Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin
denn ihre ansonsten recht bärbeißige Tante zeigte plötzlich ein gewinnendes Lächeln.
»Danke, ja, ich bemühe mich, den Vandalismus in Grenzen zu halten.«
»Und naturnahe Forstwirtschaft zu betreiben, nicht wahr?«
»Auch das. Sie verstehen etwas davon?«
»Meine Tante organisiert Trekking- und Wandertouren, Herr Walker.«
»Und sie bildet Sie gerade aus?«
»Na ja. Ausbilden wohl nicht. Sie schleift mich durchs Unterholz.«
Nun lächelte auch der Förster.
»Haben Sie Lust, eine wirklich ungewöhnliche Beobachtung zu machen, meine Damen?«
»Aber immer doch.«
»Sie können sich vermutlich einigermaßen lautlos bewegen?«
»Versuchen wir es.«
»Dann folgen Sie mir.«
Feli bemühte sich wirklich, auf kein knackendes Ästchen zu treten, als sie den schmalen Pfad hinter den beiden herschlich. Der Förster bewegte sich wie ein lautloser Geist durch das Unterholz, und auch ihre Tante schaffte es, trotz ihrer klobigen Wanderstiefel, kaum ein Geräusch zu machen. Eine Weile marschierten sie so schweigend voran, dann tat sich eine Lichtung auf. Etliche Bäume waren hier vor ein paar Jahren bei einem Sturm entwurzelt worden, und man hatte die Stämme liegen lassen. Sie waren jetzt bemoost, und zwischen ihnen wuchsen Gras und niedrige Sträucher. Mit einem Handzeichen gab Walker ihnen zu verstehen, dass sie anhalten sollten, nahm dann das Fernglas, das an einem Riemen von seinem Hals hing, und reichte es Iris. Mit dem Finger wies er die Richtung. Sie stellte es ein und suchte die Gegend ab. Feli blinzelte in die Sonne, die inzwischen wieder strahlend hell schien und alles wie frisch gewaschen erscheinen ließ. In der angegebenen Richtung bemerkte auch sie etwas, doch genau konnte sie es nicht erkennen. Auf dem einen Baumstamm bewegte sich ein Tier.
Sie erhielt schweigend das Fernglas und schaute hindurch. Fast wäre ihr ein kleiner Juchzer entschlüpft. Ja, ein Tier war es, das sich mit geradezu unbändigem Genuss in der Sonne badete. Eine Katze, grau und braun und kaum von der Umgebung zu unterscheiden. Sie räkelte sich in der Sonne, und nun begann sie, ihren schwarzen, geringelten Schwanz zu putzen. Feli hätte gerne noch länger zugeschaut, aber der Förster tippte ihr wieder auf die Schulter und wies sie an, zurückzugehen. Diesmal brauchten sie, nachdem sie die Lichtung hinter sich gelassen hatten, nicht ganz so vorsichtig zu sein.
»Man sieht sie äußerst selten, die Waldkatzen.«
»Das sind die, von denen Sie neulich in der Schule gesprochen haben, nicht wahr?«
»Das ist der Kater. Er hat hier sein Stammrevier. Weshalb ich diese Sauereien, die Sie vorgefunden haben, überhaupt nicht schätze.«
»Aber Sie hätten nichts dagegen, wenn einige disziplinierte Gruppen Ihr Revier besuchen würden, Herr Walker?«, fragte Iris plötzlich.
»Was haben Sie im Sinn?«
»Ich bin hier gestrandet. Felis Eltern haben einen Auftrag im Ausland, und bis sie das Abitur gemacht hat, bleibe ich bei ihr. Aber ich kann nicht untätig herumsitzen.«
»Was hätten Sie denn anzubieten?«
Und Iris erzählte von ihrem Unternehmen und den Touren, die sie gewöhnlich veranstaltete.
»Darüber lässt sich reden«, meinte Walker, als sie wieder am Dolmen angekommen waren. Er nahm die Zügel seines Pferdes in die Hand. »Sie finden mich im Forsthaus, rufen Sie mich an, wir machen einen Termin aus. Aber jetzt muss ich weiter, meine Pflichten warten.«
Er schwang sich in den Sattel und ritt davon.
»Mhm!«, sagte Iris.
»Ja, interessant, nicht?«
»Ziemlich. Nun, wir werden sehen.« Und dann lächelte ihre Tante. »Meine Mutter hätte es sehr gefreut, zu wissen, dass sich hier wieder Waldkatzen angesiedelt haben.«
»Ja, das hätte Oma glücklich gemacht. Du, Iris – könnte ich nicht auch eine Katze haben?«
»Von mir aus gerne, nur was ist nächstes Jahr? Ich habe meinen Job, und du wirst irgendwo studieren. Um ein Haustier muss man sich kümmern.«
»Ja, ich weiß.« Feli war nicht uneinsichtig. »Ich muss nur manchmal an Melle denken, Iris. Sie und Oma verstanden sich so gut. Fast wie Freundinnen.«
»Ja, meine Mutter und ihre Katze. Ich hatte auch oft das Gefühl, dass sie sich mehr als andere nahestanden.«
»Meinst du, Iris, dass Oma vielleicht … also, dass es möglich wäre, dass sie an gebrochenem Herzen gestorben ist?«
Abrupt blieb ihre Tante stehen.
»Komische Idee. Man stirbt nicht an gebrochenem Herzen.«
»Ja, aber …«
»Ja, aber«, sagte Iris nun auch. »Ja, zumindest hat sie zutiefst um
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