Jägermond Bd. 2 - Im Auftrag der Katzenkönigin
Begriffe sprechen. Mochte Rudi auch kein begnadeter Jagdanwärter sein, die Physik studierte er mit Leidenschaft und Hingabe. Nach zwei großen Gläsern Saftschorle holte er schließlich so lange Luft, dass Finn seine Frage stellen konnte.
»Hältst du es nun für möglich, dass Menschen die Welten wechseln können?«
»Klar, warum nicht?«
»Prima, dann gehen wir jetzt davon aus, dass Sepp Sebusch durch den Dolmen gekrochen ist und sich dort in einen Kater verwandelt hat, um auf der anderen Seite ins Land der Katzen zu gelangen.«
»Ihr nehmt mich nicht ernst!«
»Doch, Rudi«, sagte Nathan ruhig. »Mir ist die Idee von Parallelwelten auch nicht fremd. Nur sehe ich sie weniger physisch als psychisch. Wir kennen nämlich auch unser Gehirn nicht so gut, wie wir meinen, und die Wirklichkeit ist für jeden Menschen subjektiv.«
»Nate glaubt tatsächlich diesen Shaman-Kram«, grummelte Tanguy.
»Das stört dich?«, fragte Finn zurück. Nach dem, was er zuvor gespürt hatte, hatte er angenommen, dass Nathans Neffe sehr genau wusste, um was es bei Tiergeistern und Totems ging. Seltsam.
»Alles Aberglaube.«
»Jedem seine Wirklichkeit«, meinte Finn und begutachtete den Fund aus der Tüte wieder. Shepsi hatte also vorsorglich seine Sachen am Dolmen vergraben – er würde zurückkommen. Na, zumindest er würde erst einmal vor Schwierigkeiten stehen. Keine Klamotten, keine Papiere – blieb ihm nur der Weg, als Katze aufzutreten, bis er sich eine neue Existenz geschaffen hatte. Er war bei Vollmond abgetaucht. Stellte sich die Frage, ob er einen ganzen Monat würde verstreichen lassen, bis er zurückkam. Oder ob er den Ring nur weitergab und zurückkehrte, um weitere Untaten zu planen. Es hieß, dass es nur zu Vollmondzeiten gelang, die Grauen Wälder zu durchqueren, doch das mochte nicht ganz stimmen. Es war gefährlich, es zu anderen Zeiten zu tun, aber nicht unmöglich.
Wenn er hier wieder erschien, dann sollte er zumindest für den Anschlag auf den Bus verantwortlich gemacht werden. Finn griff nach dem Schlüssel.
»Den könnte ich gebrauchen, Nathan.«
»Du willst einen Einbruch begehen?«
»Ich will mich nur umsehen. Und dann den Ermittlern einen Tipp geben, wenn ich gefunden habe, was ich suche.«
»Okay, ich decke deine Geschichte.«
»Was für ein Verbrechen plant ihr?«, wollte Tanguy wissen.
»Sepp Sebusch hat vermutlich einiges mit dem Anschlag auf den Bus zu tun, bei dem meine Freundin starb.«
Der Blick aus den dunklen Augen wurde weich.
»Kann ich dir helfen?«
»Wär nicht verkehrt.«
»Ich kann auch etwas tun«, bot Rudi sich an. Die Vorstellung allerdings löste bei Finn blankes Entsetzen aus.
»Lern erst mal richtig Fährten lesen, Rudi«, mischte sich Nathan ein. »Komm mal mit, ich gebe dir ein paar Unterlagen.«
Finn war mit Tanguy alleine auf der Terrasse.
»Fährten kannst du lesen, nehme ich an.«
Tanguy zeigte ein kleines Lächeln.
»Ja, einigermaßen. Und du?«
»Ich habe eine gute Nase dafür.«
»Was hast du vor?«
Finn erklärte, dass er das Zimmer von Sepp im Heim durchsuchen wollte.
»Ich komme mit«, meinte Tanguy. »Vier Augen sehen mehr als zwei.«
»Es muss aber jemand den Dolmen im Auge behalten.«
»Du glaubst den Scheiß mit der Dimensionslücke?«
»Er ist ein Durchgang zu irgendwas, Tan. Das glaube ich.«
Tanguy rieb sich wieder die Schläfen.
»Du hast Kopfschmerzen.«
»Immer nach einem Flashback.«
»Was siehst du in dem Flashback, Tan?«
Seine Hände zitterten, bemerkte Finn.
»Tan, was siehst du?«
»Nichts. Ich höre …«
»Was?«
»Sie ruft mich. Cougar«, antwortete er ganz leise.
»Sprich mit Nathan darüber, Tanguy. Er kann es dir besser erklären als ich.«
»Du auch? Du glaubst auch daran?«
»Ich weiß sogar einiges darüber, Tan. Sonst hätte ich den Cougar in dir nicht erkannt, nicht wahr?«
Tanguy stand auf.
»Ruf mich an, wenn du das Heim aufsuchst. Aber jetzt lass mich alleine.«
»Ist gut.«
Finn blieb auf der Terrasse sitzen und starrte in die Baumwipfel. Seine Gedanken aber wanderten nach Trefélin. Er hoffte, dass Feli, Sem, Tija und Che-Nupet ohne Probleme eingetroffen waren. Schließlich war Shepsi am selben Tag aufgebrochen wie sie. Aber immerhin war Sem ein Kämpfer, und Che-Nupet kannte die geheimen Wege. Wichtig war es auf dieser Seite, darauf zu achten, was aus dem Dolmen gekrochen kam. Er selbst musste zur Uni zurück. Nathan und Tanguy konnten zwar täglich vorbeigehen, aber … Eine Katze, die sich dort
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