine Mauer, und unter ihnen breitete sich eine felsige Fläche aus, über ihr beschien der volle Mond mit seinem silbernen Licht das Land. Verhältnismäßig sanft wurde sie abgesetzt. Sie klapperte mit den Zähnen und versuchte, ihre Gliedmaßen wieder unter Kontrolle zu bekommen. Die Riemen des Rucksacks hatten sich tief eingeschnitten, und ihre Arme wollten ihr nicht gehorchen. Die kleinen Abschürfungen und blauen Flecken würde sie locker verschmerzen, wenn sie diesen Alptraum nur endlich überstanden hatte.
Die Löwentatzen waren neben ihr. Eine stupste sie sacht an, und sie sah hoch.
Der Mann mit dem golden und türkisfarben gestreiften Kopftuch blickte sie ernst an. Ein Bild von einem Mann, durchfuhr es Feli. Ein kantiges, dunkles Gesicht, klassisch wie eine Statue, ebenmäßig, doch von machtvoller Ausstrahlung. Sie hätte ihn gerne länger angesehen, aber er wies mit der Tatze auf die Felswand vor ihnen. Fedrige Farne wuchsen dort, dazwischen kleine weiße Blüten und ein Kraut, dessen rundliche Blätter wie mit Gold bestäubt schienen. Die Felswand aber war schwarz von Nässe, und hoch oben schimmerte ein einzelner Tropfen an einem Vorsprung.
Der Sphinx wies darauf.
Die Flasche! Wasser für Finn. Heilwasser vermutlich.
Feli zwang ihre Arme, ihrem Willen zu gehorchen, und langsam, unbeholfen kramte sie die Flasche aus ihrem Rucksack und näherte sich langsam dem Felsen. Sie musste sich ein wenig recken, um an den Tropfen zu gelangen. Dann fiel er in die Öffnung.
Sie drehte sich zu dem Sphinx um. Er nickte und wies noch einmal nach oben.
Ein zweiter Tropfen begann sich zu bilden. Sehr, sehr langsam.
Viel zu langsam.
Sie wandte sich ab und schaute sich um. Das
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