Jägermond Bd. 2 - Im Auftrag der Katzenkönigin
hatte ihn mit Stolz betrachtet. Eingeschränkt hatten sie ihn nie, und wenn es Regeln gab, dann hatten sie ihm erklärt, warum sie aufgestellt wurden. Seine Kindheit und Jugend war glücklich gewesen. Es musste auch für sie ein Schock gewesen sein, dass er nur knapp dem Tod entronnen war.
Ja, mochte sein, dass ein Studium in Deutschland keine so schlechte Idee war. Auch wenn es bedeutete, dass er sich mit einer dritten Sprache abgeben musste. Zweisprachig war er ohnehin aufgewachsen, Englisch und Französisch beherrschte er fließend und auch einige Brocken der Stammessprache. Grundkenntnisse in Deutsch besaß er auch, aber richtig hatte er erst in der letzten Zeit angefangen zu lernen. Und dabei hatte er festgestellt, dass Nathan ein guter, aber unerbittlicher Lehrer war.
Das konnte er achten.
Was ihm gegen den Strich ging, waren dessen Versuche, ihn mit seiner Angst zu konfrontieren. Die konnte und wollte er nach außen hin nicht zugeben. Ein Mann lag nicht nachts zitternd und schwitzend im Bett und rang mit dem Gefühl, nicht Herr seines Körpers zu sein.
Gedankenverloren tastete Tanguy nach dem Anhänger, den er an einer Goldkette befestigt hatte. Eigentlich auch so ein Blödsinn, aber er konnte sich nicht entschließen, ihn abzulegen. Der gebogene, spitze Reißzahn des Berglöwen, der ihn angefallen hatte, begleitete ihn seit jenem Tag, da er ihm das Leben hatte nehmen müssen.
Die Sonne hinter ihm versank im Westen, der Osten lag bereits im Dunkeln. Müdigkeit überwältigte ihn, und erschöpft gab er seinem Körper nach und schloss die Augen, in der Hoffnung, so schnell wie möglich in einen traumlosen Schlaf zu sinken.
Es schien zu glücken, doch dann hörte er wieder die leise Stimme, die ihn rief.
»Cougar!«, summte sie. »Cougar!«
Und dann kamen die Bilder.
31. Che-Nupet denkt
Che-Nupet übte mit Pu-Shen Bauchlüften. Beide Katzen lagen mitten auf dem Rasen auf dem Rücken, die vier Pfoten ausgebreitet, kleinen Bettvorlegern gleich. Feli bewunderte sie mit stiller Heiterkeit. Es war eine große Leistung für den kleinen Kater, so vertrauensvoll seinen weißen Bauch nach oben zu drehen.
»Die beiden sind unglaublich«, sagte ihre Tante Iris leise zu ihr. »Ich hätte nie gedacht, dass sie sich so gut verstehen.«
»Che-Nupet ist eine freundliche Katze.«
»Zweifelsohne. Und sie ist tatsächlich nicht fortgelaufen. Wann gibst du sie wieder zurück?«
»Übermorgen.«
»Mhm. Sie wird mir fehlen. Komisch, dass man sich so an ein Tier gewöhnen kann. Aber sie hat so was … Irgendwie wirkt sie so verständnisvoll.«
»Ja, sie ist ein kluges Wesen. Ich werde sie auch vermissen. Und Pu-Shen vermutlich auch.« Feli lächelte. »Wahrscheinlich sogar Chip, mit der hat sie gerne gebalgt.«
»Du hast ein gutes Händchen für Tiere, Feli. Das scheinst du von meiner Mutter geerbt zu haben.«
»Ja, Großmutter!« Feli spielte mit dem Ring in ihrem Ohr. »Ich denke oft an sie.«
»Sie hätte deine Berufswahl ganz bestimmt gutgeheißen.« Iris legte ihr den Arm um die Schulter. »Du machst das gut, Feli. Du bist eine mutige junge Frau geworden. Mit deinem Herzen hast du keine Probleme mehr, nicht wahr?«
»Nein, Iris. Kein Herzrasen mehr, keine Atemnot – du hattest recht, es war wohl meine jämmerliche Kondition, die das verursacht hat. Und an der ist Mama schuld mit ihrer Tutteligkeit.«
»Sie hat sich Sorgen um dich gemacht, das darfst du ihr nicht übel nehmen. Inzwischen hat sie es wohl eingesehen, dass du genauso belastbar bist wie jeder andere Mensch. Und vermutlich kann ich dich jetzt auch mal für ein paar Tage alleine lassen.«
»Sicher, ich werde schon nicht verhungern, wenn du nicht für mich kochst. Was hast du vor?«
»Eine Wochentour durch die Vulkaneifel. Maureen hat sich den Fuß verstaucht und mich gefragt, ob ich morgen einspringen kann.«
»Ist in Ordnung. Ich geb dann mal eine Einladung in Facebook raus.« Feli zwinkerte ihrer Tante zu. »Lass mir genügend Geld für die Fete hier.«
Iris zupfte ihr am Ohr und beugte sich dann zu Pu-Shen hinunter, der das Bauchlüften beendet hatte und maunzend seinen Kopf an das Tantenbein drückte.
»Gibst du ihm heimlich Leckerchen, Iris?«
Die errötete.
»Na ja, er mag doch Fisch so gerne.«
»Dann gib ihm seinen Fisch. Ich muss noch mit Finn etwas bereden.«
»Meine Wandertante und ihre Stockenten gehen morgen auf Tour«, erklärte sie Finn kurz darauf. Er werkelte in der Garage an seinem Motorrad herum.
»Stockenten? Ach, die
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