Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin
angezogen flatterte ein blauer Schmetterling um ihren Kopf. Fasziniert schaute Felina zu. Che-Nupets Blick folgte dem Falter, und dann begann sie plötzlich zu schielen.
Der Schmetterling setzte sich auf ihre Nase, schlug noch zwei Mal mit den Flügeln und breitete sie dann aus.
Die große rotbraune Katze mit dem blauen Falter auf der Nase bot ein so irrwitziges Bild, dass Feli nur mit Mühe ihre Erheiterung unterdrücken konnte. Aber sie wollte selbstverständlich Che-Nupets Konzentration nicht stören.
»Ha … ha … HATSCHIE!«
Der Schmetterling schoss in die Höhe, taumelte, fing sich und flog davon.
»Der hat mir in der Nase gekrabbelt.«
»Es sah aber sehr hübsch aus.«
»Ach ja, Blau steht mir, ne?«
»Oh ja, seeehr gut. Und wie hast du den Schmetterling überredet, sich auf deine Nase zu setzen?«
»Ich hab ihn angeguckt, ja?«
»Ja, klar.« Wieder einmal staunte Feli über Che-Nupet. Immer weniger glaubte sie, dass sie wirklich so verspielt naiv war, wie sie tat. Aber warum sie das vorgab, mochte sie sie nicht fragen. Ihre Antwort würde wieder nur weitere Fragen aufwerfen. Daher wollte sie wissen: »Wo sind unsere Fährtenleser?«
»Jagen.«
»Haben sie schon was gefunden?«
»Weiß ich nicht.«
»Dann werden wir wohl auf sie warten.«
»Mhm.« Che-Nupet streckte sich behaglich aus. »Oder grübeln!« Sie schloss die Augen.
»Grübeln. Na gut.«
Aber um sich dem entspannten Grübeln der Katze anzuschließen, war Feli zu wach. Dafür dachte sie auf ihre Weise nach.
Menschel – für sie waren es menschliche Wesen; nachdem sie mit Mima gesprochen hatten, war sie sich dessen ganz gewiss – brauchten, wie sie selbst bei der Beratung mit dem Weisen gesagt hatte, Unterkunft und Verpflegung. Wenn Shepsi sie wirklich entführt hatte, dann musste er sie an einen Ort gebracht haben, an dem er ihnen beides zur Verfügung stellen konnte. Aber auch ein Ort, an dem die Katzen sie nicht vermuteten oder nicht nach ihnen suchen würden. Feli ging in die Laube zurück und fischte den Plan aus dem Rucksack, den sie mit Nefer angefertigt hatte. Sie hatte ihn in Folie eingeschweißt, damit er keinen Schaden nahm, und jetzt betrachtete sie ihn gründlich. Diese Menschel waren kleiner als sie selbst, also würden sie sicher auch nicht sonderlich schnell vorankommen. Selbst mit Gewaltmärschen kaum mehr als zehn, fünfzehn Kilometer am Tag. Und das auch nicht tagelang. Finn hatte einen von ihnen in der Nähe des Übergangsfelsens gefunden; das war einige Tage nachdem er in Trefélin angekommen war gewesen. Der Felsen lag zwei gute Tagesmärsche vom Lind Siron entfernt. Für einen Menschen wie sie. Für die Menschel wohl etwas länger. Aber ganz offensichtlich war es dort auch gefährlich, denn der arme Kerl war von einer Raubkatze aus dem Gebirge angefallen worden. Kein sicherer Ort für die Entführten. Würde Shepsi sie wirklich dorthin gebracht haben? Oder war dieser eine möglicherweise seiner Gefangenschaft entflohen und so zum Opfer geworden? Fliehen tat man immer in die entgegengesetzte Richtung, überlegte Feli und betrachtete die Karte. Genau entgegengesetzt lag das belebte Laubental mit seinen Weiden und Gehölzen, seinen Bächlein und Tümpeln. Das bot den Menscheln Wurzeln, Früchte, Fische. Aber wenig Verstecke. Es sei denn …
»Schnuppel?« Feli setzte sich neben die dösende Katze und kraulte sie am Kinn.
»Mhrrmmm!«
»Kannst du mir auf diesem Plan zeigen, wo sich Shepsis alte Laube befindet?«
Che-Nupet öffnete ein Auge und schloss es wieder. Dann gähnte sie, stand plötzlich auf den Pfoten und beäugte den Plan.
»Der ist gut. Hach, guck mal, Trefélin sieht aus wie eine Katze, ne?«
»Ja, so hat Nefer mir das Land geschildert.«
»Mhm. Da!«
Eine Kralle piekte ein winziges Löchlein in die Zeichnung. »Am Dour Bihan. War mal eine schöne Wohngegend, aber seit dem Brand sind viele da weggezogen. Roch nicht gut, verstehst du?«
»Verstehe. Ihr mögt Feuer nicht. Aber … Könnte doch sein, dass Shepsi die Menschel dorthin geführt hat. Oder ist das völlig verbrannte Erde da?«
»Ist zwei Jahre her oder so, die Laubenwinde wächst schnell. Gutes Versteck, ja, ja.«
»Dann sollten wir doch mal dahin wandern. Sieht aus, als wäre das nicht zu weit.«
»Halbe Strecke wie zum Roc’h Nadoz.«
»Ja, schätze ich auch. Sollte man an einem Tag schaffen.«
»Ich kann schneller.«
»Ich hab nur zwei Beine.«
»Ach so, ja, natürlich. Halbe Beine, halbe Geschwindigkeit.
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