Jägermond Bd. 2 - Im Auftrag der Katzenkönigin
mit Tija und Sem zurückgegangen. Ihr habt euch um einen Tag verfehlt.«
Finn bemerkte, wie Nathans Miene von Trauer überzogen wurde. Dass Che-Nupet dem Förster auf irgendeine Weise bekannt war, wusste er; warum er sie seine Führerin nannte, war ihm jedoch nicht klar. Aber das spielte im Augenblick auch keine Rolle, wichtiger war es, ihm die Sache mit Shepsi zu erklären und für Feli ein Alibi zu erfinden.
»Nathan, Feli ist einen Monat lang nicht erreichbar. Sie hat die Tierärztin, bei der sie ihr Praktikum macht, um Urlaub gebeten und ihrer Tante nur die Botschaft hinterlassen, dass sie sich um Tija in der Reha kümmert. Aber irgendwie müssen wir Iris davon abhalten, sie als vermisst zu melden, weil sie mal wieder ihr Handy vergessen hat.«
»Und dazu soll mir etwas einfallen?«
»Sie bat darum. Und faselte etwas von Visionssuche.«
»Oh. Na, das ist natürlich eine Idee. Wo ist sie denn offiziell?«
»Im Thüringer Wald.«
»Schöne Gegend.« Nathan überlegte eine Weile, und Finn betrachtete das Eichelhäher-Pärchen, das zwischen den hohen Buchen neckische Spiele betrieb.
»Waldkatzengebiet. Sie wird dort an einem Projekt teilnehmen, bei dem sie in der Wildnis leben muss. Das entspricht ja schon fast der Wahrheit.«
Finn erwiderte das schiefe Lächeln des Försters.
»Zumindest braucht sie dann nicht zu viel zu flunkern. Gut, das nächste Problem ist kniffeliger.«
Er berichtete von seinem Verdacht und seinen Erkundigungen über Shepsi. Wieder hörte Nathan konzentriert und schweigend zu und meinte schließlich: »Eine interessante These, die du da aufstellst.«
»Mehr als eine These, Nathan.«
»Wie weit sind denn die polizeilichen Ermittlungen vorangekommen?«
»Man weiß inzwischen, dass der Sprengstoff aus einem Abbruchhaus gestohlen worden ist, das vergangene Woche gesprengt werden sollte.« Finn zuckte mit den Schultern. »Viel weiter scheint man damit aber nicht zu gelangen. Und wenn es Shepsi war, dann werden sie ihm nie auf die Spur kommen.«
»Gestaltwandler haben gewisse Vorteile, da hast du recht. Was erwartest du eigentlich von mir, das ich tun kann, Finn? Ich bin in der Sache genauso unglaubwürdig wie du.«
»Erst einmal musste ich mit jemandem darüber reden. Und vielleicht können wir zusammen herausfinden, was Sepp Sebusch alias Shepsi vorhat.«
Finn merkte, dass Nathans Blick über den Zaun hinweg schweifte.
»Vorher wirst du eine neue Bekanntschaft machen.«
»Oh.« Finn wandte sich um und sah einen jungen Mann auf sie zukommen. Im ersten Augenblick glaubte er, Sem vor sich zu haben, doch dann erkannte er seinen Irrtum. Hochgewachsen war er, bewegte sich geschmeidig wie eine Raubkatze, hatte schwarze, bis über den Rücken fallende Haare, doch seine Schultern waren breiter, seine Haut dunkler, sein Gesicht wie gemeißelt. Er trug ein verwaschenes Flanellhemd, enge Jeans und Wildlederstiefel. In der Hand hatte er eine große, erdverschmierte Tüte. Die warf er auf die Bank, als er sie erreicht hatte.
»Tan, hier mein Freund Finn. Finn, mein Neffe Tanguy.«
Schwarze Augen musterten ihn kühl und abschätzend. Finn erhob sich und begutachtete den Ankömmling ebenso kühl. Dann streckte er die Hand aus, und gleichzeitig sagte Tanguy: »So ein Freund wie Rudi?«
Diesen Vergleich fand Finn nicht eben schmeichelhaft, er zog die Hand zurück.
»Vorurteile gegen Weiße, Rothaut?«
Funken stiebten aus Tanguys Augen. Ein tiefes Grollen drang aus seiner Kehle.
Finn spürte, wie die Erinnerungen an seine kätzische Gestalt die Macht über ihn gewannen, und er knurrte auf ähnliche Weise.
Tan starrte ihn an.
Finn starrte zurück. Vor seinen Augen verzerrte sich das Bild des Mannes. Nicht ganz, aber ein wenig.
Da stimmte etwas nicht.
Wieder dieses Grollen, das mit einem Fauchen endete.
»Hey, ihr zwei seht aus wie zwei Kater, die sich gleich an die Gurgel gehen wollen«, klang Rudis Stimme an Finns Ohr.
In diesem Augenblick sackte Tanguy zusammen, kreidebleich, und große Schweißtropfen bildeten sich auf seiner Stirn. Er umfasste seinen Kopf mit den Händen, als wolle der gleich abfallen.
Finn entspannte sich, Nathan war aufgesprungen und hatte sich hinter seinen Neffen gestellt, um ihm den Nacken zu massieren.
»Flashback«, murmelte der heiser.
Nathan erklärte: »Tanguy ist von einem Berglöwen angefallen worden, Finn.«
Finn setzte sich auch wieder und beobachtete Tanguy. Etwas regte sich in ihm, Mitgefühl vielleicht.
»Ich bin auch mal von zwei Panthern
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