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Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin

Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin

Titel: Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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als das an, was er war – einer der Ehrwürdigsten unter ihnen. Nur die ganz Unerfahrenen wussten nicht recht, warum sie ihm Respekt zu zollen hatten. Man belehrte sie ziemlich schnell. Sie selbst aber hatte gleich zu Beginn einen Fehler gemacht, das hatte sie inzwischen verstanden. Dadurch, dass sie ihre Autorität unbegründet geltend gemacht hatte, war sie zwar ungestört geblieben, aber Freunde und Verbündete hatte sie damit nicht gewonnen. Im Gegenteil, sie hatte tiefes Misstrauen bei den Katzengeborenen erzeugt, und keine unter ihnen war so ohne Weiteres bereit gewesen, ihr zu helfen. Es hatte, das erkannte sie bedingungslos an, Scaramouche einiges an Überzeugungsarbeit gekostet, die Scharade zu organisieren, mit der sie die naive Praktikantin hatten überlisten können. Bei den anderen Mitarbeitern des Heims wäre es ihnen ohnehin nicht gelungen. Die Frau war herzensgut und leicht zu beeinflussen, aber sie kam nur zweimal in der Woche zum Dienst. Den hatten sie abgepasst, und dann hatte sich auf Scaramouches Befehl hin eine schöne Perserkätzin einem Schwächeanfall hingegeben. Kaum aber hatte die Frau die Tür geöffnet, um nach ihr zu sehen, hatten sich sechs Kater Scheinkämpfe geliefert, die vornehmlich aus ohrenbetäubendem Kreischen und wüsten Drohgebärden bestanden. Die arme Praktikantin wusste nicht, was sie zuerst tun sollte, und in dem Getümmel waren Scaramouche und Bastet Merit aus der angelehnten Tür geschlüpft. Sie hatten noch etwas Verstecken mit den Tierheimmitarbeitern spielen müssen, um schließlich in den Außenbereich zu gelangen, waren über den hohen Zaun geklettert und endlich wieder in Freiheit.
    Das war vor zwei Tagen gewesen. Als sie nach draußen gekommen waren, hatte Majestät allerdings einige Orientierungsschwierigkeiten, da sie in einer Kiste vom Forsthaus zum Tierheim gebracht worden war. Auch hier war der Ehrwürdige ungemein hilfreich, da er mit den Gepflogenheiten der Menschen und Katzengeborenen weit besser vertraut war als sie. Vor allem bekam er Auskünfte von seinesgleichen. Sie hatten Gärten durchquert, ein Industriegebiet – was einfach grässlich war –, ein großes Feld mit jungem Getreide und waren schließlich an jener breiten Straße gelandet, hinter der sich das Waldgebiet erstreckte. In ihm befand sich der Dolmen, den sie erreichen musste.
    Unablässig rauschten die glühäugigen Fahrzeuge vorbei, und Majestät knurrte leise: »Als sie noch Kutschen benutzten, war es leichter.«
    »Wohl wahr«, meinte Scaramouche, und es hörte sich an wie ein Lachen. »Aber damals gab es auch noch nicht das schöne Dosenfutter.«
    »Magst du das Zeug?«
    »Manchmal. Wir können uns regelmäßiger ernähren, jetzt, wenn wir einen Dosenöffner haben.«
    »Da ist was dran.«
    »Aufgepasst, wir schaffen es bis zum Mittelstreifen!«
    Sie hetzten mit weiten Sprüngen los und erreichten den Grasstreifen zwischen den Fahrbahnen. Und schon brandete der Verkehr aufs Neue um sie herum. Hier war es sogar noch unheimlicher als am Ufer der Autobahn, fand Majestät. Hier wirbelte die Luft in unterschiedlichen Richtungen, kleine Steinchen prasselten auf sie ein, vor allem, wenn diese riesigen Brummer an ihnen vorbeizogen. Und übersichtlicher war es auch nicht geworden.
    »Es ist grauenvoll hier.« Majestät wurde von einem geradezu schmerzhaften Anfall von Heimweh nach ihrem stillen Trefélin überwältigt.
    »Geduld, Majestät, Geduld.«
    »Nicht meine Kardinaltugend.«
    Aber auch Scaramouches Schwanz peitschte unruhig hin und her.
    »Jetzt!«
    Sie rannten los.
    Majestät erreichte den Seitenstreifen.
    Ein Lastwagen donnerte vorbei.
    Der Sog erfasste den weißen Kater.
    Er wurde zur Seite gedrückt.
    Ein Fahrzeug schoss vorbei.
    Er flog über den Seitenstreifen, landete in einem Graben.
    Majestät hetzte zu ihm.
    »Scaramouche?«
    Vorsichtig schnupperte sie an seiner Nase.
    Blutgeruch.
    Dann sah sie es. Sein Leib war aufgerissen.
    Noch war ein Hauch von Leben in ihm.
    Majestät sammelte ihre Kräfte, die auch ohne das Ankh nicht unbeträchtlich waren.
    »Mouche, nimmst du mich noch wahr?«
    Seine Gedanken antworteten ihr.
    »Tommi!«
    »Ja, wenn du zurückkommst.«
    »Geh!«
    »Nein, Mouche. Ich bleibe. Du wirst nicht einsam sterben.«
    Sie setzte sich zu ihm und bürstete ihm mit der Zunge sanft das Fell zwischen seinen geschlossenen Augen.
    »Bastet.«
    »Ja, mein Freund?«
    »Botschaft. Schnell.«
    Majestät bürstete weiter. Doch ihre Gedanken rasten. Heiliger Sphinx! Doch

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